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Transparenz in den Medien So sollen künftig auch Konstruktionen aus Stiftungen und Treuhandschaften, wie sie beispielsweise bei der Gratiszeitung "Heute" vorherrschen, offengelegt werden - eine Verschleierung, wer hinter welchem Medium steht, soll damit verhindert werden.

Transparenz in den Medien

Schwerpunkt

Im Fokus: Das neue Medientransparenzgesetz anlässlich der Aufregung rund um Regierungsinserate

Am Nachmittag des 1. Dezember 2011 hat der parlamentarische Verfassungsausschuss das vielfach diskutierte "Medientransparenzgesetz" beschlossen. Das Gesetz, das von SPÖ und ÖVP initiiert wurde, konnte dank Zustimmung der Grünen und des BZÖ nun beschlossen werden. Dieses Einverständnis der Opposition war für das Zustandekommen des Gesetzes erforderlich, da die Regierungsvorlage Bestimmungen im Verfassungsrang enthielt und daher nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden konnte.

Werbeaufträge und Förderungen

Doch was wurde hier eigentlich seit dem Frühsommer diskutiert? Das Bundesverfassungsgesetz über die "Transparenz von Medienkooperationen sowie von Werbeaufträgen und Förderungen an Medieninhaber eines periodischen Mediums" verpflichtet die im Gesetz genannten Rechtsträger dazu, quartalsmäßig sämtliche Werbeaufträge und die entsprechenden Entgelte, die dafür an MedieninhaberInnen geflossen sind, öffentlich bekannt zu machen. Kurzum: Der wesentliche Bestandteil des Gesetzes betrifft die umstrittenen Regierungsinserate und Inseratschaltungen von öffentlichen Stellen. Genau jene sollen mit Hilfe des Medientransparenzgesetzes nun vierteljährlich veröffentlicht werden.
Ausschlaggebend für die Diskussion war die Vermutung, dass die Regierung durch die Vergabe kostspieliger Inserate bestimmte Medien gezielt subventioniert habe, um sich dadurch im Gegenzug eine geneigte Berichterstattung zu sichern. Eine Hand wäscht die andere. Solch ein Vorgehen ist insofern von öffentlichem Interesse, da es sich letztlich um steuerfinanzierte Werbeaufträge handelt.
Ein weiterer Kernpunkt betrifft die Offenlegung der wirtschaftlichen Eigentümerverhältnisse von Medienunternehmen: So sollen künftig auch Konstruktionen aus Stiftungen und Treuhandschaften, wie sie beispielsweise bei der Gratiszeitung "Heute" vorherrschen, offengelegt werden - eine Verschleierung, wer hinter welchem Medium steht, soll damit verhindert werden. Auch sieht das Medientransparenzgesetz Sanktionen vor: Wer seiner Bekanntgabepflicht nicht fristgerecht nachkommt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall mit bis zu 60.000 Euro zu bestrafen. Soweit die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Doch kann das neue Gesetz das Vertrauen der BürgerInnen in die Medien überhaupt stärken?

Kann Transparenz Vertrauen stärken?

Anlässlich der Debatte rund um das Medientransparenzgesetz fand am 1. Dezember 2011 im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Österreichischen Presserat und dem Kuratorium für Journalistenausbildung eine hochkarätig besetzte Diskussion über Transparenz statt. Im ersten Panel stand die Transparenz in Medienunternehmen im Mittelpunkt. Es wurde darüber debattiert, inwieweit durch zielgerichtete Inseratschaltung die öffentliche Meinung beeinflusst werden kann und inwiefern ein Medientransparenzgesetz das Vertrauen der BürgerInnen in die Medien stärken kann.

Verantwortung des Staates

Es diskutierten Harald Fidler (Der Standard), Oliver Voigt (Mediengruppe "Österreich"), Florian Philapitsch (Komm-Austria) und Wolfgang R. Langebucher (Universität Wien). Der emeritierte Professor des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien hielt dabei zu Beginn fest, dass Transparenz ein unabdingbares Grundprinzip in einer demokratischen Gesellschaft sei, obgleich Österreich prinzipiell einem Strukturmangel des Verlagswesens unterliege. So habe vor 25 Jahren in Österreich noch die Tradition des Familienbetriebes vorgeherrscht - die heutige Entwicklung sei geradezu diametral. Es sei die ureigenste Aufgabe des Staates, Verantwortung dafür zu tragen, dass seine StaatsbürgerInnen qualitative Informationen erhielten.
Dass überhaupt eine Diskussion über mediale Transparenz entbrannt sei (Stichwort: Inserate) ließe darauf schließen, dass grundsätzlich ein Prinzip der "systematischen Täuschung" im System zu vermuten sei, anders könne er sich das "Versteckspielen" nicht erklären. Angesprochen wurden auch Begriffe wie "politische Günstlingswirtschaft" und die potenzielle Möglichkeit, sich politische Positionen zu "erkaufen". Oliver Voigt von der Mediengruppe "Österreich" brachte hier auch schlicht das "Prinzip der Steueroptimierung" ein, was durchwegs legitim sei. Er sei jedenfalls nicht der Meinung, dass man in der Republik Österreich Positionen durch Inseratplatzierung und wohlwollende Berichterstattung indirekt erkaufen könne.

Risko Unübersichtlichkeit

Harald Fidler (vom "Standard") begrüßte jede Form der Transparenz und betonte, Transparenz per se könne immer nur positiv sein. Fraglich sei aber das konkrete Handling der neuen Regelung. Florian Philapitsch, Vorsitzender-Stellvertreter der Kommunikationsbehörde Austria, die nunmehr als unabhängige österreichische Medienbehörde fungiert, merkte in Bezug auf das Medientransparenzgesetz vor allem die durch die Offenlegungspflicht erzeugte Datenmenge kritisch an, die einer Transparenz wiederum durch Unübersichtlichkeit im Wege stehen könne.  Damit greift Philapitsch ebenso den Kernpunkt der verlautbarten Kritik des Rechnungshofes auf, der durch das Medientransparenzgesetz einen Belastungsanstieg fürchtet. Die Kontrollinstitution hätte nämlich zur Aufgabe, jene Auflistung künftig zu veröffentlichen, was jedoch eine Sonderaufgabe mit enormem Mehraufwand für die Institution darstellen würde. Zudem wäre auch der Verfassungsgerichtshof betroffen, der für Beschwerden im Zusammenhang mit diesen Offenlegungspflichten künftig zuständig ist.

Wie transparent ist Journalismus?

MedienrechtsexpertInnen befürchten einen Ansturm von Beschwerden beim Höchstgericht. Auch wurden im Hinblick darauf bereits erste Stimmen laut, dass dies im krassen Widerspruch zu der schon lange geforderten Verwaltungsreform stehe. Das Medientransparenzgesetz würde damit einen weiteren bürokratischen Wildwuchs schaffen.
Das zweite Panel der Veranstaltung - bestehend aus Christian Rainer (profil), Claus Reitan (Die Furche), Helge Fahrnberger (kobuk) und Anette Novak (Norran) - befasste sich mit der Thematik rund um "echten" Journalismus. Christian Rainer betonte, für ihn bedeute professioneller Journalismus entsprechende Ausbildung sowie einen ethischen Standard: Journalismus sei kein Beruf, sondern vielmehr eine Berufung. Nachgegangen wurde in der Debatte vor allem der Frage, ob Transparenz in der journalistischen Arbeit (Stichwort: gläserne Redaktion) die "neue Objektivität" ist. Anette Novak, die Chefredakteurin der schwedischen Tageszeitung "Norran", verfolgt seit dem Jahre 2009 ein neuartiges Konzept, die LeserInnen partizipieren bei einem Experiment des offenen Blattmachens.
Die Möglichkeit, aktiv am Prozess teilzunehmen, sichere ihres Erachtens die Existenz von Printmedien in einer Zeit der digitalen Realität. Doch auch Partizipation in einem anderen Sinne kann der medialen Transparenz zuträglich sein: Der Blogger Helge Fahrberger hat den Medien-Watchblog "kobuk.at" geschaffen und es sich zum Ziel gesetzt, journalistische Fehler aufzuzeigen. Partizipation und professioneller Journalismus sollten sich im Idealfall also sinnvoll ergänzen. Claus Reitan von der "Furche" bekräftigte, dass man gelebte Demokratie, Transparenz und Medien ohnehin niemals trennen könne, allerdings sei in Österreich die Tradition der gebündelten Information an der Spitze der Hierarchie stark verfestigt. Transparenz ist also gerade hier kein selbstverständliches Gut, doch in jedem Fall absolut begrüßenswert.

Internet:
Mehr Infos unter:
www.presserat.at 
norran.se
Schreiben Sie Ihre Meinung
an die Autorin
nina.ehrensberger@chello.at 
oder die Redaktion
aw@oegb.at 
 

Info&News
Unter anderem soll künftig auch verboten sein, Konterfeis von Regierungsmitgliedern abzudrucken. Damit dürfen weder MinisterInnen, Staatssekretäre/-sekretärinnen noch LandespolitikerInnen auf Inseraten zu sehen sein. Inhaltlich müssen diese Werbeeinschaltungen ausschließlich der Information der BürgerInnen dienen und über einen konkreten Sachverhalt informieren. Eine reine Eigenwerbung, aus Steuergeldern finanziert, soll damit gesetzlich ausgeschlossen werden. Die Schwelle für die Offenlegung von Inseraten wurde im Gesetz mit 5000 Euro pro Quartal fixiert.

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