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Katharina Klee Katharina Klee, Chefredakteurin

Standpunkt | Zeit ist Geld

Meinung

Zeit ist Geld, sagen besonders jene gerne, die sowohl vom einen als auch vom anderen nicht genug zu haben glauben.

Und sie geben das eine für das andere in der Hoffnung, später einmal ausreichend vom anderen zu haben, um sich das eine möglichst angenehm zu gestalten.

Ein verderbliches Gut

Aber diese Rechnung geht nur selten auf. Denn Zeit ist ein leicht verderbliches Gut. Es lässt sich nur selten später genießen, ohne dass es an Geschmack, an Wertigkeit, an Substanz verliert. Zeit hat ein unbarmherziges Ablaufdatum. Sie wird nie mehr so schmecken wie im Augenblick. Zeit kann man nicht anlegen, sie bringt keine Zinsen. Zeit wird schal, verliert ihre Energie. Zeit verdirbt schnell. Geld ja auch, zumindest den Charakter angeblich.
Und doch gehen wir mit Geld um so viel sorgsamer um als mit unserer Zeit. Denn während wir das eine sicher verwahren, lassen wir uns die andere nur allzu gerne stehlen. Und manche sind eher geneigt, ihrem Arbeitgeber Zeit zu schenken als ihren Lieben, da geizen sie plötzlich mit den Stunden. Lieber verschwenden wir die Zeit vor Computer und Glotze.
Und doch haben manche das Gefühl, mit Zeit geizen zu müssen. Sie starten wilde Hupkonzerte, wenn sie das Gefühl haben, dass ihnen jemand im Straßenverkehr Zeit raubt. Sie rennen fluchend der Straßenbahn hinterher, obwohl die Leuchtanzeige der Verkehrsbetriebe schon drei Minuten später den nächsten Wagen verspricht.
Und dann gibt es noch die Wirtschaft, die uns immer wieder Produkte und Dienstleistungen verkauft, die uns helfen sollen Zeit zu sparen - vom Wäschetrockner bis zum Fast-Food. Und die oft teuer erkaufte, ersparte Zeit wird dann wieder - unter Einsatz von Geld - totgeschlagen.
Das rächt sich mit der Zeit, so wie beim verrückten Hutmacher in einer meiner Lieblingsgeschichten, jener von "Alice im Wunderland". Weil er die Zeit beleidigt hat, ist er zur ewigen Teeparty verdammt. Und wenn man es genau betrachtet, ist das nicht viel besser als das Hamsterrad, in dem wir alle uns immer wieder finden.
Gerade eben noch haben wir auf das neue Jahr angestoßen und schon ist der Jänner fast vorbei. Die Zeit scheint Jahr für Jahr noch schneller zu vergehen, die Tage, Wochen, Monate fliegen nur so dahin. Und zur Erschöpfung vom Vorweihnachtsrummel, gesellt sich der Stress des Jahresbeginns. Nur wenige schaffen es in dieser Zeit der kurzen Tage und langen Nächte ein bisschen zur Ruhe zu kommen, geschweige denn abzuschalten - das Handy, den Computer, den eigenen Kopf, der To-do-Listen rattert. Für viele Frauen verstärkt sich die Doppelbelastung gerade in diesen Feiertagen, denn nach wie vor sind es meist sie, die für das Wohlbefinden von Mann und Kindern sorgen, die ihre Zeit zwischen Beruf und Familie aufteilen.

Mit Vollgas ins neue Jahr

Ich muss mich da selbst an der Nase nehmen, ich gehöre auch zu denen, die mit Vollgas ins neue Jahr gestartet sind, die immer wieder vergessen, dass sie sich auch ein wenig Zeit für sich nehmen sollten. Dann denke ich immer an die Psychologin Vera Birkenbihl, die in einem ihrer Vorträge rät, man solle sich immer wieder überlegen, wie es wäre, wenn man nur noch drei Monate zu leben hätte - wie würde man seine Zeit dann verwenden?
Und keine, keiner von uns kann sicher sein, dass sie oder er noch drei Monate zu leben hat, denn jede, jeder kann morgen sterben. Wir vergessen gerne, wie wertvoll die Zeit ist, ein Wert, der sich kaum in Geld abgelten lässt.
Ich wünsche Ihnen im neuen Jahr Zeit für sich und Ihre Lieben, Sie müssen sie sich bloß nehmen.

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