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Mut und Courage "Doch zu 98 Prozent sind es Zeilen in einem großflächigen Graffiti, das ansonsten keine politische Aussage hat. Diese kleinen Schmierereien werden nicht gemeldet, die werden schnell hingeschrieben, wenn jemandem an der Bushaltestelle fad ist."
Buchtipp

Mut und Courage

Schwerpunkt

Drei positive Beispiele von Menschen, die mit viel privatem Engagement und Zivilcourage gegen Rechts auftreten.

Der Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Preis 2011 hat die Situation entscheidend verändert. Bis zum Erscheinen des Romans "Der Engel des Vergessens" von Maja Haderlap wussten nur wenige KärntnerInnen, dass es den Peršmanhof überhaupt gibt. Dieses Museum, in der Nähe des Südkärntner Ortes Eisenkappel/Železna Kapla gelegen, ist den Kärntner Slowenen gewidmet. Als PartisanInnen leisteten viele während des Zweiten Weltkrieges Widerstand, aus reiner Willkür wurden slowenische Familien enteignet und ausgesiedelt, mussten als Knechte im deutschen Reich arbeiten.

Gedenken am Peršmanhof

Am Peršmanhof, einem Ort, der als Partisanenstützpunkt galt, fand noch am 25. April 1945 ein Massaker statt. Die Bauernfamilie, die den Hof betrieb, wurde von NS-Einheiten erschossen, elf Tote waren zu beklagen. Das Peršmanhof-Museum passt so gar nicht in das Bild des offiziellen Kärntens: Es gibt keine Werbung und erst seit kurzer Zeit zeugt auch ein kleiner Wegweiser in Bad Eisenkappel von der Existenz der Gedenkstätte. Adresse und Öffnungszeiten: Koprein-Petzen/Podpeca 3, 9135 Bad Eisenkappel/Železna Kapla; Anfang Mai bis Ende Oktober, Freitag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr.
www.persman.at oder www.erinnern.at
Die Oberösterreicherin Gudrun Blohberger zog aus Liebe nach Kärnten und lebte dort acht Jahre lang, bevor sie vom Peršmanhof erfuhr. Heute betreut die 40-jährige Pädagogin und Wissenschafterin das Museum. Die Ausstellung dokumentiert u. a. den Anschluss Österreichs, den Widerstand der Kärntner PartisanInnen und das Massaker am Peršmanhof. Daneben werden Veranstaltungen organisiert und die Vernetzung mit anderen Gedenkinitiativen betrieben. "Immer mehr Schulen und Gruppen kommen zum Peršmanhof", erzählt Blohberger. Allerdings stammen diese BesucherInnen etwa aus Wien, der Steiermark oder Oberösterreich - aus Bad Eisenkappel hat noch niemand vorbeigeschaut.
Die Arbeit am Peršmanhof ist großteils ehrenamtlich. Gudrun Blohberger engagiert sich auch für weitere Projekte, etwa für einen Jugendaustausch zwischen SchülerInnen aus Moringen in Deutschland und der zweisprachigen Handelsakademie Klagenfurt. In Moringen, einer Kleinstadt in Niedersachsen, wurden drei Konzentrationslager betrieben; ab 1941 selbst ein Jugendkonzentrationslager, in das auch Jugendliche aus Südkärnten deportiert und zur Zwangsarbeit verpflichtet wurden. In diesem - von der EU geförderten - Projekt konnten Jugendliche ein Jahr lang über dieses Themengebiet forschen.
Dementsprechend positioniert, sind auch die Rechten auf Gudrun Blohberger aufmerksam geworden. "Ich bekomme regelmäßig Briefe von einem alten Herren, der mir mitteilt, dass ich unbelehrbar sei und mich für die falsche Seite einsetzen würde." Auf der inzwischen verbotenen Neonazi-Homepage "Alpen-Donau.info" wurde Blohberger als "Partisanenliebchen" und "Partisanennostalgikerin" mit Foto vorgestellt. "Es hat lange gedauert, bis von der Justiz dagegen etwas unternommen wurde", ärgert sich die Pädagogin und Wissenschafterin. Auch die zweisprachigen Ortstafeln haben das Leben in Kärnten nicht erleichtert. "Ich fand die Diskussionen über die zwei Sprachen immer sehr irritierend. Es war nichts davon zu bemerken, dass es selbstverständlich und bereichernd ist, zwei Sprachen und Kulturen in einem Land zu haben", sagt die "Zug’raste".
Nur 56 Kilometer weiter liegt Karnburg am Fuße des Ulrichsbergs. "Als wir das erste Jahr am Ulrichsberg waren, haben wir vor allem recherchiert", erzählt Josefine Broz, Pressesprecherin des Arbeitskreises gegen den Kärntner Konsens (www.u-berg.at und www.u-berg.at/texte/tafeln.htm). Am Ulrichsberg, einem Hügel zwischen Klagenfurt und St. Veit, wird seit 1958 das Ulrichsbergtreffen veranstaltet. Eine einschlägig bekannte Zusammenkunft von jungen und alten Rechten, Burschenschaftern, noch lebenden Wehrmachtssoldaten und SSlern. Das Treffen findet meist im Oktober statt, der Höhepunkt ist die Feier auf dem Ulrichsberg. Dort befindet sich in einer verfallenen Kirche der "Ehrenhain": Neben mehreren Gedenktafeln finden sich dort auch Erinnerungen an die Waffen-SS-Kameradschaft IV oder andere "internationale" SS-(Kollaborations-)Verbände. "Wir haben nur einmal diese Tafeln fotografiert und recherchiert, welche Verbände das überhaupt sind", berichtet Broz. Auffallend: Auch drei Tafeln des österreichischen Bundesheeres sind darunter.
Broz: "Das Besondere an diesem Treffen ist ja auch, dass es so wohlwollend in der Bevölkerung eingebunden ist." Bei der Organisation helfen Feuerwehr und Rettung, vom Klagenfurter Hauptbahnhof fahren Shuttle-Busse direkt zum Ulrichsberg. Alte Veteranen und Recken, die nicht mehr gehen konnten, wurden vom Bundesheer auf den Berg geführt. Prominente Redner stellten die ehemaligen Soldaten als Vorbild dar, nicht nur Jörg Haider war einer von ihnen. Sogar Josef Klaus hielt 1967 als aktiver Bundeskanzler die Festrede!
Seit 2005 finden als Gegenveranstaltung Demonstrationen in Klagenfurt oder Krumpendorf statt, wo es meistens im Rahmen des Ulrichsbergtreffens geschlossene Veranstaltungen gibt, "wo es richtig zur Sache geht" - Haiders Rede, in der er die Karmeradschaft IV als Vorbild bezeichnete, wurde in einem solchen Rahmen gehalten. Eine Störaktion: Der traditionelle Marsch auf den Ulrichsberg begann 2007 erstmals mit erheblicher Verspätung, weil der Weg blockiert war. Deshalb wurde 2008 entsprechend reagiert: Die Polizei bildete einen Kessel um die DemonstrantInnen, damit sie nicht stören konnten. "Wir konnten trotzdem etwas erreichen. Als wir aufdeckten, dass der Veranstalter mit Nazidevotionalien handelte, zog das Bundesheer seine Unterstützung zurück." Im Jahr 2009 wurde die Feier offiziell abgesagt, in kleinerem Rahmen geht sie aber unvermindert weiter. Die Neonazis Gottfried Küssel (in U-Haft) und Hans Jörg Schimanek junior waren 2010 vor Ort. "Inzwischen ist es Militärangehörigen verboten, mit Uniform bei dieser Veranstaltung aufzutreten, doch der Verstoß wird nicht gerade hart bestraft." Ein Miltärangehöriger musste eine Verwaltungsstrafe von 250 Euro bezahlen - kaum eine Summe, die vor Wiederholung scheuen lässt.

Gegen rechte Schmierereien

Alexander Baumann ist Wiener Baumeister mit Courage. Neben traditioneller Bau- und Reparaturarbeit bietet Baumann ein ganz besonderes Service: 2007 gründete er die Beschmierungsambulanz. "Die Idee enstand bei einer Fahrt zu meinen Eltern nach Niederösterreich. Auf einem Stromverteilerkasten waren rassistische Schmierereien." Einen Monat später waren sie immer noch da. Baumann, eingetragener Mediator, überlegte eine Kooperation. "Ich kannte ZARA aus den Medien und habe ein Mail an den Verein geschrieben." (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit, www.zara.or.at). Auf seiner Homepage www.der-bau-mann.com wirbt der Baumeister: "Ihre Hauswand ist durch eine rassistische Beschmierung beschädigt und Sie wollen ein klares Zeichen gegen Rassismus setzen? Nehmen Sie doch die 'Beschmierungsambulanz‘ in Anspruch." Baumanns Service ist kostenlos, es genügt, das Antragsformular auszufüllen. Nachdem Printmedien und TV im März 2007 über die Beschmierungsambulanz berichtet hatten, wurden bis 2008 rassistische Schmierereien gemeldet, und Alexander Baumann und Helfer konnten zur Tat schreiten. "Mittlerweile ist das Ganze eingeschlafen. Gott sei Dank gibt es offenbar keinen Markt dafür." Was nicht bedeutet, dass Baumann keine rassistischen Bosheiten an Wänden mehr ausmacht: "Doch zu 98 Prozent sind es Zeilen in einem großflächigen Graffiti, das ansonsten keine politische Aussage hat. Diese kleinen Schmierereien werden nicht gemeldet, die werden schnell hingeschrieben, wenn jemandem an der Bushaltestelle fad ist." Freilich kann Baumann auch nicht einfach zu einer Hausfassade gehen, sie übermalen oder mit Lösungsmitteln säubern - das bedarf der Zustimmung der HausbesitzerInnen, die es erst ausfindig zu machen gilt. Den Rechercheaufwand nimmt er gerne auf sich, wenn sich die Leute nur melden. Bei Gebäuden der Stadt wird die Gemeinde selbst aktiv, ebenso wie die Wiener Linien in ihrem Bereich.

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