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Fragestunde zur Budgetsanierung Im Rahmen des 8. VWL-Perspektiven-Seminars stellte sich Finanz-Staatssekretär Andreas Schieder Fragen zur Budgetsanierung von interessierten WirtschaftslehrerInnen und MaturantInnen.

Fragestunde zur Budgetsanierung

Schwerpunkt

Staatssekretär Andreas Schieder hat WirtschaftslehrerInnen und interessierten SchülerInnen Fragen zu Budget und Konsolidierung beantwortet.

Wir alle kennen Fragestunden aus dem Nationalrat. Im Rahmen des 8. VWL-Perspektiven-Seminars stellte sich der Finanz-Staatssekretär Andreas Schieder Fragen zur Budgetsanierung von interessierten WirtschaftslehrerInnen und MaturantInnen. Durch die Finanzkrise ist die Situation der Staatshaushaltsdefizite zu einem virulenten Problem angewachsen. Die Budgetsanierung ist allerdings verknüpft mit vielen unpopulären Maßnahmen.

Wie Wirtschaft ankurbeln?

Eine der großen Fragen ist, wie man die Konsolidierung des Budgets, also das Ausgleichen des Defizits, mit einer gleichzeitigen Ankurbelung der Wirtschaft unter einen Hut bringen kann, ohne den Schuldenberg weiter wachsen zu lassen und nicht die SteuerzahlerInnen zur Kasse bitten zu müssen. De facto sei das nicht möglich, betonte Schieder. Ohne zusätzliche Einnahmen kann ein Staat sich nicht sanieren, und ohne Geld ist ein Ankurbeln der Wirtschaft nicht möglich. Es geht eher darum, wen man zur Kasse bittet, wo man durch Steuern sinnvolle Barrieren schafft (beispielsweise um risikoreiche Geschäfte stärker zu besteuern oder zu verhindern), und wie man jene, die von der Krise am stärksten getroffen wurden, weiter entlastet.

Verlauf der Krise in Österreich 

Die meisten Fragen des interessierten Publikums befassten sich mit den Auswirkungen der Finanzkrise und deren Bewältigung. Staatssekretär Andreas Schieder schilderte den Verlauf der Finanzkrise in Österreich vor allem anhand der Entwicklung der Arbeitslosenquote und des Budgetdefizits.
Die Zahlen sprechen für sich: Im Vergleich zu anderen Märkten wie beispielsweise den USA ist die Krise in Österreich relativ "glimpflicher" verlaufen und auch im EU-Durchschnitt liegt Österreich gut.
Der Beschäftigungsgrad konnte durch rasche Maßnahmen hoch gehalten werden und hat mittlerweile einen historischen Höchststand erreicht. Grund dafür ist ein Bündel an Maßnahmen, das sowohl Unternehmen als auch ArbeitnehmerInnen betraf. Die Einführung der Kurzarbeit und das Arbeitsmarkt-Paket half Herrn und Frau Österreicher, nach Möglichkeit ihre Stelle zu behalten, das Bankenpaket und die Übernahme von Sicherheiten für Unternehmenskredite stärkten die Liquidität am österreichischen Geldmarkt.
Um schneller aus einer Krise in wirtschaftlichen Aufschwung übertreten zu können, ist eine Stärkung der Kaufkraft vonnöten. Konsumverweigerung führt zu einem Negativ-Trend, der sowohl Staat, Unternehmen als auch letztendlich die ArbeitnehmerInnen selbst trifft. Das nimmt den Schluss vorweg, dass ein Staat zuerst investieren muss, um danach wieder besser dastehen zu können.

Ein Loch im Staatshaushalt

Die Abwendung dieses Negativ-Trends und die daraus resultierenden Investitionen kosteten natürlich Geld und rissen ein großes Loch in den österreichischen Staatshaushalt. Betrug 2007 und 2008 das Budgetdefizit 0,4 bis 0,5 Prozent, so stieg 2009 das Defizit auf 3,5 Prozent und 2010 auf 4,5 Prozent.
Die Schuldigen sind nicht schwer zu finden: Weniger Einnahmen aus weniger Steuern, weniger Arbeitende und zusätzliche Investitionen kosteten den Staat viel Geld. Doch der neuerliche Aufschwung jetzt ist in hohem Ausmaß den raschen Maßnahmen zuzuschreiben.
Das Ausgleichen des Defizits ist unabdingbar, da nur so weitere Kosten vermieden, die Flexibilität des Staates hoch und die Verpflichtungen gegenüber anderen eingehalten werden können.
Die Konsolidierung soll zu 50 Prozent aus Einnahmen und zu 50 Prozent durch Sparen erreicht werden, wobei zwei Drittel der dazu vereinnahmten Steuern aus dem Finanzsektor kommen sollen. Die Herausforderung für Österreich besteht darin, die Steuerlast nun strukturell und nachhaltig zur Vermögensbesteuerung zu verschieben, da Hauptträger der Steuern noch immer die Arbeitseinkommen sind. Eine Anhebung der Mehrwertsteuer ist laut Schieder nicht die richtige Maßnahme, da so die Falschen betroffen wären.

Kürzung der Sozialleistungen

Die abschließende Fragerunde wurde mit dem aktuellsten Thema eröffnet, der Kürzung von Sozialleistungen und im Speziellen die der Familienbeihilfe. Ist sie notwendig? Wäre eine Verwaltungsreform zu Einsparungsmaßnahmen nicht sinnvoller und gibt es "gute Schulden"?
Laut Schieder sei die Kürzung der Familienbeihilfe zwar eine harte Maßnahme, aber notwendig, da ohne diese Maßnahme eine Kürzung aller Beihilfen eingeführt hätte werden müssen, oder eine andere Finanzierung des Mutter-Kind-Passes notwendig geworden wäre. Und nicht alles an Verwaltung in Österreich sei unnötig, sondern im Gegenteil sogar sinnvoll. Es werden bereits Effizienzpotenziale eingelöst, ein gutes Beispiel hierfür ist FinanzOnline. Und Schulden, die aufgenommen werden, um später eine Verbesserung zu erzielen, wie es passiert ist, könnte man als gute Schulden bezeichnen.

Eine Frage blieb offen

Eine Fragestunde - eigentlich waren es fast zweieinhalb Stunden - war allerdings nicht lang genug, um alle Fragen zu klären. Auf EU-Ebene stellen sich Herausforderungen für die Zukunft, nämlich wie man die Stabilität des Euros gewährleistet, und wie man die Regulierung der Finanzmärkte dahingehend verbessert, um zukünftige Krisen zu vermeiden, auch wenn der Ausgangspunkt nicht die EU war. Doch der Handel mit gefährlichen Finanzprodukten geht schon wieder von vorne los. Die wohl ungeklärteste Frage ist und bleibt: Haben wir etwas aus dieser Krise gelernt?

Internet:
Präsentation zur Budgetsanierung
www.ifte.at 
Schreiben Sie Ihre Meinung an den Autor
johannes.lindner@kphvie.at 
oder die Redaktion
aw@oegb.at 

Info&News
Das 9. VWL-Perspektiven-Seminar "Ökonomische Bildung zwischen Status quo und Zukunftsorientierung" findet von 19. bis 21. Oktober 2011 statt.
Anfragen beim Organisator dieser Veranstaltung unter
johannes.lindner@kphvie.at 

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