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Katharina Klee Katharina Klee, Chefredakteurin

Standpunkt | Das Spiel geht weiter

Meinung

In Japan bebt die Erde und rund um die Welt sind Menschen vor ihren Fernsehgeräten und Computern erschüttert.

Doch nicht nur die Naturkatastrophe bewegt uns, sondern mehr noch die - erst durch Menschenhand entstandene - andere, größere Bedrohung: der Super-Gau.

Mehr als 50 AKW - 256 Vulkane

Japan war auf Erdbeben vorbereitet, berichten alle KorrespondentInnen in den klassischen Medien und im weltweiten Netz. Rund um die Uhr sind Tausende Bilder aufzurufen, Augenzeugenberichte, Filme, Analysen. Doch die wahre Gefahr ist unsichtbar, wie wir spätestens seit Tschernobyl wissen. In Japan hat man mit den verheerenden Folgen atomarer Verstrahlung schon viel länger Erfahrung, wenn auch in noch konzentrierterer Form, denken wir nur an Hiroshima.
Und trotzdem stehen oder standen in diesem Hightech-Land über 50 AKW. Sicher, man wusste um die Risiken der tektonischen Zone - immerhin finden sich 265 Vulkane auf der Insel - aber das Risiko ging man ein. Energie ist Geld.
Der Reaktor von Fukushima war 40 Jahre alt, es gab Vertuschungsskandale um Schäden. Auch das sind die Spielregeln des freien Marktes, die Strom zu Ware machen und sich über Risiken und Nebenwirkungen ausschweigen. Die Stromunternehmer in Japan machen die Info-Schotten genauso dicht, wie ihre kommunistischen Vorgänger in Tschernobyl. Sie sind Gambler, die ihr Spiel machen. Den Preis zahlen wir wohl alle.
Das große Beben ließ auch die Börsen erzittern - die Folgen, die diese Katastrophe in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt für den Weltmarkt haben wird, sind noch nicht abschätzbar.
Was das mit: "Nach der Krise ist vor der Krise", dem Schwerpunkt dieses Heftes zu tun hat, fragen Sie sich vielleicht: Die Naturkatastrophe mit der Finanzmarktkatastrophe?
Es ist diese Gamblingmentalität, die für mich hier und dort zum Ausdruck kommt, die Verantwortungslosigkeit und dieses Gefühl der Unverwundbarkeit, das die SpekulantInnen an den internationalen Börsen mit den BetreiberInnen der japanischen AKW eint. Wird schon nichts passieren, lautet das optimistische Dogma. Auch ich bin Optimistin. Ich gehöre zu diesen Leuten, die gerne darauf verwiesen, dass sich das chinesische Schriftzeichen für Krise aus Teilzeichen für "Gefahr" und "Chance" zusammensetzt. Und so habe ich irgendwo auch gehofft, dass die Finanzmarktkrise auch etwas Positives bewirkt: Dass die Menschen umdenken und sich wehren, dass diese Gamblingmentalität eingegrenzt wird, dass dem Neoliberalismus die Larve vom Gesicht gerissen wird.
Aber die Spieler tragen noch immer ihre Masken. Die, die gestolpert sind haben sich meist schon wieder aufgerappelt, kassieren längst wieder fette Boni, machen wieder gute Geschäfte. Und wir sehen zu, empören uns nicht und akzeptieren die Gesetze des Marktes wie Naturgesetze, Schulter zuckend und ohne Gegenwehr.
 

Vor 25 Jahren Tschernobyl

Tschernobyl vor 25 Jahren hat nicht den Ausstieg aus der Atomenergie gebracht - ganz im Gegenteil: Seit damals sind neue Reaktoren entstanden, und auch Japan wird vermutlich allen Risiken zum Trotz nicht auf den günstigen Strom verzichten. Auch dort wird man die Katastrophe schnell wieder vergessen haben, neue AKW werden aufsperren, allen Ängsten und Unsicherheiten zum Trotz.
Auch weil wir es zulassen, weil wir mitspielen und da oder dort sogar den Gamblern applaudieren. Wie sagte schon Einstein: "Die Welt wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen." Es ist an uns!

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