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Die digitale Kluft Gut ein Drittel der ÖsterreicherInnen über 60 Jahren verfügt über einen Internetanschluss. Bei den unter 30-Jährigen liegt dieser Anteil freilich bei 90 Prozent. Diese "Digital Natives" sind mit Informationstechnologien schon aufgewachsen.

Die digitale Kluft

Schwerpunkt

Für den überwiegenden Teil der unter 30-Jährigen gehört das Internet zum Alltag. Daher vergessen sie manchmal, das längst nicht jeder Netzzugang hat.

Das muss ich schnell mal googeln" ist in unseren Kreisen ein weit verbreiteter Ausspruch, sobald eine Frage nach einer konkreten Information auftaucht. Das Internet als schier unerschöpfliche Quelle von Information und Wissen ist als Nährboden der Wissensgesellschaft nicht mehr wegzudenken. Mussten früher unhandliche und vor allem sehr teure Enzyklopädien und Atlanten konsultiert werden, bieten Wikipedia und Google Maps heute Wissen auf Mausklick.
Willkommen in der Wissensgesellschaft - Information, der Zugang zu ihr und die Kompetenz, sie zu verstehen, zu verarbeiten und auch kritisch zu hinterfragen sind die wichtigsten Grundlagen, um in ihr zu bestehen. Der Umkehrschluss liegt nahe: Wer über Zugang zu und Kompetenz zum Umgang mit Information nicht verfügt, bleibt außen vor.

Digitale Klassengesellschaft

Der Zugang zu Information kann im digitalen Zeitalter mit dem Zugang zum Internet gleichgesetzt werden - umso mehr, als auch immer weitere Bereiche des Alltags in die virtuelle Welt verlagert werden: Wer nicht in der Lage ist e-banking zu nutzen, bezahlt teure Gebühren; ein Studium ohne e-learning zu absolvieren ist nicht mehr vorstellbar, und auch Amtswege werden über e-government zunehmend online erledigt. Die Schere zwischen den Bevölkerungsgruppen, die über Internetzugang verfügen und jenen, die davon ausgeschlossen sind, wird als "digitale Kluft" oder englisch "digital divide" bezeichnet. Diese Spaltung kann sowohl innerhalb einer Gesellschaft als auch auf globaler Ebene zwischen entwickelten und sogenannten Entwicklungsländern beobachtet werden. Verallgemeinernd kann aber festgestellt werden: Junge, Reiche und Gebildete nutzen Informationstechnologien im Allgemeinen sehr intensiv, Arme, Alte und Ungebildete hingegen tendenziell weniger.

"Onliner" und "Offliner"

Die Grundvoraussetzung dafür, das Internet nutzen zu können, ist natürlich eine entsprechende Infrastruktur. Eine kürzlich vom österreichischen Meinungsforschungsinstitut IFES durchgeführte Studie bringt innerhalb Österreichs ein deutliches Stadt-Land-Gefälle zutage: Demnach verfügen 78 Prozent der städtischen, aber nur 69 Prozent der ländlichen Befragten über Zugang zum Internet. Die niedrigste Durchdringung mit Internetanschlüssen weist das großflächige Niederösterreich auf, das wesentlich schwieriger zu erschließen ist als dicht besiedelte Städte.
Sofern ein Internetanschluss prinzipiell technisch möglich wäre, muss man sich einen Internetanschluss auch noch leisten können. Beinahe alle Haushalte, die mehr als 3.500 Euro monatlich zur Verfügung haben, besitzen einen Internetanschluss, allerdings nur 62 Prozent derer, die ein Haushaltseinkommen unter 1.500 Euro aufweisen. Breitbandanschlüsse sind in der gut verdienenden Gruppe mehr als doppelt so häufig vorhanden als in der mit geringem Einkommen.
Auch das Bildungsniveau und die damit einhergehende "IT literacy", also das Wissen darüber, welche Möglichkeiten das Internet bietet, wie es sinnvoll eingesetzt werden kann, und welche Aufgaben man damit bewältigen kann,  sind wesentliche Faktoren für oder gegen den Zugang. 92 Prozent der österreichischen Akademikerinnen und Akademiker sind online, allerdings nicht einmal 42 Prozent der Menschen mit Pflichtschulabschluss.
Gut ein Drittel der Österreicherinnen und Österreicher über 60 Jahren verfügt über einen Internetanschluss. Bei den unter 30-Jährigen liegt dieser Anteil freilich bei 90 Prozent. Diese "Digital Natives" sind mit Informationstechnologien schon aufgewachsen oder zumindest früh in Berührung gekommen, sodass der Umgang mit Computer und Internet für sie völlig alltäglich ist. Die älteren "Digital Immigrants" hingegen haben hier häufig Berührungsängste. Dass aber auch bei der älteren Generation durchaus Interesse am neuen Medium Internet vorhanden ist, beweisen die zahlreichen Kursangebote, die sich direkt an diese Zielgruppe richten und an deren Bedürfnissen und Interessen orientieren. Ein Kurs mit dem Titel "Social Internet (50plus)" verspricht neben der Einführung in spezielle Webportale für Menschen dieser Altersgruppe auch eine Einführung in elektronische Behördengänge und Gesundheitsangebote. Georg Serentschy, Chef der Regulierungsbehörde RTR, zieht aus der Studie die Schlussfolgerung, dass politisches Handeln nötig ist, um allen einen Zugang zum Internet zu ermöglichen. Neben Infrastrukturpolitik sei es notwendig, die Vorteile des Internets bekannt zu machen - rund die Hälfte der Personen ohne Internetanschluss geben mangelndes Grundwissen über Computer und Internet als Begründung ihrer Internetabstinenz an. Serentschy weiter: "Es geht hier um Themen wie Meinungsfreiheit und den Zugang zu Informationen. Die Fähigkeit, das Internet zu nutzen, ist demokratiepolitisch enorm wichtig."

Die ganze Welt im WorldWideWeb?

Die demokratiepolitische Bedeutung des Internet lässt sich anhand des "Arabischen Frühlings", bei denen Twitter, Facebook und Co. wichtige Instrumente zur Organisierung der Aufstände waren, verfolgen. In Tunesien und Ägypten, den beiden Ländern die in diesem Zusammenhang am häufigsten genannt werden, ist die Verbreitung von Internet und Social Media aber auch entsprechend hoch - knapp ein Viertel der Ägypterinnen und Ägypter ist online, ein Drittel der Userinnen und User sind auch auf Facebook vertreten. In Tunesien, wo die Internet-Affinität sogar noch höher ist, verfügt mehr als ein Drittel der Bevölkerung über einen Internetzugang und ganze 72 Prozent davon über ein Facebook-Profil. Zum Vergleich: Drei Viertel der österreichischen Bevölkerung ist online, fast 42 Prozent davon auf Facebook. Weder Ägypten noch Tunesien sind aber repräsentativ für Afrika: Nur etwas mehr als elf Prozent der Menschen haben im Durchschnitt Zugang zum Internet. In einer Welt, deren Wirtschaft immer stärker auf virtueller Vernetzung beruht, ist es gerade für Entwicklungsländer unerlässlich, in die globale Kommunikation via Internet eingebunden zu sein. Um die digitale Kluft zwischen entwickelten und sogenannten Entwicklungsländern zu schließen, beriefen die Vereinten Nationen 2003 den ersten Weltgipfel über die Informationsgesellschaft ein. Das Ziel des Gipfels war es, eine "Vision einer allumfassenden, globalen Informationsgesellschaft zu entwickeln, in der alle Menschen gleichermaßen ermächtigt werden, die Information und das Wissen für ihre wirtschaftliche, soziale, kulturelle und politische Entwicklung zu gestalten, frei zu teilen und zu benutzen". Auf den beiden bisher abgehaltenen Gipfeln wurden zehn Ziele formuliert, die bis spätestens 2015 erreicht werden sollen. Unter anderem soll bis dahin mindestens die Hälfte der Weltbevölkerung Zugang zum Internet haben.

Infrastruktur fehlt

Ob die ehrgeizigen Zielsetzungen des Weltgipfels tatsächlich erreicht werden ist fraglich. Nach Schätzungen der International Telecommunication Union war Ende 2009 lediglich rund ein Viertel der gesamten Weltbevölkerung online, in den Entwicklungsländern sogar nur knapp 18 Prozent. In weiten Teilen der Welt ist die für eine flächendeckende Verbreitung des Internet notwendige Infrastruktur kaum vorhanden, teilweise mangelt es sogar an der Versorgung mit elektrischem Strom. Die Anschaffung eines Computers ist für den Großteil der Bevölkerung unerschwinglich, sodass öffentliche Internet-Zugänge, beispielsweise in Bibliotheken oder Schulen, die einzige Möglichkeit sind. Mangelnde Sprachkenntnisse oder Analphabetismus sind weitere Hindernisse, das Internet nutzen zu können.

One Laptop per Child

Eine der bekanntesten Initiativen, die zur Erreichung dieses Zieles beitragen sollen, ist "One Laptop per Child". Ziel des Projekts ist es, Kindern in Entwicklungsländern einen günstigen, robusten und energiesparsamen Laptop zur Verfügung zu stellen.
Den Kindern wird der Zugang zum Internet ermöglicht und gleichzeitig die Kompetenz, es sinnvoll zu nutzen, vermittelt. Mittlerweile lernen über zwei Millionen Kinder in mehr als 42 Ländern mit dem quietschgrünen 100-Dollar-Laptop. Ein Schritt, um die digitale Kluft zumindest für die nächste Generation ein Stück weit zu schließen, der allerdings in umfassende nationale und internationale Strategien eingebettet sein muss.

Internet:
Initiative One Laptop per Child:
www.laptop.org 

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