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Katharina Klee Katharina Klee, Chefredakteurin

Standpunkt | Nicht für die Schule, fürs Leben ...

Meinung

Ich denk jetzt manchmal an "Exit", den Kultfilm von Franz Novotny aus dem Jahr 1980.

In einer der Schlüsselszenen stehlen die beiden Strizzis, die von Hanno Pöschl und Paulus Manker dargestellten Helden der obskuren Geschichte, einen Cadillac mit Yacht am Anhänger. "Reiches G’sindel" empört sich ein braver Bürger, weil sie lärmen - die Antwort der beiden Gauner: "Hätt’s wos glernt …"

"Wos woar mei Leistung?"

Ich habe keine Ahnung, warum mir diese Filmszene vor gar nicht langer Zeit plötzlich wieder in den Sinn gekommen ist. Sie fällt mir immer wieder ein, wenn ich Telefonprotokolle lese, in denen ein gelernter Heizungstechniker sich und andere fragt: "Wos woar mei Leistung?" Und sie fällt mir ein, wenn sein Freund, der ehemalige Finanzminister Briefe vorliest, die davon handeln, dass er nicht nur "zu schön" und "zu intelligent" sei, sondern auch "zu gut ausgebildet" und daher notgedrungen ­Opfer der heimischen Neidgesellschaft.
Oh - damit Sie mich nicht falsch verstehen - ich habe großen Respekt vor einem, der die HTL für Heizung, Sanitär- und Klimatechnik absolviert und später sogar an der Berufsschule unterrichtet hat. Bist dahin war der Karriereweg meines talentierten Landsmannes sogar in guter österreichischer Tradition vorgezeichnet, immerhin gehört seinem Vater, einem ehemaligen ÖVP-Gemeinderat, ein Sanitärbetrieb in der Heimatgemeinde Kematen. So weit, so klassisch, denn Herkunft und Beruf der Eltern entschieden und entscheiden noch heute maßgeblich über den Bildungsweg ihrer Kinder. Allerdings war der tüchtige Tiroler zu Höherem berufen und brachte es - wohl ohne weitere Ausbildungen als die Kaderschulungen der FPÖ - nach und nach zum Tankstellen- und später Boutiquenbesitzer, Bundesgeschäftsführer und Generalsekretär seiner Partei, Fußballspielervermittler, Autofahrer-, Medien- und Südtirolsprecher seiner Partei, PR-Berater, Magazinverleger und Vermittler von Immobilien mit Provisionen in ungeahnten Höhen - und das alles "supernackt". Und manchmal hat man sogar den Eindruck, er hätte gar nichts gelernt.
Mit geholfen hat da wohl ein anderer, der auch eine klassisch-österreichische Bildungskarriere hingelegt hat. Der Sohn des Luxuslimousinenhändlers hat selbstverständlich das Gymnasium besucht und tatsächlich mit Auszeichnung maturiert. Auf das erfolgreiche Studium der Betriebswirtschaftslehre folgte rasch eine Karriere als Fachreferent für Tourismus und Landeshauptmann-Stellvertreter in Kärnten, als PR- und HR-Vizepräsident bei Magna und schließlich Finanzminis­ter. Dass er Magister geblieben ist, obwohl sein Doktorvater ihm auch in dieser Funktion als Berater zur Seite stand, kann wohl nur Zeitmangel zuzuschreiben sein. Den Arbeitstitel seiner Dissertation "Die Senkung der Abgabenquote auf 40 Prozent bis zum Jahr 2010" hat er für sich persönlich gar nicht einmal so schlecht umgesetzt. "Zu erfolgreich", wie Grasser "Im Zentrum" aus einem Fanbrief zitiert.

"Bildungsferne Schichten"

Was das mit einem Bildungsschwerpunkt zu tun hat? "Hätt’s wos glernt" ist so gerne ein Argument der "Erfolgreichen" jenen gegenüber, die am Arbeitsmarkt, in der Gesellschaft, im Wettbewerb zwischen Geld und Geltung die Schlussplätze belegen oder gar scheitern - den "bildungsfernen Schichten" gegenüber. Doch die Möglichkeiten "Was zu lernen" sind in unserem Bildungssystem nach wie vor extrem ungleich verteilt. Im Vergleich mit 18 europäischen Ländern und den USA liegt Österreich am drittletzten Platz, was die Chancen von Kindern betrifft, ihren sozialen Status im Vergleich zu ihren Eltern zu verbessern. Das muss sich ändern - auch damit mehr gebildet genug sind, Blender wie die oben genannten zu entlarven.

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