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Konsum für eine bessere Welt Wenn ein T-Shirt drei Euro kostet, wie kann man das verantworten, rechtfertigen? Und kann man sich über seinen Kauf noch freuen?
Buchtipp

Konsum für eine bessere Welt

Schwerpunkt

Immer mehr Menschen schauen beim Kaufen nicht nur auf den Preis sondern auch darauf, wo und wie unsere Konsumgüter produziert werden.

Wir alle sind gegen Kinderarbeit, gegen Umweltverschmutzung, gegen unzumutbare Arbeitsbedingungen. Trotzdem verursachen viele unserer Konsumgüter genau diese Probleme. Und wir kaufen sie. Doch die Lösung scheint einfach: Konsum.

Moderner Ablasshandel

Ohne Frage unterstützt man mit dem Kauf von ökologisch und sozialverträglich hergestellten Produkten den Fortschritt zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Hinter manchen Markenversprechen steckt jedoch nur Grünfärberei. Denn ein grünes Image, eine Corporate Social Responsibility kann man sich mit der richtigen PR-Agentur schnell zulegen, um den KonsumentInnen ein ruhiges Gewissen zu verschaffen. Während in fernen Ländern Kinder ausgebeutet, Flüsse verunreinigt und gewerkschaftliche Organisation verhindert werden, verleihen sich dieselben Konzerne in Europa ein soziales und umweltfreundliches Image. Diese Unternehmen betreiben Greenwashing.
Der Smoothie-Hersteller Innocent, der zehn Prozent des Umsatzes sozialen Zwecken spendet, rechtfertigt die jüngste Beteiligung der Coca Cola Company damit, dass dadurch mehr Geld für Spenden zur Verfügung steht. Coca Cola hält 58 Prozent an Innocent und hat schon mit zahlreichen Einträgen im »Schwarzbuch Markenfirmen« auf sich aufmerksam gemacht. Die Werbung suggeriert ein falsches Bild und beeinflusst Kaufentscheidungen. Grünfärberei hilft auch, das Verlangen der KonsumentInnen nach schärferen Gesetzen zu drosseln. Denn nur der Druck der VerbraucherInnen beim Konsum allein reicht nicht aus, die Politik muss Vorgaben für fairen und nachhaltigen Handel geben, und der Eindruck, dass die Wirtschaft immer mehr auf Nachhaltigkeit setzt, verlangsamt politisches Handeln.
Qualitätssiegel bieten Hilfe, »echte« faire Ware zu erkennen. In diesem Zertifikate-Dschungel muss man erst einen Überblick bekommen, denn für fast alle Produktgruppen gibt es schon dazugehörige Siegel. Essen, Kleidung, Spielzeug, Blumen - die Liste ist lang. Übersichtliche Firmen Checks und Newsletter, Gastro- und Floristenfinder  oder Verbraucherhinweise  bieten Gelegenheit, sich über den österreichischen Markt zu informieren und neue Bezugsquellen aufzustöbern. Auch unabhängige Verbraucherschutz-Organisationen wie Foodwatch.at bieten Informationen über faires Konsumieren und fordern gesetzliche Regelungen, damit irreführende Produktkennzeichnungen und mangelnde Information den Verbraucher nicht hinters Licht führen.

Lohas - Nachhaltigkeit als Lifestyle

Der strategische Konsum schafft ein gutes Gewissen. Und diese emotionale Rendite, für die man auch einen saftigen Preis zahlt, und die die Konsumlust rechtfertigt, lässt manchen Kaufbewussten blind für wirkungsvolles nachhaltiges Handeln werden. Ein KonsumentInnentyp schreibt strategischen Konsum ganz groß. Sie sind gebildet, wohlhabend und leben Nachhaltigkeit als Trend. Die Strategie ihres Konsums liegt darin, nicht zu verzichten, doch im Schein der Nachhaltigkeit zu leben. Lohas sind Anhänger des Lifestyle of Health and Sustainability. Sie fliegen 15 Stunden ins Öko-Ressort, kaufen im Winter Bio-Erdbeeren aus Ägypten und fahren ein Hybrid-Auto. Der wichtigste Aspekt dabei bleibt der Lifestyle. So begründet sich der Konkurrenzvorsprung vom Toyota Prius damit, dass er im Vergleich zu Hybrid-Autos von Honda und Ford eindeutig durch das Design der Karosserie als Hybrid zu erkennen ist. Man will nicht nur Gutes tun, man will auch dabei gesehen werden.
Dabei kann man abschätzen, dass die tatsächliche Einsparung von Ressourcen nicht sehr groß ist. Und dass durch den Konsum dieser Güter die Wirtschaft zur Produktion und zum Handel von fairen und ressourcenschonenden Produkten gezwungen wird, kann man auch nicht annehmen. Dazu ist die Käuferschicht zu gering. So wird nur der Schein erzeugt, dass die Anpassung unseres Alltagslebens die Antriebsfeder für eine Nachhaltigkeit ist, die eigentlich die Politik sein sollte. Denn auch ausgezeichnet informierte strategische KäuferInnen können nicht den gesamtwirtschaftlichen Überblick haben, um einzuschätzen, ob der Umstieg auf Öko-Strom Ressourcen schont, oder einfach nur den Handel mit Öko-Strom-Zertifikaten anheizt. Kathrin Hartmann kritisiert aus diesem Grund in ihrem Buch »Ende der Märchenstunde« den Lifestyle der Lohas. Strategischer Konsum kann die Welt retten, wird auf Plattformen wie Utopia.de propagandiert. Dabei fällt das Wort Verzicht, außer am jährlichen BuyNothingDay, der passend am 27. November kurz nach dem amerikanischen Thanksgiving gefeiert wird, nicht oft. Doch im Gegensatz zu sogenannten Lovos, streben die Lohas keinen Konsumverzicht an, sondern wollen ihrem Luxuskonsum einen ethnisch-korrekten Aspekt geben. Nach Hartmann kann strategischer Konsum im Kleinen sicherlich sinnvoll sein, doch Fischstäbchen von einer Marke zu kaufen, die einen Teil des Verkaufspreises an Meeresschutzprojekte spendet, nicht.
Im Unterschied zu großen Unternehmen, die Marketingmaschinerien betreiben, kann man sich bei kleinen Labels und Shops wirklich selbst ein Bild machen. So beim ersten ökofairen Modelabel Österreichs Göttin des Glücks. Hier wird entlang der gesamten Produktionskette fairer Handel garantiert und ausschließlich mit zertifizierter Bio-Baumwolle gearbeitet. Sie ist ein Musterbeispiel in ihrer Branche und mit den Zertifizierungen von EZA, Fairtrade und GOTS (Global Organic Textile Standard) kann sich das Unternehmen sehen lassen. Aber nicht nur über die eigene faire Produktion kann man sich auf der Homepage des Unternehmens informieren, sondern es werden auch Denkanstöße in Bezug auf die herkömmliche Produktion gegeben. Die Fragen lauten: Wenn ein T-Shirt drei Euro kostet, wie kann man das verantworten, rechtfertigen? Und kann man sich über seinen Kauf noch freuen?

Vinzi-Shops und Recycling-CD-Hüllen

Die Vinzenzgemeinschaft, im 19. Jahrhundert gegründet, betreibt Shops, Würstelstände und produziert sogar Vinzi-Pasta, deren Gewinne dem Verein und deren Notunterkünften zur Verfügung gestellt werden. Ethnisch-korrekte und umweltbewusste Musiklabels wie Green Owl Records, mit Recycling-CD-Hüllen oder der klimaneutrale Bücher- und Medienversand Anares (Stichwort »Ökologisches Beschaffungswesen«) zeigen, dass auch hier ein Umdenken stattfinden kann. Ob diese Pioniere jedoch einen Trend hervorrufen, ist schwierig zu sagen. Sicher ist, dass KonsumentInnen immer mehr Wert auf Nachhaltigkeit legen, doch viele Kompromisse eingehen müssen. Denn um sichergehen zu können, nachhaltig und fair zu kaufen, muss man sich informieren, die Marken kennen, die Shops aufsuchen und verzichten. Doch ein gutes Gewissen leisten können sich dennoch nicht viele. So muss durch politisches Aktivwerden der KonsumentInnen Druck auf die Wirtschaft gemacht werden, und Unternehmen zu fairer und nachhaltiger Produktion gezwungen werden. Denn »es gab noch nie in der Geschichte irgendeines Landes eine gesellschaftliche Veränderung durch Konsum. Keine Veränderung ist jemals zustande gekommen, weil eine besser verdienende Elite etwas anderes eingekauft hat«, so Hartmann. Dennoch kann uns die Lohas-Bewegung eines lehren: Wenn strategischer Konsum eine soziale Anerkennung mit sich bringt, kann vielleicht auch ein Trend den Anlass für einen Diskurs einer generellen Wende in der konventionellen Wirtschaft führen. Das Bewusstsein, wo und wie unsere Konsumgüter produziert werden, und der sinnvolle Umgang mit den Ressourcen darf aber nicht durch blinden Konsumrausch vernachlässigt werden.

Weblinks
Alle Infos unter:
www.cleanclothes.at
www.fairtrade.at
www.bio-austria.at
www.foodwatch.at
www.ende-der-maerchenstunde.de

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