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Gleiches Recht für alle Familien selbst sind mit einem Dickicht von Familienleistungen mit unterschiedlichen Voraussetzungen, Anträgen usw. konfrontiert. Und das für zahlreiche Eltern größte Problem, nämlich eine gute und leistbare Kinderbetreuung, ist für viele ungelöst.
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Gleiches Recht für alle?

Schwerpunkt

In Österreich werden hohe Summen für Familienförderung ausgegeben, aber viele Probleme sind noch ungelöst. AK und IV zeigen, wie es anders gehen würde.

Österreich gibt im internationalen Vergleich sehr viel Geld für Familien aus. Ein Blick auf andere Staaten zeigt jedoch: Wir tun das mit relativ geringem Erfolg. So sind Vereinbarkeit von Familie und Beruf hierzulande nach wie vor eine große Herausforderung. Kein Wunder also, dass junge Frauen und Männer zwar oft den Wunsch nach Kindern verspüren, aber diesen dann nicht verwirklichen. Mit einer Geburtenrate von 1,4 Kindern pro Frau liegt Österreich weit abgeschlagen hinter Ländern wie Frankreich, Schweden oder Dänemark, wo zwei Kinder die Regel und nicht die Ausnahme sind.

Dickicht von Familienleistungen

Gerade für Frauen sind in Österreich die nachteiligen beruflichen Auswirkungen der Kinderbetreuung deutlich spürbar. Die mangelnde Vereinbarkeit ist mit ein Grund, warum dieses Land unrühmlicherweise die zweitgrößte Einkommensschere zwischen Frauen und Männern innerhalb der EU aufweist. Gleichzeitig sind Familien selbst mit einem Dickicht von Familienleistungen mit unterschiedlichen Voraussetzungen, Anträgen usw. konfrontiert. Und das für zahlreiche Eltern größte Problem, nämlich eine gute und leistbare Kinderbetreuung, ist für viele ungelöst. Noch immer fehlen allein in der Kleinkindbetreuung 35.000 Plätze und Kindergärten, die zu früh sperren oder in den Ferien geschlossen haben, machen es schwer, mit Kindern einem Beruf nachzugehen. Von Flexibilität bei der Arbeitszeit, die seitens der Betriebe im stärker gefordert wird, ganz zu schweigen. Das alles bestätigt, was auch Rechnungshof und Wirtschaftsforschungsinstitut sagen: Das viele Geld für die Familienförderung wird falsch eingesetzt.

Deswegen haben sich Arbeiterkammer (AK) und Industriellenvereinigung (IV) in einer ungewöhnlichen Allianz zusammengetan und ein Paket zur Reform ausgearbeitet, das die gesamte Familienförderung auf neue Beine stellt. Ziel war ein einfaches, transparentes und gerechtes System zu schaffen, das den Bedürfnissen der Familien entspricht. Zukünftig soll es drei Säulen geben:

  • eine einheitliche neue Familienbeihilfe für alle Kinder in der Höhe von 210 Euro monatlich,
  • zusätzlich Bildungs- und Kinderbetreuungsgutscheine von 35 Euro monatlich ab dem Ende des Kinderbetreuungsgeldes bis zum 15. Geburtstag des Kindes,
  • mehr und bessere Kinderbetreuungsplätze, besonders für unter Dreijährige.

Aus fünf mach eins

Derzeit müssen Eltern sich durch einen ganzen Dschungel von Leistungen und Anträgen wühlen, wollen sie nicht versehentlich auf Geld verzichten. Wer sich nicht den Luxus eines Steuerberaters oder einer -beraterin leisten kann, für den ist die Situation extrem unübersichtlich. Kaum jemand überblickt noch alles. Oder wer kennt schon den Unterschied zwischen Kinderfreibetrag, Kinderabsetzbetrag und Freibetrag zu den Kinderbetreuungskosten? Daher schlagen AK und IV eine radikale Vereinfachung vor: Eltern sollen einen Antrag stellen und dafür eine fixe Geldleistung bekommen. Das würde auch die Verwaltung viel einfacher machen - wodurch dort gespart werden könnte, anstatt bei den Familien. Die Vereinfachung sieht so aus: Aus bisher fünf Familienleistungen (Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag, Schulstartgeld, Mehrkindzuschlag und Alleinerzieherabsetzbetrag) würde die "Familienbeihilfe neu". Mit 210 Euro pro Kind und Monat bekämen vor allem junge Familien, die es mit der Erwerbstätigkeit am schwersten haben, einen deutlich höheren Betrag als bisher. Das brächte auch für Mehrkindfamilien mit jungen Kindern eine erhebliche Verbesserung. Für die Eltern von älteren Kindern ist es viel leichter, wieder voll erwerbstätig zu sein, hier kann die Förderung also etwas niedriger ausfallen.

Gleiche Förderbedingungen für alle

Schwierige Lebensumstände müssen natürlich weiterhin Berücksichtigung finden. Deswegen sollen Alleinerziehende und Kinder mit Behinderung wie bisher eine höhere Förderung erhalten. Für Alleinerziehende ist ein Aufschlag von 50 Euro im Monat, für Kinder mit Behinderung einer von 140 Euro vorgesehen.
Umgekehrt sollen nach dem AK-IV-Modell alle Familien die gleichen Förderbedingungen vorfinden - unabhängig davon, wie sich die Eltern die Erwerbs- und Betreuungsarbeit teilen. Die Bevorzugung von Familien mit der "klassischen" Arbeitsteilung - die Frau macht Familienarbeit, der Mann geht für Geld arbeiten - soll es nicht mehr geben. Völlig anders genutzt werden sollen auch jene Mittel, die bislang in die steuerliche Förderung in Form von Freibeträgen geflossen sind. Der Grund dafür ist, dass Kinder von Eltern mit hohem Einkommen bei solchen Förderungen mehr wert sind, weil diese die steuerlichen Vorteile voll nutzen können, während Eltern mit geringem Einkommen dabei leer ausgehen. Das AK-IV-Modell sieht dagegen vor, alle Kinder in gleichem Ausmaß finanziell zu fördern, unabhängig vom Einkommen der Eltern.

Geld für Eltern, Förderung für Kinder

Zusätzlich zu der neuen Familienbeihilfe sollen Eltern künftig einen Betreuungs- und Bildungsgutschein bekommen, der vielfältig einsetzbar ist. Etwa zur Deckung von Kosten für Kinderbetreuung, schulische Nachmittagsbetreuung, den Essens- oder Bastelbeitrag, Schulveranstaltungen und -projekte, aber auch von Transportkosten zur Kinderbetreuung oder Schule. Weiters sollen alle anderen Maßnahmen zur Förderung des Kindes wie Nachhilfe, Musikunterricht, Sport, Outdoorpädagogik, … damit bezahlt werden können. Auf diese Weise würde sichergestellt, dass ein Teil der Familienförderung unmittelbar zur Förderung der Kinder eingesetzt wird. Die Abwicklung könnte über Firmen erfolgen, die bereits jetzt umfangreiche Gutscheinsysteme anbieten und daher über das entsprechende Know-how verfügen. So müsste keine neue Verwaltung dafür aufgebaut werden. Die Gutscheine soll es ab dem Ende des Kinderbetreuungsgeldes bis zum 15. Geburtstag des Kindes geben. Das wäre fünf Jahre länger als die derzeitige steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten, die viele Familien ohnehin nicht nutzen können. Die Gutscheine würden am Jahresanfang gebündelt ausgegeben, die Eltern könnten dann entscheiden, ob sie zum Beispiel monatlich den Essensbeitrag im Kindergarten damit bezahlen oder die Kosten für den Schulskikurs damit auf einmal begleichen.
Nur mit gut ausgebauten Kinderbetreuungseinrichtungen besteht wirkliche Wahlfreiheit, ob und in welchem Ausmaß Eltern einer Berufstätigkeit nachgehen. So würden 155.000 Mütter gerne mehr arbeiten, wenn es das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen zuließe. Deswegen sollen 100 Mio. jährlich für mehr und bessere Betreuungsplätze investiert werden. Damit könnten in nur vier Jahren 35.000 Plätze für unter Dreijährige geschaffen und bei 70.000 Plätzen die Öffnungszeiten deutlich verbessert werden. Darüber hinaus wären Mittel für eine spürbare Anhebung der Qualität durch mehr pädagogische Fachkräfte und kleinere Gruppen möglich.
Auch auf gesamtwirtschaftlicher Ebene würde sich der Ausbau der Kinderbetreuung positiv auswirken. Die Investitionen hätten nämlich beträchtliche Beschäftigungseffekte: Unmittelbar würden damit mehr als 10.000 Arbeitsplätze in der Kinderbetreuung selbst geschaffen, darüber hinaus könnten mehr als 27.000 Eltern - vor allem Mütter - erwerbstätig sein, die zuvor durch Betreuungspflichten daran gehindert waren. Dadurch würden mehr Steuern und Abgaben bezahlt. Schon nach vier Jahren ergäbe sich so ein jährliches Plus gegenüber den Kosten fürs Budget von 78 Mio. Euro und mehr.

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