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Das Beste aus beiden Welten? Der Grad der Professionalisierung ist in der Tschechischen Republik besonders hoch,und wer nicht gut vorbereitet und pünktlich zu den angesetzten Meetings erscheint, der hat wenig Chance auf ein gutes Geschäft oder Aufstieg im Unternehmen.

Das Beste aus beiden Welten?

Schwerpunkt

Ab Mai 2011 werden zahlreiche ArbeitsmigrantInnen befürchtet. Doch schon jetzt arbeiten viele ÖsterreicherInnen in unseren östlichen Nachbarländern.

Kurze Anflüge von Heimweh hat es schon gegeben", so die geborene Burgenländerin Regina Huber, die seit dem Jahr 1996 bei einer Bank in Ungarn arbeitet. Aber dann waren da wieder die netten KollegInnen, das gute Essen und das offene Klima, das sie an Ungarn und den UngarInnen seit ihrem ersten Sprachkurs zu schätzen wusste, und sie blieb.
Die ÖsterreicherInnen sind in Ungarn durchaus geschätzt und werden als ehrgeizig und arbeitsam beschrieben, so Regina Huber. Wer allerdings die Sprache nicht beherrscht oder zumindest genug Ungarisch für ein kleines persönliches Gespräch kann, der tut sich schon ein wenig schwerer als Huber, die meint: "Die Leute hier sind sehr offen und es ist gut, wenn man sich ebenfalls öffnen kann, denn es geht hier schon sehr viel Wichtiges über den sozialen Aspekt."

Gut vorbereitet in Tschechien

Seit Mai 2004 herrscht auch in der Tschechischen Republik totale ArbeitnehmerInnenfreizügigkeit. Zahlreiche ÖsterreicherInnen arbeiten hier im Bankensektor, aber auch in der Industrie. Das Verhältnis zwischen in Österreich arbeitenden Tschechen/-innen und in der Tschechischen Republik arbeitenden ÖsterreicherInnen ist nahezu ausgeglichen.
Das Klima bei unserem nördlichen Nachbarn ist jedoch deutlich anders als in Ungarn: Während in Ungarn kaum ein Geschäft ohne eingehende soziale Kontakte läuft, so ist inhaltlich perfekte Vorbereitung in der Tschechischen Republik das Wichtigste. Ein Mitarbeiter einer Österreichischen Bank in Prag meint: "Die Tschechen schätzen die sachliche Art der Deutschen, mit denen sie viele Geschäfte laufen haben sehr. Sie können schon auch persönliche Kontakte einfließen lassen, aber das Business geht vor.
Und während vor zehn, fünfzehn Jahren noch viele Geschäftspartner Deutsch als Fremdsprache gut beherrschten, spielt sich das Geschäft unter den jüngeren ManagerInnen und Geschäftsleuten, aber auch unter den Technikern in produzierenden Betrieben jetzt hauptsächlich auf Englisch ab."

Sozialer Aspekt in Ungarn

Der Grad der Professionalisierung ist in der Tschechischen Republik besonders hoch, und wer nicht gut vorbereitet und pünktlich zu den angesetzten Meetings erscheint, der hat wenig Chance auf ein gutes Geschäft oder Aufstieg im Unternehmen. Da hilft auch alle "After Work"- Trinkfestigkeit nichts.
Ein bisschen anders läuft das Leben in Ungarn ab. Regina Huber: "Der soziale Aspekt ist hier in Ungarn sehr wichtig. Da läuft viel über den Mittagstisch." Wer also in Ungarn die Sprache beherrscht, wie die Bankangestellte Huber, der kann beim für die Ungarn so wichtigen Smalltalk mitmachen und haltbare Netzwerke knüpfen. Das hilft dann auch im beruflichen Alltag. Regina Huber ist nach einem ungarischen Arbeitsvertrag bei ihrer Bank in Sopron angestellt und sieht die Zukunft gelassen: "Ob ich hier eine ausreichende Pension bekomme, weiß ich natürlich auch nicht.
Das kann mir in Österreich aber auch niemand garantieren. Und da ich ja aus dem Burgenland pendle und dort auch hauptgemeldet bin, kann ich zum Beispiel in Österreich zum Arzt gehen. Das weiß ich schon sehr zu schätzen."

Andere Länder - andere Sitten

Einen ganz anderen Zugang und auch eine andere Lebensrealität fand Gerald Hintermüller vor, der insgesamt drei Jahre in Rumänien für die OMV tätig war. "Ich wollte gerne ins Ausland gehen, die Erweiterung des persönlichen Horizonts war mir immer schon wichtig", so der Produktionsleiter.
Der Aufenthalt in Rumänien - während dessen sich Rumäniens Aufnahme in die EU vollzog - gestaltete sich völlig anders als der weltgewandte Techniker erwartet hatte: "Ich war als Student zweimal für je ein Auslandsemester in Frankreich, da habe ich schnell mein Sprachwissen perfektioniert und konnte in die Gesellschaft 'eintauchen‘. In Rumänien habe ich fast ein dreiviertel Jahr gebraucht, bis ich einigermaßen dahinter schauen konnte, wie die Sache in diesem Land läuft.
Und anders als beim Studieren, ist der Spracherwerb neben der Arbeit schwierig." Hintermüller: "80 Prozent der Angestellten aus dem Ausland konnten kein Rumänisch." Und wie auch im umgekehrten Fall, ist Integration dann ein schweres Stück Arbeit, wenn man die Landessprache nur mangelhaft beherrscht. Dazu kommen gewöhnungsbedürftige Landessitten: "In Lokalen und Geschäften fühlt man sich oft wie ein Störfall.
Die Einstellung der Menschen zu Leistung ist doch sehr verschieden von unseren Vorstellungen." Und obwohl es nicht der erste Auslandsaufenthalt des Technikers war, so fühlte es sich doch ganz anders an, als die vorangegangenen Studienaufenthalte in "westlichen" Ländern: "Der markante Punkt war - auf klare Fragen bekommt man keine klare Antwort - das Visavis sagt nie ja oder nein, sondern es wird meist drumrumgeredet.
So weit, dass es in Österreich schon als Lüge gelten würde. Man kommt nach und nach zu dem Schluss: Die Wahrheit ist sehr facettenreich."

Expats treffen sich untereinander

Diese Mentalitätsunterschiede führten dazu, dass sich die Expats vor allem untereinander trafen und auch die jeweiligen Lebensgefährten/-innen wenig Anschluss an die rumänische Bevölkerung fanden. Ein Phänomen, das aber auch für andere - auch westliche Länder - durchaus zutrifft.
Wer die Landessprache nicht gut beherrscht, der kann nur schlecht in die neue Kultur eintauchen und findet wenig FreundInnen. Interkulturelles Lernen findet hauptsächlich im direkten Austausch statt.
Spannend war für den OMV-Angestellten jedenfalls die Zeit des EU-Beitritts: "Da waren die Menschen richtig euphorisch und das hat sich auch nach dem Beitritt gehalten, weil das allgemeine Preisniveau ist um ungefähr zehn Prozent gefallen."
Anders als Regina Huber, die sich in Ungarn - aber auch wieder nah der Heimat - immer noch sehr wohl fühlt und dank ihrer perfekten Sprachkenntnisse hervorragend integriert ist, kam Hintermüller nach zwei mal zwei Jahren zu dem Schluss, Rumänien wieder den Rücken zu kehren: "Ich war in Rumänien mit meiner Lebensgefährtin und unserem gemeinsamen Kind. Als das in den Kindergarten gehen sollte, haben wir uns umgeschaut und selbst die privaten Institutionen, für die wir mehr als zweihundert Euro hätten zahlen müssen, waren so, dass wir unser Kind nicht einen Tag dorthin schicken wollten.
Von den staatlichen Kindergärten brauchen wir in diesem Fall gar nicht zu reden. Da merkt man ganz stark, wie langsam sich eine Gesellschaft ändert", so Hintermüller den letztendlich die Familie wieder zurück in die Heimat trieb.

Auslandsaufenthalt als Bereicherung

Doch trotzdem würden er und viele andere Expats gerne wieder ins Ausland gehen, und auf diesem Weg die anderen Seiten Europas ein bisschen näher kennenlernen. Wobei Hintermüller als Angestellter eines österreichischen Unternehmens, nach österreichischem Recht plus Zulagen die wirtschaftlich eindeutig bessere Lösung vorgefunden hat, als die nach ungarischem Recht bei einer ungarischen Bank angestellte Regina Huber.
Ob geplant wie bei Hintermüller, oder mehr oder weniger zufällig wie bei Regina Huber: Ein Arbeitsaufenthalt im Ausland ist eine Bereicherung für diejenigen, die sich den Herausforderungen offen stellen und Freude an "fremden" Kulturen haben.

Spannende Arbeit

Das gilt umso mehr, als auch in der Europäischen Union Normen und Vorschriften hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Bestimmungen zunehmend umgesetzt werden und sich diese Länder in einem immer noch sehr zügigen Transformationsprozess befinden. Spannend ist das Arbeiten bei unseren östlichen Nachbarn allemal. Auch wenn sie nur wenige Autostunden vom eigenen Heimatort entfernt sein mögen.

Internet:
Außenministerium:
www.bmeia.gv.at 
Weltbund der Auslandsösterreicher:
www.weltbund.at 
Eures, das europäische Portal zur beruflichen Mobilität:
tinyurl.com/6h77pjh 
Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin
d.gordon@ideenmanufactur.at 
oder die Redaktion
aw@oegb.at 

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