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Katharina Klee Katharina Klee, Chefredakteurin

Standpunkt | Beruf und Berufung

Meinung

Das Interview mit Jean Ziegler war für mich einer der Höhepunkte dieses Jahres. Ich empfinde es als Privileg mit engagierten, interessanten und intelligenten Menschen wie ihm sprechen zu dürfen, sie befragen zu können.

Seit mehr als 20 Jahren bin ich Journalistin und stolz darauf. Auch wenn dieser Beruf nicht unbedingt das beste Image hat. Wir Medienmenschen rangieren bei entsprechenden Untersuchungen auf den letzten Rängen irgendwo zwischen PolitikerInnen, VersicherungsmaklerInnen und AutoverkäuferInnen.

Spät aufstehen, gratis essen

Sensationsgeil seien JournalistInnen, meinen viele, ständig auf der Jagd nach neuen Geschichten ohne Rücksicht auf die Menschen, und Deutsch könnten sie auch nicht. Sie stünden spät auf und schlügen sich den Bauch bei Pressekonferenzen voll. Ein Blick in die Medien scheint diese Vorurteile zu bestätigen.
Dabei galten die Medien neben Legislative, Exekutive und Judikative als vierte Gewalt im Staat, die die öffentliche Meinung prägt und als eine Art Kontrolle wirkt. Doch die Einflussnahme mächtiger Akteure - wie Politik und Großunternehmen - auf die Berichterstattung ließ und lässt das Vertrauen in diese demokratische Kontrollfunktion mehr und mehr schwinden.
Längst füllen PR-Agenturen und ÖffentlichkeitsarbeiterInnen mit ihren Botschaften kaum widersprochen oder hinterfragt Zeitungsseiten und Sendezeit. Aus der öffentlichen Meinung wurde zu oft die veröffentlichte Meinung. Doch die BürgerInnen schauen im Internet den Medien und den Mächtigen auf die Finger. Wie viele andere in meinem Beruf, bin ich nicht wegen der Brötchen oder wegen des Ausschlafens Journalistin geworden, sondern auch, weil ich etwas bewegen wollte, Fenster in anderer Leute Leben öffnen, Geschichten erzählen, Verständnis erzeugen.
Angefangen habe ich vor mehr als 20 Jahren beim Privatradiosender Radio CD, der damals aufgrund des ORF-Monopols aus Bratislava senden musste. Ich moderierte, machte Nachrichten, führte Interviews. Später war ich Talk-Show-Redakteurin bei "Schiejok täglich", gestaltete Beiträge für "Report" und "Treffpunkt Kultur", schrieb für diverse Zeitungen und landete wieder als Nachrichtenredakteurin bei der frisch gegründeten "Antenne Wien".
Ich habe die ganze Bandbreite dieses Berufs kennengelernt: das Bangen ums Auskommen mit dem geringen Einkommen als Freie, cholerische Chefs, nächtliche Einsätze, das lange Warten auf die Bezahlung von Honorarnoten und die abartige Freude an kleinen und größeren Katastrophen, die den Dienst in der Nachrichtenredaktion erst würzen, an denen man sein Können beweisen kann.

Aufdecken, erklären, berühren

Der Beruf ist in den letzten 20 Jahren nicht gerade einfacher geworden und noch schwerer ist es, dabei anständig zu bleiben. Und doch gibt es sie noch: die JournalistInnen, die Unrecht aufdecken, die richtigen Fragen stellen, die die Welt erklären, neue Perspektiven ermöglichen oder mit ihren Geschichten einfach nur berühren. Und das trotz immer schwierigerer Arbeitsbedingungen. Damit sie das weiter tun können, braucht es eine arbeitsrechtliche Absicherung, eine faire Entlohnung und MedienkonsumentInnen, die bereit sind für Qualitätsmedien auch zu bezahlen.
Als Chefredakteurin der "Arbeit&Wirtschaft" bin ich privilegiert, ich muss nicht nach Werbekundschaft und Verkaufszahlen schielen, sondern kann die Berufung hinter meinem Beruf leben. Und ich habe LeserInnen, die mitdenken. Das haben Sie uns auch in diesem Jahr bewiesen. Danke!

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