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Apfelschmus Apple ist ein Statussymbol - schick, cool und deshalb verletzlich bei Kampagnen. Die Identifikation mit Apple-Produkten ist bei den KonsumentInnen so stark, dass man sie mit der Wahrheit über die Arbeitsbedingungen treffen kann.

Apfelschmus

Schwerpunkt

Fans von Apple Hard- und Software haben iPads, iPods, iTunes und iBooks. Wie bei allen Herstellern, steckt derzeit auch in Apple der Produktions-Wurm.

Sonnige Tage in Cupertino im Silicon Valley. Das Durchschnittshaushaltseinkommen der 50.000 EinwohnerInnen beträgt 143.000 Dollar, 65 Prozent haben zumindest einen Bachelor-Abschluss, 96 Prozent einen Internetzugang. Diese Daten präsentiert die Stadt-Homepage. Der größte Arbeitgeber ist Apple in der Zentrale am Apple-Campus. Ein Plastik-Märchen: Steve Jobs und Stephen Wozniak entwickelten den Apple I 1976 in der Garage. Neben Apple residieren 60 Hightech-Firmen in der Stadt, z. B. HP, Symantec, NetManage.

In 30 Jahren Umsätze verdreifacht

»Wir sind seit 30 Jahren hier. In dieser Zeit haben sich unsere Umsätze von sechs Mio. auf 20 Mio. verdreifacht«, eröffnete CEO Jobs jüngst dem Stadtrat.
Im Südwind-Büro werkt Andrea Ben Lassoued, 32, auf einem HP-Notebook. Ben Lassoued ist Leiterin von Clean-IT, eine Kampagne von Südwind und Teil des europäischen Projekts «Procure IT fair«. Die Kampagnenleiterin ist sicher: »Kein Computer ist fair produziert, doch als Konsument habe ich derzeit keine Alternative.«
Obwohl Apple großen Wert auf ein gutes Image legt, sind die Herstellungsbedingungen so schaurig wie bei anderen IT-Firmen. Die gesamte Herstellung des Apple Tablet (iPad) bei der chinesischen Firma Foxconn kostet 260 Dollar - 250 Dollar für Display, Mikrochips, Akku,WiFi-Antenne plus neun Dollar (!) für die Endmontage (nachzulesen bei www.isuppli.com).
Eine Selbstmordserie von Foxconn-ArbeiterInnen, die weiterhin anhält, beschäftigte Medien und KonsumentInnen. Auch Firmen wie Hewlett Packard, Dell, Fujitsu Siemens Computers lassen in Billiglohnländern produzieren, lagern an Flextronic, Foxconn, Inventec etc. aus. »Vor ein paar Jahren wusste kaum jemand Bescheid, wie und wo Computer hergestellt werden«, erklärt Andrea Ben Lassoued. »KonsumentInnen können sich kritisch bei Firmen erkundigen.« Das wird bei Apple schwierig: »Kein Kommentar« ist die Devise. Doch Ben Lassoued ist sicher: »Apple ist ein Statussymbol - schick, cool und deshalb verletzlich. Apple hat bereits Probleme, denn die Identifikation mit Apple-Produkten ist so stark, dass etwa die Wahrheit über Foxconn die KonsumentInnen schon trifft«.
Nico P., 43, Videokünstler und überzeugter Apple-Fan, ist gegen Clean-IT-Kampagnen immun. Nach zwei Power Mac G4 arbeitet der Künstler nun mit einem Apple MacBook Pro. Mit seinem iPhone telefoniert er nicht bloß. Von Videos schneiden, Musik aufnehmen, elektronisch erzeugen und visualisieren bis Bildbearbeitung nutzt der Wiener seinen Apple. Überzeugung: »Die ganze Software ist toll. Apple ist extrem durchdacht, das Design fantastisch, das Touchpad eine Freude und die Verarbeitung großartig.« Ein Seitensprung konnte Nico P. nicht überzeugen: »Ich bin kein Windows-Freund. Es gab ständig Probleme mit Viren und Abstürzen.« Doch über Apple ist er auch verärgert: »Die Preise sind ein Skandal, die Konsumenten werden verarscht. Wenn du weniger brauchst, musst du mehr zahlen - etwa, damit der Monitor nicht verspiegelt ist.« Die unfairen Produktionsbedingungen machen ihm weniger Sorgen: »Das ist unser Wirtschaftssystem, das Firmen zwingt in andere Länder auszuweichen. Die Rohstoffe sind das Riesenproblem.«

700 Stoffe werden benötigt

Rund 700 verschiedene Stoffe werden für die Produktion von Computern benötigt. Hier beginnt der ungesunde Kreislauf, setzt mit grausigen Arbeitsbedingungen fort, endet beim fahrlässig entsorgten Elektronikschrott.
Auch Andrea Ben Lassoued ärgert sich über Apple: »Steve Jobs sagte, dass es bei Foxconn gar nicht so schlimm ist.« Auf der Branchenkonferenz »All Things Digital« im kalifornischen Pancho Palos Verdes beschwichtigte der CEO: Der Konzern sei »kein Ausbeuterbetrieb«. Auf dem Fabriksgelände in Shenzhen seien »Restaurants, Kinos, Krankenhäuser und Schwimmbäder. Für eine Fabrik ist es da ziemlich nett«. Die Arbeitsbedingungen würden von Apple geprüft. Apple ist »eines der besten Unternehmen weltweit in seiner Branche, wenn nicht gar überhaupt«, wenn es darum gehe, die Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette zu »verstehen«. Ben Lassoued verlässt sich freilich nicht auf die Recherchen von Apple: »Es ist sehr gefährlich, in die Fabriken zu gehen, zu forschen und mit den ArbeiterInnen zu sprechen. Partnerorganisationen wie SACOM übernehmen das. Bei Foxconn wachen rund 1.000 Sicherheitsleute pro Firma.«
Doch Apple verkauft Lebensgefühl nicht nur Unterhaltungselektronik. Scheffelt gigantische Umsätze, obwohl der Kundenservice kränkelt. Auf einen iPhone-Lieferengpass für Weihnachten 2008 folgten Beschwerden, die nicht mal beantwortet wurden. Das kann Apple-KonsumentInnen nicht abschrecken: Apple gilt als hipp, künstlerisch, aufgeschlossen. Andere Computerhersteller setzten auf technische Möglichkeiten, Apple erkannte die emotionale Bindung der NutzerInnen zum Gerät.

Clean IT ist nicht Fair IT

Clean-IT und Partner kämpfen weiter um faire Herstellungsbedingungen: »Es gibt europaweit Erfolge, aber bisher nicht im IT-Bereich, sondern etwa bei Clean Clothes«, erklärt Ben Lassoued.
Einige Versuche nachhaltig produzierter Elektronik: ökologische PC-Maus vom WWF (z. B. Gehäuse aus Recyclingkunststoffen, Verzicht auf FCKWs), ökologische Tastatur in Deutschland. Die österreichische Firma Kerp entwickelte 2005 eine kabellose Öko-Maus mit LED-Technik, bleifrei gelötet. »Green IT« nicht »Fair IT«. Keines der Produkte ist mehr erhältlich. Aktuell ist eine faire LED-Kabelmaus von PheFE (Projekt zur Herstellung Fairer Elektronik; www.phefe.de) geplant - menschenwürdige Arbeitsbedingungen, sichere Produktion, Berücksichtigung von Sozial- und Ökobilanz. Andrea Ben Lassoued und ihr Team kümmern sich derweil um die österreichische Beschaffungstaktik, sei es mit Petitionen oder Gesprächen mit Entscheidungsträgern: »Konsumenten können Druck ausüben, indem sie bei Firmen nachfragen, sich beim Kauf erkundigen und Petitionen unterschreiben. Wir versuchen, Einfluss auf die sozial faire Beschaffung von Computern auszuüben. Etwa auf Ministerien, Schulen und Krankenhäuser. Wenn in großem Maßstab eingekauft wird, kann sehr wohl Druck auf die Erzeugerfirmen ausgeübt werden.« Die Bundesbeschaffung GmbH (BBG) ist der Einkaufsdienstleister der öffentlichen Hand. »Die Reaktion der BBG war positiv, allerdings nur was Green-IT betrifft.«
Bisher nicht erfolgreich waren eindringliche Bemühungen, mit Hans Sünkel, Präsident der Österreichischen Universitätenkonferenz, in Kontakt zu treten - auf zahlreiche Anfragen erfolgte keine Reaktion. »Wenn alle Rektoren in Österreich mitmachen würden, dann wächst auch der Druck auf die Bundesbeschaffung GmbH.« Dabei konnte Clean-IT eine 4.500 Unterschriften starke Petition vorlegen, die eine faire Beschaffung von Computern für Unis forderte. Andrea Ben Lassoued: »Empfehlen kann man derzeit noch gar nichts. Clean-IT versucht nicht, zum Boykott aufzurufen, denn da verlieren die ArbeiterInnen bloß ihren Job. Ich wünsche mir, dass es in fünf bis zehn Jahren Alternativen für Konsumenten gibt - das ist mein Traum«.
Apple ist längst kein klassischer Computer-Hersteller mehr, für den Umsatz sorgen vor allem iPhone, iPod und der Flachcomputer iPad. Freilich auch der App Store und iTunes. Während die Musikindustrie gegen illegale Tauschbörsen verlor, wurde Apple wurde zum größten Online-Musikhändler der Welt. So rigide Apple mit Informationen ist, so streng kontrolliert die Firma auch, was auf dem iPad oder iPhone läuft. Aufs iPhone passen nur App-Store-Apps- freilich nach prüden Apple-Richtlinien.

Manche Inhalte sind pfui ...

Manch Cartoon wird entfernt - einer zeigte Tiger Woods, der auf einem Rasen in Frauenform golfte. Zensur von Klassikern: Eine Comic-Version von Joyces »Ulysses« zeigte Nackheit, Wildes »The Importance of Being Earnest« das Bild zweier küssender Männer. Nach Medienprotesten sind die Werke ungeschnitten im App Store erhältlich. Interessant: Die »Bild« hatte mit den barbusigen Seite-eins-Mädchen kein Problem.

Weblinks
Mehr Infos unter:
www.clean-it.at
procureitfair.org

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