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Private wirtschaften besser... Podiumsdiskussion mit ÖGB-Präsident Erich Foglar, Julia Bachtrögler, Vorsitzende der wipol akademie Wien/NÖ, Moderator Josef Aff von der WU Wien, Politikwissenschafter Adam Pawloff, »Göttin des Glücks«-Chefin Lisa Muhr und Buchautor Sebastian Dullien.
Buchtipp

Kapitalismus im Umbruch?!

Wirtschaft&Arbeitsmarkt

Die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise waren das Thema eines volkswirtschaftlichen Seminars für SchülerInnen und Lehrende.

Das Wirtschaftssystem, das unser Leben prägt, ist ins Wanken geraten. Stehen wir vor einem Systemabsturz? Wenn ja, wie sollte der Neustart aussehen? Oder ist es lediglich eine etwas stärkere Schwankung des »Auf und Ab« der Märkte?
In den letzten zwei Jahren ging es bei vielen Wirtschaftsmeldungen um Verluste in Milliardenhöhe - es besteht ein enormer Bedarf an Sanierung durch Steuergelder. Die Verantwortung der Verursachenden scheint sich verflüchtigt zu haben, die Verluste werden sozialisiert.
Zurück bleiben die Steuerzahler, die die eingebrockte Suppe auszulöffeln haben. Wie sollen Demokra-tien auf den sozialen Sprengstoff der Finanz- & Wirtschaftskrise reagieren?
Zum Thema »Kapitalismus im Umbruch?!« fand das 8. VWL-Perspektiven-Seminar - in langjähriger Kooperation mit dem »Arbeitswelt und Schule«-Projekt der AK Wien und des ÖGB, der OeNB, ifte.at und der KPH Wien/Krems statt.
Im Zentrum stand der Diskurs über die Ideengeschichte der Ökonomie und mögliche Modelle für eine Zukunft einer verantworteten Marktwirtschaft.
Am dritten Tag des Seminars diskutierten 75 LehrerInnen und 250 SchülerInnen über »Der gute Kapitalismus ... und was sich da-für nach der Krise ändern müsste«. Die SchülerInnen waren eingeladen, einen Artikel über diesen Tag zu verfassen. In das Finale kamen die drei Artikel von Pia Hopfenwieser, Raphael Zajac und Sabrina Kotrba.

Den Artikel von Pia Hopfenwieser möchten wir Ihnen hier vorstellen:

Kapitalismus und Demokratie

Wie kann ich meine Heimat, unsere Wirtschaft oder sogar die ganze Welt beeinflussen, und vor allem in welche Richtung soll und kann ich sie überhaupt verändern? Das ist eine Frage, mit der sich jede/r Einzelne/r von uns leider viel zu selten wirklich intensiv beschäftigt. Warum auch, wenn es doch immer so schöne Sündenböcke für alles gibt. Wird die Umweltbedrohung besprochen, so zeigt jeder nur allzu gern auf die böse Fabrik, und bei der Finanzkrise fällt der Blick automatisch übers Meer nach Amerika und zu den, natürlich immer hämisch grinsenden, Börsenmaklern/-innen. Doch ist es wirklich so einfach?

KonsumentInnen entscheiden

Wenn es darum geht zu entscheiden, welche Art des Wirtschaftens gefördert wird beziehungsweise welches Unternehmen wächst, dann ist es der Konsument, der alle Macht in den Händen hält und damit eigentlich auch, wenn auch nur indirekt, mit die Verantwortung trägt, wenn er oder sie zum Beispiel die Produkte kauft, bei deren Erstellung unsere Umwelt durch die Abgase der Fabrik geschädigt wurde.

Wir haben die Wahl

Doch nicht nur als KonsumentIn trägt jede/r von uns die Verantwortung für das was passiert, sondern auch als kritische/r und vor allem informierte/r Wählerin/Wähler bin ich eingebunden in die Entwicklung unserer Wirtschaft. Oft ist die Politik regiert von kurzsichtigen Entscheidungen und der Angst, mit notwendigen Reformen einzelne WählerInnen abzuschrecken. Doch das ist eigentlich nur eine logische Folge des Wahlverhaltens vieler, die sich entweder uninformiert oder viel zu eigensinnig entscheiden und das Gesamtwohl vergessen.
Damit fehlt der Mut, dringend notwendige Reformen, wie zum Beispiel strengere Regeln für den Finanzsektor oder auch eine stärkere Förderung für Umweltschutzmaßnahmen, tatsächlich umzusetzen. Es ist dieselbe Mutlosigkeit, die auch eine Ursache für die noch nicht ganz überstandene Finanzkrise war, denn auch damals war die Angst, mit einer strengeren Regulierung der Finanzmärkte vielleicht den einen oder anderen Aktionär zu verlieren, ausschlaggebend.
Aber natürlich hat die Politik nur begrenzte Möglichkeiten, Grenzen zu setzen und die Entwicklung der Weltwirtschaft langfristig und vor allem positiv zu verändern. Es bringt zum Beispiel nur eingeschränkt etwas die Tabaksteuer zu erhöhen, wenn am Ende doch jeder/jede einzelne RaucherIn entscheidet, sich nicht von der Sucht zu befreien. Es muss stattdessen ein Umdenken in den Köpfen der Menschen, aber auch in der öffentlichen Meinung stattfinden, um, gemeinsam mit unterstützenden Maßnahmen der Politik, wie eben der Tabaksteuer, tatsächlich etwas verändern zu können.

Kapitalismus und Demokratie

Das bedeutet, dass sich jede/r Einzelne selbst damit auseinandersetzen muss, welche Werte er/sie in der Gesellschaft verankert sehen will, und dann auch dazu beitragen diese zu festigen. Prof. Dr. Sebastian Dullien, Professor für allgemeine Volkswirtschaftslehre an der HTW Berlin, hat während des VWL-Perspektiven-Seminars zum Thema »Kapitalismus und Demokratie« dazu beigefügt, dass dem Einfluss von einzelnen KonsumentInnen auf die Wirtschaft Grenzen gesetzt seien, weil unser »switch« von Sozial- auf Marktmodus uns dazu bringt, am Ende doch hauptsächlich an einem geringen Preis interessiert zu sein.
Natürlich wird sich jemand der finanziell nur eingeschränkt dazu in der Lage ist öfter gegen teureres Bio-Gemüse entscheiden, und selbst für BesserverdienerInnen überwiegen oft die rein wirtschaftlichen Argumente über Nachhaltigkeit oder die eigenen Werte. Aber auch wenn es nur wenige Kaufentscheidungen sind, die wir uns als informierte KonsumentInnen ein zweites Mal überlegen, wäre das ein Schritt in die richtige Richtung.

Fehlender Realitätssinn

Ein weiteres Beispiel dafür, wie wir alle zumindestens teilweise Mitschuld haben an dem Schlamassel, in dem die Weltwirtschaft heute steckt, ist der fehlende Realitätssinn vieler ÖsterreicherInnen, wenn es um das stark reformierungsbedürftige Pensionssystem geht. Der Großteil der Staaten der Europäischen Union hat eingesehen, dass es zwar natürlich nett wäre, wenn wir nicht so lange arbeiten müssten, aber anhand der immer älter werdenden europäischen Bevölkerung leider finanziell schwer machbar. Anstatt aufgrund der Gefahren einer zu hohen Verschuldung von deutlich über 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts die Notbremse zu ziehen und den Spargürtel anzulegen, werden die Pensionen in Österreich anlässlich des neuen Budgets unangetastet gelassen, um den WählerInnen keine Angst zu machen. Ironischerweise wird aber dafür das Kindergeld sehr wohl gekürzt.
Während die Finanzkrise im ersten Augenblick hauptsächlich ein Schock für KonsumentInnen, Anleger, Unternehmen und die Politik war, so sollte man sie auch positiv sehen können. Denn sie bietet nicht nur die Möglichkeit für die Durchsetzung dringend notwendiger Reformen, sondern hilft auch ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wich-tig nachhaltiges Wirtschaften für uns alle ist.

Weblinks
»Kapitalismus im Umbruch?!« ein ZIS-Spezial (Heft 4/2010) mit 150 Zeitungsartikel fachdidaktisch bearbeitet.
www.zis.at
Website zum VWL-Perspektiven-Seminar
www.ifte.at

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