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Konsolidierungspaket 2011-2014 Statt gezielt bei diskussionswürdigen Ausgaben einzusparen, Strukturreformen zumindest zu beginnen und auch teure Steuervorteile als zu kürzende Kosten in Betracht zu ziehen, hielt man sich weitgehend an die »Rasenmähermethode«.
Konsolidierungspläne neu

Konsolidierungspaket 2011-2014

Schwerpunkt

Das Budget 2011 ist kein Wunschpaket der ArbeitnehmerInnen, selbst wenn mit höheren vermögensbezogenen Steuern richtige Schritte gesetzt werden.

Gut zwei Jahre sind seit Beginn der schwersten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren vergangen. Seitdem stieg nicht nur die Arbeitslosigkeit an, sondern auch die krisenbedingte Neuverschuldung. Mehr noch als die staatlichen Stützungsmaßnahmen wirkten die Einnahmenausfälle defizittreibend. Mit dem Konsolidierungspaket legte die Bundesregierung Ende Oktober nun konkret fest, wie man das Schuldenwachstum bremsen will. Der Defizitabbau soll nun bereits schneller erfolgen, als im Jänner (Stabilitätsprogramm) bzw. April (Bundesfinanzrahmengesetz, kurz BFRG) festgelegt wurde - obwohl 2011 nur um 1,8 statt 2,7 Milliarden Euro auf Bundesebene konsolidiert wird.

Steuerliche Möglichkeiten nutzen

Dieser Spagat gelingt durch die heurige »Wachstumsdividende«, die etwa in Form deutlich höherer Steuereinnahmen u. a. durch die nunmehr weniger stark angespannte Beschäftigungssituation zu verzeichnen war.
So wie sich 2009 bestätigt hat, dass nichts so defizittreibend ist wie eine schlechte wirtschaftliche Entwicklung, sieht man nun durch die raschere Erholung den gegenteiligen Effekt. Somit zeigt sich indirekt auch, dass nicht ein »über-den-Verhältnissen-Leben« der Allgemeinheit, sondern die Folgen eines gescheiterten Finanzsystems den Ausgangspunkt für dieses Paket bilden.
Die Anforderungen an die Budgetpolitik nach der Krise leiten sich davon ab: Es muss der weiterhin hohen Unsicherheit hinsichtlich der konjunkturellen Entwicklung - etwa durch die negativen Effekte der Sparpakete in der EU - bzw. der immer noch über dem Niveau vor der Krise liegenden Arbeitslosigkeit Rechnung getragen werden.
Es sollten steuerliche Möglichkeiten genutzt werden, Krisenursachen wie ungleiche Verteilung und den krisenanfälligen Finanzsektor zumindest ansatzweise einzudämmen. Drittens dürfen notwendige Zukunftsausgaben wie für qualitativ hochwertige Bildung, Kinderbetreuung, Integration, Energiewende und Pflege dadurch nicht beschränkt werden. Schließlich sollte die Konsolidierungslast gerecht verteilt werden - unter Berücksichtigung der Beitragsfähigkeit, der Gewinne der letzten finanzgetriebenen Wachstumsphase sowie den gerade durch die Stabilisierungsmaßnahmen bereits wieder besonders kräftig wachsenden Vermögen.
Gemessen an diesen Kriterien greift das Konsolidierungspaket zu kurz. Gegenüber dem BFRG weist es aber klare Verbesserungen auf. Insbesondere das Offensivpaket mit den Schwerpunkten Bildung, Forschung und thermische Sanierung sowie das kleinere Konsolidierungsvolumen sind hier zu nennen. Auch die erstmals seit Jahrzehnten wieder steigende Abgabenleistung von Vermögen und Unternehmen geht in die richtige Richtung.
Es hätte eigentlich mehr sein dürfen bzw. müssen. Ebenso hätte es jedoch schlechter kommen können, wenn der Finanzminister seine Androhungen wahr gemacht hätte.

Rasenmähermethode

Beträchtlich höhere Ausgabenkürzungen, keine Offensivmaßnahmen, und wenn schon Steuern nur Massensteuern mit »Ökomascherl«. Wirtschaftslobbys, Wirtschaftskammer und manche WirtschaftsforscherInnen forderten ebenfalls kurzfristig milliardenschwere Ausgabenkürzungen, die zwangsläufig zu Belastungen für die Bevölkerung entweder in Form geringerer oder schlechterer Leistungen gegangen wären. Gekommen ist davon nur wenig - und das ist gut so.
Der unerfreulichste allgemeine Punkt des Konsolidierungspaketes betrifft trotzdem die Ausgabenseite: Statt gezielt bei diskussionswürdigen bzw. nicht mehr zeitgemäßen Ausgaben deutlich einzusparen, mittelfristige Strukturreformen zumindest zu beginnen und im Zweifelsfall auch teure Steuervorteile im Privatpensions- oder Familienbereich als zu kürzende Kosten in Betracht zu ziehen, hielt man sich weitgehend an die im April im Zuge des BFRG festgelegte »Rasenmähermethode«.
Hierbei wurde einfach in allen Bereichen derselbe Prozentsatz abgeschnitten - lediglich sensible Bereiche wie Bildung und Arbeitsmarkt wurden mit »höheren Schnittstufen« etwas geschont. Damit war bereits im April besiegelt, dass es etwa bei der Familienförderung zu empfindlichen Einschnitten kommen wird.

Länder nicht eingebunden

Zumindest punktuell wird nun von den BFRG-Vorgaben abgewichen: Mehrausgaben in Form von Offensivmaßnahmen wurden ermöglicht, EU-finanzierte Ausgaben herausgerechnet, Sparbeiträge reduziert und Rücklagenauflösungen, Verschiebung innerhalb des staatlichen Sektors sowie automatische Minderausgaben (durch die bessere konjunkturelle Entwicklung) angerechnet.
Letztlich ist die bisher fehlende substanzielle Einbindung der Länder kritisch zu sehen, denen ohne höhere Verantwortung für den gesamtstaatlichen Budgeterfolg und ohne Beteiligung an Offensivmaßnahmen im Bereich beschäftigungsintensiver Wachstumsbereiche (z. B. Kinderbetreuung, Pflege) frei verfügbare höhere Ertragsanteile zugestanden werden. Betrachtet man die konkreten Maßnahmen, so fällt zunächst Offensichtliches auf: Milliardenschwere Ausgabenkürzungen sind kurzfristig nur durch unbeliebte Leistungskürzungen möglich.
Doch das muss differenzierter gesehen werden: Während es in den Budgetuntergliederungen wie z. B. Pensionen und Gesundheit relativ gut gelungen ist, negative Effekte zu beschränken, ist das im Familienbereich anders: Statt wenig effektive und eher BesserverdienerInnen zugute kommende teure Steuervorteile wie den Kinderfreibetrag abzuschaffen, werden etwa Studierende und arbeitslose Jugendliche bzw. deren Eltern besonders hart getroffen.
Im Bildungs- und Wissenschaftsbereich gibt es zwar jeweils 80 Millionen Euro zusätzlich im Jahr, doch gleichzeitig werden sinnvolle Ausgaben - etwa für anwendungsorientiertere außeruniversitäre Forschungseinrichtungen oder Bau- und Fördermaßnahmen für Menschen mit Behinderung - gekürzt oder verschoben. All das ist nicht zu beschönigen - es hätte substanziell korrigiert werden müssen.

Steuern auf Vermögenszuwächse

Einnahmenseitig finden sich überwiegend positive Aspekte. So ist die Bankenabgabe ein Versuch, die MitverursacherInnen der Krise zu belasten. Weiters sind die höheren Steuern auf Vermögenszuwächse und manche Stiftungserträge begrüßenswert.
Problematischer ist die Erhöhung der Mineralölsteuer, vor allem weil es zu keiner Reform des Pendlerpauschales gekommen ist, die mit einer Umstellung auf einen Absetzbetrag mit höherer Abgeltung für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel eher ökologische Lenkungseffekte und soziale Ausgewogenheit erzielen hätte können. Insgesamt wurde durch das Budgetkonsolidierungspaket ein erster Schritt in Richtung höherer kapital- und vermögensbezogener Steuern gesetzt, dem weitere folgen sollten. Es ist weder ein großer Wurf noch ein Wunschpaket der ArbeitnehmerInnen, aber besser als anzunehmen war. Es erfolgt damit weder ein Frontalangriff auf staatliche Strukturen, noch wird der Schwerpunkt der Einnahmenerhöhungen auf Massensteuern gelegt.
Entscheidend für die Zukunft wird sein, ob in der Wirtschaftspolitik nun wieder mehr auf beschäftigungs-, bildungs-, verteilungs- und umweltpolitischen Aspekte geachtet wird - oder diese durch eine jahrelange Sparzwangslogik hintangestellt werden.

Weblinks
AK-Analysen der Budgetpolitik:
tinyurl.com/35qc76g
Konsolidierungspaket der Bundesregierung vom 23. Oktober:
tinyurl.com/33vnbff

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