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Weiterbildung im Betrieb - and the winner is ... Ein Unternehmen, das 290 Euro in die Weiterbildung eines Beschäftigten investiert erzielt dadurch durchschnittlich 1.900 Euro mehr Gewinn! Oder: Jeder Euro, der mehr in Weiterbildung investiert wird, bringt dem Unternehmen 13 Euro.

Weiterbildung im Betrieb - and the winner is ...

Schwerpunkt

Die Frage ist, für wen sich betriebliche Weiterbildung am meisten auszahlt.

In den zahlreichen Diskussionen über das Bildungswesen ist die betriebliche Weiterbildung zumeist nur ein Stiefkind. Das ist nicht in allen Ländern so, gilt aber in hohem Maß für Öster­reich. Die Gründe dafür liegen wohl darin, dass nach allgemeiner Ansicht die Ausbildung mit dem Schul-, Lehr- oder Universitätsabschluss mehr oder weniger erledigt ist. Zuerst lernt man, dann arbeitet man, und dann geht man in Pension - so sind nach wie vor die Vorstellungen hierzulande.

Für Unternehmen unerlässlich

Die Statistik, genauer die "Erhebung zur Erwachsenenbildung" sagt uns, dass nur etwa 3,5 Prozent der Erwerbspersonen die älter als 35 Jahre sind, einer formalen, d. h. im öffentlichen Schulwesen anerkannten und zertifizierten Ausbildung nachgehen.
Übersehen wird dabei eben der große Bereich der betrieblichen Weiterbildung. Diese ist aber essenziell für die Unternehmen und die Beschäftigten: Für die ArbeitnehmerInnen ist Weiterbildung bedeutsam, um mit ihrem Können und ihren Qualifikationen am Laufenden zu bleiben, nicht von einem/r ArbeitgeberIn abhängig zu sein, und am Arbeitsmarkt auch zukünftig gefragt zu sein. Für Unternehmen wiederum ist betriebliche Weiterbildung unerlässlich, um in Zeiten des rasanten technologischen Wandels, der sich schnell und stetig verändernden Produkte und Absatzmärkte mithalten und bestehen zu können, oder im besten Fall sogar die Nase vorn zu haben.

Wenige bilden weiter

Trotz diesen auf der Hand liegenden Gegebenheiten bilden zu wenige Unternehmen in Österreich ihre Beschäftigten weiter. Werfen wir zunächst ein genaueren Blick auf die Ausgangslage in Österreich: Zum Zeitpunkt der bis jetzt letzten "Erhebung zur betrieblichen Weiterbildung" (CVTS, 2005) tätigten rund zwei Drittel aller Unternehmen in Österreich Weiterbildungsmaßnahmen; wiederum ein Drittel aller Beschäftigten nahmen an Kursen teil, im Schnitt 27 Arbeitsstunden pro Jahr. Insgesamt wurden 723 Mio. Euro von den Betrieben ausgegeben, davon ca. 60 Prozent als direkte Kurskosten.
Auf den ersten Blick wirken also österreichische Unternehmen als durchaus weiterbildungswillig. Tatsache ist jedoch, dass dies nur für die großen Unternehmen zutrifft. Von den Unternehmen, die zwischen zehn und 49 MitarbeiterInnen beschäftigen, lassen 37 Prozent keine/n Einzige/n davon weiterbilden. Für die Unternehmen bis zu zehn Beschäftigten gibt es allerdings keine offiziellen Daten; die Vermutung liegt aber nahe, dass dort noch deutlich weniger Weiterbildungsaktivitäten vorhanden sind. Gerade dies ist besonders bedenklich, weil Österreich eine ausgeprägt kleinbetriebliche Unternehmensstruktur hat, und die meisten österreichischen ArbeitnehmerInnen in kleinen oder mittleren Betrieben beschäftigt sind (62 Prozent der unselbstständig Beschäftigten laut WKO 2009). Des Weiteren konzentriert sich die Weiterbildungsbereitschaft auf bestimmte Branchen, wie das Versicherungswesen, das zu 100 Prozent weiterbildungsaktiv ist. In bestimmten Branchen wie dem Gastgewerbe und Tourismus oder der Textilindustrie hingegen, ist Weiterbildung durchaus nicht selbstverständlich.

Zeitdruck, Kosten, Zweifel

Als Gründe für die Weiterbildungsabstinenz werden seitens der Unternehmen vielfach Zeitdruck, zu hohe Kosten und Zweifel am Nutzen von Weiterbildungen angeführt. Nun ist es so, dass die Kosten der Weiterbildung relativ leicht darzustellen sind. Jedes Unternehmen muss Buch über seine Ausgaben führen. Doch wie sieht es mit den Erträgen, dem in Geld bewerteten Nutzen aus?
Klarheit über die Erträge ist wichtig: Denn erst wenn klar ist, wie viel Ausgaben für gewisse Investitionen auch wieder einbringen, lässt sich Auskunft darüber geben, ob sie rentabel sind oder nicht. Weiterbildungserträge sind jedoch schwierig zu eruieren. Sie machen zwar einen Teil der Unternehmenserträge aus - neben beispielweise Erträgen aus Sach­investitionen - sind aber in den Ertragsdaten nicht gesondert angeführt. Aus technischer Sicht ist eine solche Berechnung aufwendig und vermutlich deshalb bis vor kurzem auch vermieden worden. Wird sie aber nicht durchgeführt, so entsteht eine Schieflage, weil stets nur die Kosten ins Blickfeld rücken, nie jedoch die Erträge betrachtet werden.
Deshalb, um diese Schieflage ein für alle Mal zu beseitigen und hier Klarheit zu schaffen, hat die AK im Jahr 2008 eine Studie zu dem Thema "Renditen der betrieblichen Weiterbildung in Österreich" in Auftrag gegeben. Eine zweite Studie, die die Auswirkungen auf die Löhne klären sollte, "Mehr Lohn bei betrieblicher Weiterbildung" folgte im Jahr darauf. Beide Studien wurden unter der Leitung von Ass.-Prof. Dr. René Böheim mit Mag. Nicole Schneeweis und Dr. Florian Walkolbinger vom Institut für Volkswirtschaft der Johannes-Kepler-Universität Linz durchgeführt. Insgesamt wurden dafür 3.350 österreichische Unternehmen untersucht.

Je investierten Euro 13 Euro Gewinn

Die konkrete Fragestellung der Studie "Renditen der betrieblichen Weiterbildung" lautete: Wie wirken sich Kosten und Stunden der Weiterbildung auf die Produktivität aus?
Das erste Ergebnis der Studie lautet, dass es einen positiven und systematischen Zusammenhang von Produktivität und betrieblicher Weiterbildung gibt: Firmen, die in Weiterbildung investieren, sind durchschnittlich um vier Prozent produktiver. Heruntergebrochen auf ein einfaches Rechenbeispiel lässt sich zeigen: Ein Unternehmen, das 290 Euro in die Weiterbildung eines Beschäftigten inves­tiert (statt wie bisher 145 Euro) erzielt dadurch durchschnittlich 1.900 Euro mehr Gewinn! Oder: Jeder Euro, der mehr in Weiterbildung investiert wird, bringt dem Unternehmen 13 Euro mehr Gewinn. Eine stattliche Summe, die eindrucksvoll die starke Hebelwirkung der Weiterbildung verdeutlicht.
Ein weiteres interessantes Ergebnis der Studie ist, dass Kurse, die sich den sogenannten "soft skills", sprich der Entwicklung von persönlichen Fähigkeiten, wie etwa Team- bzw. Konfliktfähigkeit und Ähnliches, widmen, höhere Renditen abwerfen als beispielsweise EDV- oder Marketingkurse.

Mehr Lohn bei Weiterbildung?

Nachdem der positive Zusammenhang zwischen Weiterbildungsaktivität und Firmenproduktivität für Österreich geklärt war, beauftragte die AK eine weitere Studie, die sich dem Zusammenhang von betrieblicher Weiterbildung und dem Lohnniveau sowie der Lohnverteilung widmete: "Mehr Lohn bei betrieblicher Weiterbildung? Eine empirische Analyse österreichischer Unternehmen."
Auch diese Untersuchung kommt zu einem erfreulichen Ergebnis: Die ArbeitnehmerInnen profitieren von betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen, denn es gibt einen eindeutigen und bedeutsamen Zusammenhang mit dem Lohnniveau in einem Unternehmen, das Weiterbildung fördert. Ein neuerliches Rechenbeispiel zeigt, dass ein Unternehmen, welches rund 1.000 Euro pro ArbeitnehmerIn im Jahr für betriebliche Weiterbildung ausgibt, im Schnitt fünf bis sieben Prozent höhere Bruttostundenlöhne zahlt, als ein Unternehmen, das diese Investition scheut. Ein zweites, auch für die gewerkschaftliche Arbeit gewichtiges Resultat der Studie ist, dass betriebliche Weiterbildung nicht zu einer Lohnspreizung führt, d. h. sie wirkt sich für alle Beschäftigten positiv aus.

Gesetzesinitiative notwendig

Mit diesen empirischen Resultaten ist eine gute, robuste Grundlage dafür gegeben, die Unternehmen zu mehr Investitionen in die betriebliche Weiterbildung zu veranlassen.
Es liegt nun vor allem bei Österreichs Unternehmen, die entsprechenden Schritte zu setzen. Aber auch eine gesetzliche Initiative für bezahlte Weiterbildungsfreistellungen und sozialpartnerschaftliche Anstrengungen, weitere kollektivvertragliche Regelungen in diese Richtung zu entwickeln, und bestehende mit mehr Leben zu erfüllen, werden notwendig sein.

Internet:
Studie "Mehr Lohn bei betrieblicher Weiterbildung":
tinyurl.com/mehrlohn
Studie "Renditen betrieblicher Weiterbildung":
tinyurl.com/renditenbwb
Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik:
tinyurl.com/wirtschaftspaedagogik

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alexander.schneider@akwien.at petra.voelkerer@akwien.at
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