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Misch dich ein! Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung ­bietet in diesem Zusammenhang eine Chance. Wir wissen, dass ökonomische Entscheidungen niemals auf den Bereich der Ökonomie ­beschränkt bleiben, sondern immer aus gesellschaftlichen Implikationen bestehen.
Letztlich ist es eine Frage des Wollens, ob mündige StaatsbürgerInnen das Ziel der Ausbildung sind.

Misch dich ein!

Schwerpunkt

Ökonomische Bildung als Grundlage für ein allgemeines Gesellschafts- und Wirtschaftsverständnis.

Vor einiger Zeit sah ich einen Cartoon, der ein Ruderboot zeigt, dessen Bug in einem 45-Grad-Winkel aus dem Wasser ragt, während das Heck im Wasser versinkt. Zwei Personen steht das Wasser bis zum Hals und zwei balancieren am Bug im Trockenen. "Nur gut, dass das Loch auf der anderen Seite ist", steht in der Sprechblase der beiden im Trockenen. Ein geniales Bild, um die Vernetzung - auch unseres Wirtschaftssys­tems - darzustellen. Die Wirtschaft ist das Boot, in dem wir "alle" sitzen. Deswegen mussten wir auch die Löcher - während der Finanzkrise - stopfen, die sonst große Turbulenzen bis zum Untergang zur Folge gehabt hätten. Gerade während einer Finanz- und Wirtschaftskrise stellt sich die Sinnfrage, die öffentlich zu debattieren und demokratisch zu entscheiden ist: Welchen Kurswechsel der Bootssteuerung sollen wir vornehmen? - oder welche Ufer soll das Boot keinesfalls ansteuern?

Eine Frage der Wirtschaftskompetenz

Zeiten des Umbruchs sind Zeiten von Widersprüchen. Es sollte die Möglichkeit bestehen, alles in Frage zu stellen und zu debattieren. Gleichzeitig gibt es auch viele Menschen, die sich ausgeliefert gegenüber einer komplexen unverständlichen Welt fühlen, in der ihre Meinungen keine Auswirkungen zu haben scheinen. Eine kritische Auseinandersetzung über die Wirtschaftskrise ist daher eine Frage der Wirtschaftskompetenz und der Werteverfassung des Einzelnen, einer Gesellschaft und damit auch der ökonomischen Bildung.
Was sollen Jugendliche an allgemeinem Gesellschafts- und Wirtschaftsverständnis lernen in einer Zeit, in der heute nichts so ist, wie es gestern war und wie es morgen sein wird? Durch die Wirtschaftskrise bekamen wir die Globalisierung mit voller Wucht zu spüren, wir sehen einerseits den Umfang der Veränderungen der letzten zwei Jahrzehnte auf den Finanzmärkten, und andererseits die Fragilität unseres Systems. Alle Lebensbereiche wandeln sich, die Produktion erfolgt in globalen Netzwerken, mit der Konsequenz, dass unsere Arbeitswelt mit - zum Teil sehr schwierigen - Arbeitsbedingungen im Wettbewerb steht. Zukunftstechnologien, der demografische Wandel, die Auswirkungen des Klimawandels, die angespannte budgetäre Situation des Staatshaushaltes bereits vor der Finanzkrise sind nur einige wenige Treiber der Veränderung.
Was also muss Jugendlichen an allgemeinem Gesellschafts- und Wirtschaftsverständnis vermittelt werden, damit sie morgen ökonomische Zusammenhänge verstehen, sich für die Weiterentwicklung der Gesellschaft engagieren und Entscheidungen verantwortungsbewusst treffen können? Müssen BürgerInnen überhaupt darüber Bescheid wissen, reicht es nicht, wenn die Entscheidungsträger informiert sind? Viele - wenn nicht die meisten - unserer Entscheidungen haben eine ökonomische Dimension. Wer handelt, entscheidet! Und wer entscheidet, sollte in der Lage sein, seine Entscheidung auch zu begründen. Ökonomische Bildung benötigt daher neben der Vermittlung von Grundlagenwissen auch einer argumentativen Auseinandersetzung durch das Abwägen des Für und Widers von Positionen - insbesondere bei gesellschaftlich strittigen Themen -, um eine Entscheidung begründet treffen zu können. Erst durch das selbstreflektierte Handeln wird ein Bürger zum mündigen Bürger!
Es ist auch eine Frage des inhaltlichen Ansatzes, Ökonomie zunehmend als Verhaltenswissenschaft zu verstehen. Wo sonst die Verflechtungen der Komplexität einer Volkswirtschaft im Vordergrund stehen und in Modellen ausgedrückt werden, vertritt die ökonomische Verhaltenswissenschaft den Ansatz, dass der Homo Oeconomicus grundsätzlich auf der Basis einer Abwägung von Alternativen entscheidet, d. h. es kommen neben Wissen und Erfahrungen auch Wertvorstellungen ins Spiel.
Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung bietet in diesem Zusammenhang eine Chance. Wir wissen, dass ökonomische Entscheidungen niemals auf den Bereich der Ökonomie beschränkt bleiben, sondern immer aus ökologischen und soziokulturellen bzw. gesellschaftlichen Implikationen bestehen.
Jugendliche - die in Österreich bereits mit 16 Jahren wählen dürfen - sind nicht zu jung, um ökonomische Zusammenhänge zu verstehen. Sie können sich ihre eigene begründete Meinung bilden und ihr Leben in der Gemeinschaft aktiv, selbstbestimmt und verantwortend gestalten. Letztlich ist es eine Frage des Wollens, ob mündige StaatsbürgerInnen das Ziel der Ausbildung sind.

Internet:
Website zum VWL-Perspektiven-Seminar
www.ifte.at

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entrepreneurship@gmx.at
oder die Redaktion
aw@oegb.at

INFO&NEWS
Mit dem Projekt "Misch dich ein! - Generationen im Dialog" (durch das BKA, Stadt Wien, AK Wien, Ökosoziales Forum, ifte.at und der KPH Wien/Krems gefördert) wird der offene Dialog  - im Sinne eines Debattierclubs gestärkt. Ziel ist es, LehrerInnen und SchülerInnen mit dieser interessanten Methode vertraut zu machen. Demokratische Prozesse und Werte kann man nicht auswendig lernen. Ihre Entfaltung benötigt eine Mischung aus Zuhören, überzeugender Argumentation und der Bereitschaft aufeinander einzugehen. Die Steigerung des Interesses für gesellschaftliche Themen bedingt die Beteiligung daran.
Die Debatte ist keine Diskussion. Sie folgt strengen Regelwerken, die bewusst geschaffen wurden, um Auseinandersetzungen einen klaren Rahmen für eine demokratische Diskussionskultur zu geben. Durch eine begrenzte Redezeit ist sichergestellt, dass man sich auf die wichtigsten Punkte konzentriert. Da jede Seite abwechselnd zu Wort kommt, sind die Redner ermutigt aufeinander besser einzugehen. Debatten zeichnen sich im Besonderen dadurch aus, dass es Teams sind, die gegeneinander antreten.
Im Rahmen des Projektes werden "Debatten" durchgeführt z. B. zum Generationenvertrag oder zur Jugendarbeitslosigkeit und ein LehrerInnen-Handbuch für den Einsatz in der Schule - z. B. im Maturajahr - erarbeitet. Beim 9. VWL-Perspektiven-Seminar "Ökonomische Bildung zwischen Status quo und Zukunftsorientierung" (19.-21.10.2011) - in langjähriger Kooperation mit dem Arbeitswelt-und-Schule-Projekt der AK Wien und des ÖGB, der OeNB, ifte.at, Bank Austria und der KPH Wien/Krems - wird das LehrerInnen-Handbuch präsentiert und u. a. zum Thema "ökosoziale Marktwirtschaft" eingesetzt werden. Zentrale Fragen des Seminars sind: Was sind die Grundlagen eines allg. Gesellschafts- und Wirtschaftsverständnisses? Wie kann die argumentative Auseinandersetzung und Reflexion - im Sinne von Debattierclubs - bereits in der Schule gestärkt werden? Wo ist Raum in der Marktwirtschaft für Ethik? Welche ökonomische Bildung wird in Demokratien benötigt? Wie kann der mündige Staatsbürger gestärkt werden?
Details: www.ifte.at

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