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Korrekter Auftritt im Karriere-Netz Ist man unsozial, wenn man sich im Web 2.0 nicht über den Gartenzaun blicken lässt? In einer Welt, in der eine Nachricht via Facebook zum Alltag gehört, wirkt eine virtuelle Abwesenheit schnell verdächtig - oder?
Buchtipp

Korrekter Auftritt im Karriere-Netz

Schwerpunkt

Wie weit ist es notwendig, auch im Internet vertreten zu sein, um in unserer Gesellschaft und Arbeitswelt zu bestehen?

Stellen Sie sich vor, Sie googlen den Namen eines früheren Schulfreundes - und finden: Nichts. Facebook? Fehlanzeige. Xing? Twitter? Keine Person dieses Namens. Lebt der Gesuchte überhaupt noch? Ist er ein Phantom? Dasselbe passiert Personalverantwortlichen bisweilen, wenn sie den Namen von BewerberInnen im Internet aufzuspüren versuchen.
Social Media hat sich in der letzten Zeit massiv verbreitet - zumindest hat es für die, die sie nutzen, den Anschein. Trotzdem gibt es Menschen, die in sozialen Netzwerken nicht anzutreffen sind. Haben sie am Ende was zu verbergen? Ist man unsozial, wenn man sich im Web 2.0 nicht über den Gartenzaun blicken lässt? In einer Welt, in der eine Nachricht via Facebook zum Alltag gehört, wirkt eine virtuelle Abwesenheit schnell verdächtig - oder?

Unsozial ohne Social Media?

Nein, sagt die Lehrlingsexpertin Petra Pinker: "Unsozial wäre eher einzustufen, wenn man Menschen verurteilt, weil sie nicht auf Facebook etc. zu finden sind. Das muss jeder für sich entscheiden, ob und wie viel Internet man verträgt." Jein, sagt Headhunter Paul Binder von Binder & Partners Executive Search, der die Niederlassung Budapest des WU-Alumni-Clubs leitet: "Nicht auf einem sozialen Netzwerk vertreten zu sein, ist grundsätzlich kein Entscheidungskriterium für eine Anstellung. Das ist wesentlich besser, als ein unprofessionelles Profil oder negative Fußabdrücke im www zu hinterlassen."
Allerdings kann jemand, der sich nicht im Web 2.0 präsentiert, von Personalberatungsunternehmen schwerer gefunden werden. Laut Binders Erfahrung kommen soziale Netzwerke durchaus zum Einsatz, um KandidatInnen zu finden - allerdings seien sie ein Tool von vielen und könnten nicht die Direktsuche ersetzen. Für gehobene Managementpositionen bedeute die Präsenz kein Kriterium, eher im Gegenteil - einem Bewerber als Generaldirektor könnte eine solche Aktivität negativ ausgelegt werden, im Sinne einer übertriebenen Selbstdarstellung, oder es stellt sich die böse Frage, "ob er nichts Wichtigeres zu tun hat". Für solche Positionen eigne sich eine Selbstdarstellung in Form von Vorträgen oder Fachartikeln besser - eine Möglichkeit, die auch für das mittlere Management nicht zu verachten sei.

Zurückhaltung empfohlen

Paul Binder: "Im mittleren Management kann man sich mit einem ausführlichen Profil auf einem sozialen Netzwerk positiv gegen eine größere Zahl von MitbewerberInnen abheben." Ein professionelles Profil auf einem seriösen Netzwerk wie Xing erhöht die Chancen, von den richtigen Leuten gesehen zu werden. Das gilt nicht allein für die Jobsuche, sondern auch im Bezug auf sonstige berufliche Kontakte. Entscheidend bei der Nutzung von Social Media: Man sollte sich eine Strategie überlegen, wie man sich darstellen möchte. Binder geht davon aus, dass etwa 80 Prozent der Recruitment-Verantwortlichen in größeren Unternehmen die Social Networks nach Informationen über KandidatInnen prüfen, bevor sie ihnen ein Angebot machen. Deswegen empfiehlt Binder "Zurückhaltung im www. Wie heißt es analog so schön bei Verhaftungen in amerikanischen Kriminalfilmen: Alles, was Sie sagen, kann später für oder gegen Sie verwendet werden." So lehnen Firmen durchaus KandidatInnen ab, die sie bereits einstellen wollten, wenn ihre Profile im Social Web unprofessionell wirken.

Richtig bewerben im Social Web

AMS-MitarbeiterInnen empfehlen durchaus, Xing, Facebook & Co. für die Bewerbung zu nützen, ebenso wie klassische Stellenbörsen oder Unternehmenswebseiten, die offene Jobs bekanntgeben. Eigene Kurse für das Bewerben im Social Web gibt es nicht. Fündig wird man jedoch im Internet: Gibt man "Facebook" und "Jobsuche" ein, finden sich jede Menge hilfreicher Artikel. Das Paradoxe: Im Vorstellungsgespräch sind private Fragen an die KandidatInnen verboten - doch im Internet sind genau solche Informationen oft uneingeschränkt sichtbar. Auch das Lästern über ChefIn oder ArbeitgeberIn zieht im World Wide Web schnell weite Kreise. Waren in den "guten alten Offline-Zeiten" die größten Gefahren die, dass ein paar KollegInnen die bösen Schmähungen mitbekamen und weiter erzählten, so schießt man sich mit ähnlichen Worten via Facebook & Co. einen viel größeren "Nagel ins Knie".

Coole Lehrlinge finden via Facebook?

Für Lehrlinge, die mit den Möglichkeiten des Internets aufgewachsen sind, kann Social Media als Türöffner dienen, etwa wenn sie bereits auf der Fan-Page eines Unternehmens ein Like gedrückt haben, schildert Lehrlingsexpertin Petra Pinker. Auch Aktivitäten des Unternehmens kann man so erfahren und im Bewerbungsgespräch erwähnen. Aber da ist Vorsicht geboten: "Man sollte nicht den Eindruck erwecken, man wäre ein Facebook-Junkie!"
Petra Pinker hat zum Beispiel für Baumeister Dinhobl aus Wiener Neustadt im Zuge eines Lehrlingscastings eine eigene Fan-Seite freigeschalten. Nach der heißen Bewerbungsphase wurde die Siegerin, Superlehrling Marion Kogelbauer, weiter präsentiert - so konnten auch andere Lehrlinge oder InteressentInnen an einer Lehrstelle das Lehrlingsleben verfolgen. Bei Auswahlverfahren checkt Pinker gerne mal die Facebook-Profile der BewerberInnen, um zu sehen, wie sie sich dort präsentieren. Viele junge Leute hätten dort allerdings Pseudonyme - auch ein Weg, um Nachforschungen zu entgehen.
Tolle Lehrlinge finden mit Social Media? Prinzipiell ja, denn die Zielgruppe steht diesen Netzwerken aufgeschlossen gegenüber. Dabei gilt für Unternehmen: Kaum etwas sieht so alt aus wie ein Facebook-Beitrag von voriger Woche. Eine Fan-Seite muss aktuell gehalten werden, und das bedeutet Zeitaufwand für das Unternehmen. Anna Schütz, Bauunternehmerin aus Weißenkirchen in der Wachau, erzählt dazu: "Obwohl viele unserer Lehrlinge für eine eigene Fan-Seite waren, haben wir in der Unternehmensleitung beschlossen, wieder aus dem Netz zu gehen. Die Fan-Seite muss immer auf dem letzten Stand sein, und das können wir neben den täglichen Aufgaben im Moment nicht gewährleisten."

Branchenunterschiede 

Social Media ist also in internet-affinen Branchen wie der Werbung stärker vertreten als in eher traditionellen Unternehmen. In gewissen Positionen kann es Sinn machen, sich beziehungsweise die eigenen Aktivitäten über Social Media zu präsentieren. Möglicher Nebeneffekt: Ergibt sich später der Wunsch nach einem neuen Job, hat man bereits Kontakte.
Einer der sich lange gegen einen Beitritt zu Facebook wehrte, ist ÖGB-Kampagnenspezialist Willi Mernyi. Skeptisch war er vor allem in Bezug auf die Datensicherheit. Doch: "Schließlich wurde ich durch sanften Druck meiner Umgebung überredet. Es ist schwer, wenn du für Kampagnenarbeit zuständig bist und Menschen zu Aktionen begeistern willst, von Netzwerken zu sprechen, und dann selbst nicht in Facebook präsent zu sein. Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Wahrscheinlich gilt man wirklich als unsozial oder uninteressiert an Kommunikation, wenn man nicht in Social Media gefunden wird."
Nach einem halben Jahr Facebook fällt Mernyis Resümee positiv aus. Er nützt das Medium vor allem, um auf diesem Weg Aktivitäten und Veranstaltungen bekannt zu machen: "Am meisten begeistert mich, wie spontan Facebookfreunde auf politische Ereignisse reagieren, und wie schnell sich eine gute Idee oder ein witziger Slogan verbreiten. Schon wenige Stunden nach der erstinstanzlichen Verurteilung des FPÖ-Politikers Scheuch kursierten die ersten Vorschläge für einen neuen FPÖ-Slogan: Aus "Unser Geld für unsre Leut" wurde "Unser Häfen für unser Leut". So macht Facebook Spaß!"

Internet:
Slavoj Žižek - Aussagen gezeichnet (Englisch):
tinyurl.com/3pt8et7
Jobsuche bei Facebook - Wie finde ich den Job, der zu mir passt?
tinyurl.com/3dfkh87
Tipps zur Bewerbung via Social Networks
tinyurl.com/3u5bsv7

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