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Fit für die Zukunft Darunter befindet sich auch das Spezialmodul Erneuerbare Energien, in dem die Lehrlinge das Planen, Errichten, Instandhalten und Reparieren von Anlagen mit Energieformen wie Photovoltaik, Windkraft und Brennstoffzellen erlernen.

Fit für die Zukunft

Schwerpunkt

Mit Umstrukturierungen, Modularisierungen und Qualitätssicherungsmaßnahmen soll die Lehrlingsausbildung neuen Herausforderungen angepasst werden.

Karriere mit Lehre - das ist mehr als ein cooler Slogan zur Imageverbesserung der österreichischen Lehrlingsausbildung. Denn tatsächlich stehen Österreichs Jugendliche im internationalen Vergleich sehr gut da. Während der (noch nicht ganz überwundenen) Wirtschaftskrise ist die Jugendarbeitslosigkeit zwar stärker gestiegen als bei älteren Erwerbstätigen, aber im Vergleich zum restlichen Europa ist Österreich sehr gut platziert. Unter den EU-27 verzeichneten 2009 nur die Niederlande niedrigere Arbeitslosenquoten bei Jugendlichen. In Finnland, dessen Schulsystem unter anderem im Rahmen der PISA-Ergebnisse immer wieder als Vorbild angeführt wird, lag die Jugendarbeitslosigkeit 2009 bei 21,5 Prozent! Auch bei den internationalen Berufsmeisterschaften (WorldSkills, EuroSkills) erzielen die österreichischen Teams immer wieder tolle Mannschaftswertungen, die an die Spitzenzeiten des österreichischen Schiteams erinnern.

Immer mehr MaturantInnen

In der Öffentlichkeit werden diese Erfolge kaum wahrgenommen. Im Gegenteil, um das Image von Lehrlingen und des Lehrberufs an sich ist es eher schlecht bestellt. Unternehmer beklagen die großen Bildungslücken und sozialen Mankos der SchulabgängerInnen. Andererseits streben immer mehr Jugendliche nach höherer Bildung, 1981 absolvierten 21 Prozent der Jugendlichen die Matura, 2008 waren es bereits 41 Prozent. Laufend hört und liest man, dass immer weniger Betriebe Lehrlinge ausbilden. Tatsächlich konnte dieser seit den 80er-Jahren verzeichnete Trend Mitte der Neunzigerjahre aufgehalten werden. Derzeit gibt es rund 130.000 Lehrlinge in Österreich (1989: 160.000), mehr als 36.000 Betriebe arbeiten mit Lehrlingen. Rund 12.000 Jugendliche werden derzeit überbetrieblich ausgebildet.
2010 setzte fast jeder/jede zweite der rund 130.000 SchulabgängerInnen (44 Prozent) auf die Lehre. Das Verhältnis zwischen freien Lehrstellen und Suchenden war in den vergangenen Jahrzehnten ziemlich starken Schwankungen unterworfen: 1992 kamen auf 2.190 Lehrstellensuchende 10.912 offene Stellen. Danach waren Angebot und Nachfrage für eine längere Zeit ungefähr ausgeglichen. Seit 2002 gibt es deutlich mehr Suchende als offene Stellen, 2009 etwa kamen so 2.783 freie Lehrstellen auf 4.269 ausbildungswillige SchulabgängerInnen (jeweils Ende Juni gemessen). Bis etwa 2015 ist laut Statistik Austria ein deutlicher Rückgang der 15-Jährigen zu erwarten. Aus demografischer Perspektive ist also für die nächsten Jahre mit einem deutlich spürbaren Sinken der Lehrstellennachfrage zu rechnen.
Die österreichische Lehrlingsausbildung geht in ihren Grundzügen auf das 19. Jahrhundert zurück. Im Laufe der Jahre gab es natürlich immer wieder Modernisierungen. Aktuellere Beispiele dafür sind etwa Austauschprogramme für Lehrlinge oder die Ausbildungsverbünde. Dabei handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen Lehrberechtigten und einem Unternehmen oder Kursinstitut, um dem Lehrling bestimmte Kenntnisse und Fertigkeiten außerhalb des Lehrbetriebs zu vermitteln. Es gibt sowohl freiwillige als auch verpflichtende Ausbildungsverbünde.

Flurbereinigung

Im Rahmen des Lehrberufspakets 2010 wurden im vergangenen Juli zehn Lehrberufe neu eingeführt bzw. modularisiert. Elektrotechnik als neuer Modullehrberuf ersetzt die bisherigen Lehrberufe Anlagenelektrik, Elektroanlagen-technik, Elektrobetriebstechnik, Elektroenergietechnik, Elektroinstallationstechnik und Prozessleittechnik. Aufbauend auf das zwei Jahre dauernde Grundmodul stehen künftig vier je eineinhalb Jahre dauernde Hauptmodule zur Auswahl: Elektro- und Gebäudetechnik, Energietechnik, Anlagen- und Betriebstechnik, Automatisierungs- und Prozessleittechnik. Darauf aufbauend stehen insgesamt elf Spezialmodule (unter anderem das Modul Erneuerbare Energien) zur Verfügung, die jeweils auf ein halbes Jahr angelegt sind.
Der Modullehrberuf Bekleidungsgestaltung ersetzte die Lehrberufe DamenkleidermacherIn, HerrenkleidermacherIn, WäschewarenerzeugerIn, ModistIn, KappenmacherIn, HutmacherIn, Kürsch-nerIn und SäcklerIn. Fünf weitere Lehrberufe (MetallgießerIn, Gießereitechnik, BäckerIn, Sattlerei, SteinmetzIn) wurden neu strukturiert und an aktu-elle Veränderungen angepasst. Die Reaktivierung des traditionellen Lehrberufs Hufschmied trug der steigenden Nachfrage nach Hufschmieden mit dem erforderlichen Ausbildungsniveau Rechnung.
Michael Trinko, ÖGB-Jugendsekretär: "Prinzipiell sehen wir die Modularisierung positiv, da dadurch eine gewisse Flurbereinigung im Bezug auf zirka 250 Lehrberufe durchgeführt wird. Außerdem entsteht dadurch eine gewisse Durchlässigkeit, da Teilprüfungen (Module), abseits des Grundmoduls abgrenzbar und individuell gestaltbar sind. Lebenslanges Lernen wird dadurch wesentlich erleichtert."
Das Lehrberufspaket 2011 liegt derzeit bei Minister Mitterlehner und soll spätestens am 1. Juli in Kraft treten. Geplant sind hier weitere Modularisierungen (Elektronik, Metalltechnik), der Lehrberuf Steuerassistenz wird anstatt des/r TreuhandassistentIn eingeführt.

Vom Meister zum Master

Wer sich nach einigen Jahren Berufserfahrung verändern oder weiterbilden will, soll es in Zukunft leichter haben. Er/sie kann - aufbauend auf das Grundmodul und ohne zeitliche Befristung - ein weiteres Lehrverhältnis eingehen und ein anderes Hauptmodul oder ein zusätzliches Spezialmodul absolvieren. Prinzipiell ist angedacht, im europäischen Qualifizierungssystem dem Meister auch ein Universitätsstudium zu ermöglichen.
"Ein wichtiges Thema ist aber auch die Qualitätssicherung", so Michael Trinko: "Nur mit entsprechenden Vorgaben für die Prüfer und Qualitätsmanagement kann das gewünschte hohe Niveau erreicht und gehalten werden." Im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend findet Ende Mai eine spezielle Fachtagung zu Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Lehrlingsausbildung statt, bei der die entsprechenden Modelle der Sozialpartner vorgestellt werden sollen. Rund zehn Prozent der österreichischen Jugendlichen beginnen nach dem Pflichtschulabschluss weder eine Lehre noch eine weiterführende Ausbildung. Sie beginnen irgendwann mit einem Hilfsjob, rund 50 Prozent gehen überhaupt keiner Erwerbstätigkeit nach. Diese Tatsache ließ Minister Hundstorfer sogar laut über die Idee einer Ausbildungspflicht mit Sanktionen wie Kürzung oder Streichung von Transferleistungen nachdenken. Laut einem 2010 veröffentlichten Bericht zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich* haben mindestens ein Drittel dieser "AusbildungsaussteigerInnen" Migrationshintergrund. Hier liege eine der großen Herausforderungen der Zukunft.
Die AutorInnen gehen davon aus, dass rund ein Drittel bis maximal die Hälfte der Jugendlichen mit Migrationshintergrund ohne weiterführenden Bildungsabschluss aus dem Bildungssystem ausscheiden. Die Potenziale der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, wie etwa die Mehrsprachigkeit, sollten besser genutzt bzw. gefördert werden.

Die Empfehlungen der AutorInnen:

  • Die Ausbildungsgarantie sollte unbedingt weitergeführt bzw. forciert werden.
  • Die überbetriebliche Lehrlingsausbildung sollte keine Konkurrenz, sondern Ergänzung sein.
  • Stärkerer Fokus auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Förderung innovativer Strukturen, Produkte und Unternehmen, denn dort sind die Chancen für junge ArbeitnehmerInnen deutlich größer.
  • Im Übrigen ist die duale Lehrlingsausbildung derzeit die Ausbildungsmöglichkeit in der Sekundarstufe II, für welche die geringsten öffentlichen Mittel eingesetzt werden.

Internet:
Österreichische Gewerkschaftsjugend:
www.oegj.at 
Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin
afadler@aon.at 
oder die Redaktion
aw@oegb.at 

* Österreichisches Institut für Berufsbildungsforschung öibf; Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft ibw: Bericht zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2008-2009

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