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Fürchtet euch nicht … Es kam auch deutlich heraus, wo man noch nachbessern muss, damit Lohn- und Sozialdumping wirklich effektiv bekämpft und verhindert werden kann, damit Kontrollen funktionieren und damit auch diejenigen bestraft werden, die sich nicht an das Gesetz halten.

Fürchtet euch nicht …

Gesellschaftspolitik

Eine Konferenzreihe zur Arbeitsmarktöffnung machte deutlich: Nicht Angst bestimmt die BetriebsrätInnen, sondern Interesse und Informationsbedarf.

Das Geschrei der Rechten, mit der Arbeitsmarktöffnung werde der heimische Arbeitsmarkt überschwemmt, ist bei BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen nicht auf fruchtbaren Boden gefallen. Eine vierteilige Konferenzreihe, veranstaltet von der Europapartnerschaft in Kooperation mit ÖGB und Arbeiterkammer,  an der insgesamt knapp unter 1.000 BelegschaftsvertreterInnen aus ganz Österreich teilgenommen haben, zeigte im Gegenteil, dass sie sich äußerst seriös mit dem 1. Mai 2011 befasst haben und weiterhin befassen werden. Die BelegschaftsvertreterInnen selbst haben das Programm dieser Konferenzen bestimmt. Im Vorfeld konnten sie online Fragen stellen - über 100 kamen zusammen. Aus diesen Fragen ergaben sich die ExpertInnen-Vorträge der Konferenzen und die Themen der jeweils drei Workshops: die Anerkennung von Ausbildungen, Arbeitskräfteüberlassung und Kontrolle und Anlaufstellen.

Information und Kommunikation

Eine wesentliche Erkenntnis aus der Konferenzreihe ist: Mehr Information und Kommunikation, und zwar in mehrere Richtungen. BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen wollen einerseits informiert sein und mit den für das Lohn- und Sozialdumping-Gesetz zuständigen Stellen kommunizieren. Andererseits haben sie auch hohes Interesse daran, dass ArbeitnehmerInnen aus Nachbarstaaten möglichst umfassend über ihre Rechte in Österreich informiert sind. Damit nämlich eines nicht aufgeht: die Taktik der Unternehmen, die ArbeitnehmerInnen zu spalten. "Viele wissen gar nicht, dass sie zum Beispiel einen Anspruch auf 14 Monatsgehälter haben", sagte Ines Obex-Mischitz von der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK).
Die BetriebsrätInnen orteten besonderen Kontrollbedarf in Unternehmen mit großem Anteil an Leiharbeitskräften. Die Belegschaftsvertreter aus der Bauwirtschaft fordern einen Ausbau der Generalunternehmer- bzw. Auftraggeberhaftung.

Vernetzung gelungen

Die Konferenzreihe erfüllte ihren Zweck in mehrerer Hinsicht: Der Informations- und Diskussionsbedarf der BelegschaftsvertreterInnen konnte befriedigt werden; die involvierten Player konnten sich untereinander vernetzen.  "Es ist uns mit diesen Konferenzen gelungen, die Expertinnen und Experten von Arbeitsmarktservice, Sozialministerium, BUAK, von Finanzpolizei, Krankenkassen, von Arbeiterkammern und Gewerkschaften zu vernetzen", betonte ÖGB-Präsident Erich Foglar bei der Abschlussveranstaltung der Konferenzreihe am 20. Juni 2011 in Wien. Und: Es kam auch sehr deutlich heraus, wo man noch nachbessern muss, damit Lohn- und Sozialdumping wirklich effektiv bekämpft und verhindert werden kann, damit die Kontrollen funktionieren und damit auch diejenigen bestraft werden, die sich nicht an das Gesetz halten.
Dass die ArbeitnehmerInnen sich nicht auseinanderdividieren lassen dürfen, weder in einem Betrieb, noch über die Grenzen, war ein Faden, der sich durch die Konferenzen durchzog. Bela Balogh von der ungarischen Gewerkschaft VASAS appellierte bei der Abschlusskonferenz in Wien, keine Angst vor den ungarischen Arbeitskräften zu haben, "denn ungarische Arbeitnehmer sind bei weitem nicht so mobil wie andere EU-Bürger." Langfristig sollten die ArbeitnehmerInnen in Ungarn besser bezahlt werden: "Es ist vielleicht demagogisch, das zu sagen: Wenn jeder in Ungarn angemessene Löhne erhält, wird niemand mehr im Ausland arbeiten wollen."
ÖGB-Präsident Foglar sieht in der Leiharbeit ein großes Betätigungsfeld, gerade im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktöffnung: "Es gibt einen tollen Kollektivvertrag für Arbeitskräfteüberlassung, aber mit der Arbeitsmarktöffnung gibt es auch neue Risiken." Es braucht daher auch zusätzliche Maßnahmen und Reformen bei der Entsenderichtlinie. "Es darf nicht so weit kommen, dass Menschen nur mehr in Österreich beschäftigt werden, wenn sie bereit sind, sich bei Firmen im Ausland anstellen zu lassen, um dann nach Österreich entsendet zu werden." Die BetriebsrätInnen hatten auch bei diesem Thema sehr konkrete Vorstellungen, allen voran, Betriebsvereinbarungen abzuschließen. Die Vereinbarung soll Mitwirkungs- und Kontrollrechte beinhalten, weiters einen Zeitraum, nach dem die ZeitarbeiterInnen übernommen werden, und einen Höchstanteil von zehn Prozent ZeitarbeiterInnen im Verhältnis zur Stammbelegschaft.

Ausbildung ist Leistung

Europaweit einheitliche Anerkennungskriterien für Bildungsabschlüsse sind ein weiterer wichtiger Punkt, den die BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen eingemahnt haben. Die Verfahren zur Anerkennung von Bildungsabschlüssen aus anderen Ländern müssen einheitlich gestaltet werden und viel rascher abgewickelt werden. Auch die Anerkennung beruflicher Qualifikationen muss vereinfacht werden, damit kann Lohndumping unterbunden werden. Eine Qualifikation, die jemand erworben hat, ist harte Arbeit, diese Leistung muss auch anerkannt werden. Das wäre außerdem eine wichtige Voraussetzung, um Integration zu fördern.
Viele Unternehmen sind sehr kreativ wenn es darum geht, die Anerkennung von Ausbildungen und Qualifikationen zu umgehen. Die Antwort der BetriebsrätInnen darauf ist klar: Mit den neuen KollegInnen rasch das Gespräch suchen und sie über ihre Rechte aufklären; genaue Kontrollen bei der Einstufung in Lohngruppen; und auch verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Gewerkschaften.

Kontrolle und Strafen

Ein viel diskutiertes Thema war die Kontrolle der Einhaltung des Gesetzes  gegen Lohn- und Sozialdumping und die zu verhängenden Strafen. Wer kann Verdacht auf Unterentlohnung wem melden, wer muss dann tätig werden, werden die kontrollierenden Behörden von selbst tätig? Das waren die Hauptfragen der BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen. ArbeitnehmerInnen informieren, sie darin bestärken ihre Rechte einzufordern, Unterentlohnung nicht tolerieren - und konkrete, belegbare Informationen den Behörden zukommen lassen, das sind hier die Rezepte der BelegschaftsvertreterInnen.
Vor der Beschlussfassung des Gesetzes im Nationalrat war die Frage, was genau kontrolliert wird und welche Entgeltsbestandteile sich auf die Unterentlohnung beziehen, viel diskutiert - so auch bei den Konferenzen. Laut Gesetz wird derzeit der Grundlohn kontrolliert, Zulagen und Zuschläge sind darin nicht enthalten. Die Wirtschaftskammer hat das strikt abgelehnt. Die BelegschaftsvertreterInnen sehen hier Reformbedarf - und es wäre ja nicht das erste Gesetz, das novelliert würde.

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Info&News
Die Veranstaltungen der Konferenzreihe "Arbeitsmarktöffnung 2011 - Chancen und Risiken" waren Informations- und Diskussionsveranstaltungen der Europapartnerschaft in Zusammenarbeit mit ÖGB, Gewerkschaften und Arbeiterkammern. BetriebsrätInnenkonferenzen fanden in Wien, Linz, Graz und Salzburg statt. Insgesamt kamen mehr als 900 TeilnehmerInnen zu den Konferenzen. Im Zentrum des Interesses stand die Einhaltung des Gesetzes gegen Lohn- und Sozialdumping und die Tätigkeit der kontrollierenden Organe.
Nachschau der Konferenzreihe:
www.arbeitsmarktoeffnung.at 
 

Info&News
Seit 1. Mai arbeiten übrigens laut Sozialministerium zusätzlich rund 8.700 ArbeitnehmerInnen aus den 2004 beigetretenen EU-Staaten in Österreich, davon 3.000 aus Ungarn, 2.500 aus Polen, 1.500 aus der Slowakei, 650 aus Slowenien und 800 aus Tschechien.

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