topimage
Arbeit&Wirtschaft
Arbeit & Wirtschaft
Arbeit&Wirtschaft - das magazin!
Blog
Facebook
Twitter
Suche
Abonnement
http://www.arbeiterkammer.at/
http://www.oegb.at/
Katharina Klee Katharina Klee, Chefredakteurin

Standpunkt | Meine kleine Welt

Meinung

Sommerzeit - Urlaubszeit und allerorten werden Reisepläne geschmiedet.

Ob man nach Griechenland wieder fahren könne, fragen sich jene, die letztes Jahr die Benzinknappheit miterlebt haben und werfen schnell alle Bedenken über Bord: Schließlich könnten die im Krisenland das Geld gut brauchen und da oder dort wurden sogar die Preise gesenkt.

Reisen für Mutige

Auch Ägypten und Tunesien sind vielen eine postrevolutionäre Reise wert und abseits der Hauptstädte weitgehend ungefährlich, versichern die Reiseveranstalter. Da versprechen Jemen und Syrien schon mehr Abenteuer für Mutige und wem das nicht reicht, der kann es ja mit Libyen probieren. Nur Japan wird so gar nicht nachgefragt, aber das war auch vor der Katastrophe von Fukushima kein Reiseziel für die breite Masse - dafür werden die Malediven wieder gerne gebucht, die Spuren des Tsunami heilen aus.
Doch man muss nicht hinaus in die Welt, um zu spüren, wie klein sie geworden ist; es reicht, wie schon Martin Luther King 1967 erkannte, ein Blick in den Alltag: "Noch bevor du am Morgen dein Frühstück aufgegessen hast, warst du schon auf die Hälfte der Welt angewiesen." Wie recht er hat, denn das Baumwoll-T-Shirt, das ich als Nachthemd benutze, hat einen weiten Weg genommen bis zu mir nach Wien. Es kommt aus der Türkei, mein Kaffee wurde in Äthiopien gepflückt, die Orangen für den Orangensaft in Brasilien, meine Zahnpasta wurde in Deutschland zusammengerührt. Brot und Eier sind aus heimischer Produktion. Und das Kleid, das ich heute anziehe, kommt aus - zumindest fairer Produktion - in Mauritius. 
Anders sieht es wohl mit den fast schon unentbehrlichen Morgenbegleitern aus, die mich mit der Welt verbinden. Mein Netbook ist "Made in China" - Einzelteile könnten von den Philippinen, aus Taiwan oder Mexiko kommen. Die für einen Computer verwendeten Rohstoffe werden oft im globalen Süden abgebaut. Unter welchen Bedingungen all das passiert, will ich gar nicht wissen, doch die Internetrecherche verrät die erschreckenden Fakten. Um meinen ständigen Begleiter - das Handy, das mir Welt und Weltall ins Google-Format umwandelt, ist es nicht viel besser sondern eher schlechter bestellt. Nicht nur auf meinem Frühstückstisch finde ich jede Menge Plastik, das aus wertvollen Erdölressourcen gewonnen wird und langsam aber sicher den Planeten vermüllt. Dazu die Energiereserven, die für den Transport und die Produktion von all dem verwendet werden und als Rechtfertigung für so manches AKW dienen.

Wert, dafür zu kämpfen

Wie recht er behalten würde, hat Martin Luther King vor 44 Jahren wohl nicht geahnt, auch nicht wie klein unsere Welt im Vergleich zu damals werden würde. Das Internet verbindet mich nicht nur mit FreundInnen und Bekannten aus aller Welt - es gibt mir auch Zugang zu mehr Information. Dort erfahre ich, abseits der üblichen Medien, was die Menschen in Nordafrika bewegt und auf die Straße treibt, dort bekomme ich Fakten zu den Arbeits- und Lebensbedingungen, unter denen die Produkte meines täglichen Bedarfs und Luxus’ hergestellt werden und im besten Fall erfahre ich dort auch, was ich tun kann, wenn ich eine fairere Welt will. Und Wissen ist Macht - zu all dem Wissen kommt die Möglichkeit der Vernetzung mit anderen KonsumentInnen, mit BetriebsrätInnen. Denn nur gemeinsam können wir Schritt für Schritt etwas ändern - und das werden wir müssen, denn in unserer kleiner gewordenen Welt zahlen wir letztendlich alle für die Folgen unseres Handelns und wie sagte schon Ernest Hemingway: "Die Welt ist ein schöner Ort und wert, dass man um sie kämpft."

Artikel weiterempfehlen

Kommentar verfassen

Teilen |

(C) AK und ÖGB

Impressum