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Der neue Warenkorb des Verbraucherpreisindex Der Warenkorb ist indirekt nicht nur makroökonomische Entscheidungsgrundlage, sondern stellt ein Abbild individueller Entscheidungsmuster (Konsumentscheidungen) dar.
Warenkorb 2010
Eckdaten zum Warenkorb 2010

Der neue Warenkorb des Verbraucherpreisindex

Gesellschaftspolitik

Wovon wir wie viel kaufen wirkt sich auf vielerlei Ebenen aus.

Eines der wichtigsten Statistikprodukte Österreichs wurde im März 2011 dem österreichischen Publikum vorgestellt: der neue Warenkorb. Seine Bedeutung kann im Grunde nicht hoch genug eingeschätzt werden. Selten hat eine statistische Auswertung einen solchen anschaulichen Charakter für die gesamte Bevölkerung wie eben der Warenkorb. Sein Einfluss auf die sozial- und wirtschaftspolitische Umgebung wird am besten im Zusammenhang mit dem Schlagwort Inflation umschrieben. Der Warenkorb ist damit indirekt nicht nur makroökonomische Entscheidungsgrundlage, sondern stellt ein Abbild individueller Entscheidungsmuster (Konsumentscheidungen) dar.

Die rechtlichen Grundlagen

Bevor ein Warenkorb erstellt werden kann, bedarf es der Durchführung einer Konsumerhebung (KE), die Aufschluss über Lebensstandard und -bedingungen der privaten Haushalte in Österreich gibt. Eine EU-Rahmenverordnung1 für den sogenannten Harmonisierten Verbraucherpreisindex verpflichtet zur Durchführung von Haushaltsbudgeterhebungen alle fünf Jahre. Die neueste KE stammt aus den Jahren 2009/2010. Über einen Zeitraum von 14 Tagen wurden Haushalte auf freiwilliger Basis dazu angehalten, ein Haushaltsbuch zu führen. Die Aufzeichnungen umfassten sämtliche für den Haushalt getätigten Ausgaben. Die Anzahl der Haushalte, die an dieser Stichprobenerhebung teilnahmen, betrug 6.534. Um die Datenbasis abzusichern, wurden umfangreiche Plausibilitätsprüfungen durchgeführt. Darunter auch ein Abgleich mit Daten anderer Statistiken - allen voran mit denen des privaten Konsums der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. Anschließend erfolgte die Systematisierung in zwölf Ausgabengruppen. Dieser Gliederung wurde dann der Prozentanteil der einzelnen Ausgabengruppen zugeordnet. Für die Verteilung des für die Inflationsmessung ab dem Berichtsjahr 2011 maßgeblichen Warenkorbs siehe Tabelle. Die Gliederung nach VerbraucherInnengruppen lässt schon das "Innenleben" eines Warenkorbes erahnen.
Um zu gewährleisten, dass sich im Warenkorb auch jene konkrete Güter und Dienstleistungen wiederfinden, die sich aus der KE ergeben, muss dafür ein Kriterium eingeführt werden. Dieses lautet: Repräsentativität. Die EU setzte dafür fest, dass alle Güter und Dienstleistungen in den Warenkorb aufzunehmen sind, die ein Tausendstel der Gesamtausgaben ausmachen. Dieser muss laufend adaptiert werden. Insofern weist der Warenkorb eine gewisse Flexibilität und damit Aktualität auf - neue Konsumgewohnheiten finden darin ihren Niederschlag. Preiserhebungen für den Verbraucherpreisindex (VPI) bzw. den Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI)2 finden monatlich statt (siehe Tabelle). Die unmittelbare Durchführung der Preiserhebungen obliegt den jeweiligen städtischen Statistikämtern/-abteilungen. Dort werden unter Einhaltung eines Kataloges mit genau definierten Warenbeschreibungen Erhebungen durchgeführt. Damit ist sichergestellt, dass immer Gleiches mit Gleichem verglichen wird. Dies ist der oberste Grundsatz jeder Preisveränderungsmessung. Sollte jedoch einmal ein Produkt nicht verfügbar sein, so muss ein Ersatzprodukt gewählt werden, das dem ursprünglichen in Zweck und Beschaffenheit ähnelt. Nach erfolgter Datenerhebung werden die Einzeldaten elektronisch an die Statistik Austria übermittelt und eingehenden Plausibilitätskontrollen unterzogen. Das Aggregationsverfahren der Statistik Austria umfasst u. a. die Zusammenfassung der Städteergebnisse und deren Gewichtung. Die Veröffentlichung des Gesamtdatensets (Inflationsveröffentlichung) erfolgt dann in der Regel Mitte des Folgemonats in Form von Messzahlen.

Messzahl normiert Referenzjahr

Die Messzahl normiert das Referenzjahr - in diesem Fall 2010 - mit 2010 = 100. Preissteigerungen werden dann, ausgehend von 2010 = 100, für die folgenden Zeiträume fortgeschrieben. Die Inflationsmessung findet monatlich statt, und zwar in Jahresabständen. Dazu ein Beispiel: Im Dezember 2010 betrug die Messzahl 110,7 (in diesem Fall noch 2005 = 100), ein Jahr zuvor, im Dezember 2009, 108,2. Der relative Unterschied dieser beiden Messzahlen beträgt 2,3 Prozent. Und dies heißt auch,  die Inflationsrate im Dezember 2010 betrug 2,3 Prozent.
Die publizierten Daten müssen hohen Qualitätsansprüchen genügen. Die Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethoden ist eine wichtige Grundlage für den Qualitätsbefund jedes statistischen Produktes. Statistik Austria ist im Rahmen einer sogenannten Standarddokumentation verpflichtet, der Öffentlichkeit eine genaue Produktbeschreibung zur Hand zu geben. In ihr werden u. a. gesetzliche Grundlagen, Berechnungsmodalitäten, Anwendungsmöglichkeiten, Publikationszyklen und vieles mehr des jeweiligen Statistikproduktes beschrieben.
Neben dieser gesetzlich vorgeschriebenen Dokumentation tagt zweimonatlich die VPI-Arbeitsgruppe. Sie setzt sich aus VertreterInnen der Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, OeNB, Wifo, Ministerien und Städtestatistikern zusammen. Die entsandten Fachleute bringen wichtige Expertisen ein. Regelmäßige Prüfbesuche seitens EUROSTAT ergänzen die Qualitätssicherungsmaßnahmen.
Der Warenkorb und der daraus abgeleitete Verbraucherpreisindex ist sowohl für makroökonomische Zwecke (z. B. Geldpolitik der EZB) als auch für individuelle Belange (Stichwort: Wertsicherung) von herausragender Bedeutung. Daraus ergibt sich ein umfassendes Interesse, der Öffentlichkeit ein aussagekräftiges und qualitätsvolles Datenset zur Verfügung zu stellen. Diesem Anspruch konnte bis dato Rechnung getragen werden. Es soll jedoch nicht verschwiegen werden, dass die Berechnung des VPI auch eine Menge von ungelösten Problemen mit sich bringt. Effekte, wie der sogenannte Substitutionsbias, Outletbias3 usw., machen jedem Preisstatistiker Kopfzerbrechen. In aller Regel ist es jedoch so, dass man sich bei Elimination eines dieser unliebsamen Effekte dafür einen anderen unliebsamen einhandelt.

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reinhold.russinger@akwien.at 
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aw@oegb.at
 

1 VO (EG) Nr. 2494/1995/Abl. Nr. L257
2 Der HVPI ist der für die EU adaptierte Preisindex. Er unterscheidet sich von VPI in einigen Einzelpositionen und dient der Europäischen Zentralbank als Entscheidungsparameter für die Geldpolitik.
3 Der Substitutionsbias entsteht, wenn die KonsumentInnen auf ein anderes Produkt ausweichen. Dies führt dann zu einer Überschätzung der Inflationsrate. Beim Outletbias weichen die KonsumentInnen auf ein  Geschäft mit billigeren Produkten aus.

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