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Vermögend oder reich? Social Impact, der 1997 von einer Künstlergruppe gegründete Verein für Kunst- und Aktionsforschung war unter anderem für die Subversivmesse im Rahmen der Kulturhauptstadt Linz verantwortlich.

Vermögend oder reich?

Schwerpunkt

Österreichs Millionäre werden mehr und reicher - ein internationaler Trend, und so verzeichnet die Luxusbranche für 2010 tolle Zuwachsraten.

Aha, die Kommunisten …« kommentiert ein Herr mit eleganter Begleiterin schon von weitem die noch unverständlichen Klänge aus dem Megaphon. Eine kleine Gruppe DemonstrantInnen mit roten Flaggen, Transparenten und Megaphon hat sich anlässlich der Messe »Luxury, please« neben der Hofburg versammelt. Sie fordern Arbeit, Wohnung und Bildung für alle statt Luxus für wenige. Ein Stück weiter steht eine zweite Gruppe, die Freunde des Wohlstands. Junge Frauen im Pelz verteilen Robbenbabypasteten. »Euer Neid kotzt uns an« und »Jeder Mensch hat seine Chance, wir haben sie ergriffen« steht auf den Transparenten. Manche PassantInnen sind unsicher, ob Forderungen wie die sofortige Abschaffung der Hacklerregelung oder die Einführung von Studiengebühren wirklich ernst gemeint sind. Tatsächlich handelt es sich hier um eine künstlerische Intervention. Social Impact, der 1997 von einer Künstlergruppe gegründete Verein für Kunst- und Aktionsforschung war unter anderem für die Subversivmesse im Rahmen der Kulturhauptstadt Linz verantwortlich.

Diskreter Luxus

Apropos Kultur: Drinnen in der Hofburg geht soeben eine Fashion-Show zu den Klängen klassischer Musik über die Bühne. Eine kurze Pause beim Messebummel zwischen rund 90 Ausstellern, die Luxus von A bis Z anbieten: Champagner, handgezogene Grissini, Luxuslimousinen, Schmuck und Uhren, Servietten mit gesticktem Monogramm etc., Preise nur auf Anfrage. Laut Veranstalter kamen heuer rund 17.000 BesucherInnen zur Luxusmesse, um 13 Prozent mehr als 2009. Wie viele der ca. 40.000 österreichischen MillionärInnen tatsächlich durch die Messe-Räumlichkeiten bummelten, kann niemand genau sagen.
Sicher ist, dass sich die Luxusbranche nach der Wirtschaftskrise sehr rasch wieder erholt hat, manche sprechen sogar von einem Boom. Wesentlich daran beteiligt ist das aufstrebende China. ExpertInnen schätzen, dass es in fünf Jahren weltweit der größte Abnehmer für Luxusgüter sein wird. Schon heute ist Frankreich, wo Restaurants mit Preisen ab 500 Euro pro Person und Luxus-Suiten um 14.000 Euro pro Nacht keine Auslastungsprobleme haben, nach Japan das beliebteste Reiseziel der Chinesen.
Aber auch in Österreich war 2010 für manche ein gutes Jahr: Schon im vergangenen Juni lagen die veranlagten Werte deutlich über dem Stand von 2007. Während überall im Land Sparen angesagt ist, ist die Zahl der MillionärInnen nach dem Krisenjahr 2009 um elf Prozent gestiegen und deren Vermögen um 13,7 Prozent auf 210 Milliarden Euro angewachsen.
Ab wann ist jemand reich? Von ExpertInnen wird die Grenze meist beim Zweifachen des durchschnittlichen Vermögens angesetzt. Nach dieser Definition wären zehn Prozent der Haushalte in Österreich reich und verfügten durchschnittlich über ein Geldvermögen von 290.000 Euro. Als Millionäre werden Personen bezeichnet, deren freies Vermögen (Spareinlagen, Aktien, Immobilien etc.) mindestens eine Million (Dollar oder Euro) ausmacht. Selbst benutzter Immobilienbesitz wird nicht dazugerechnet. Tatsächlich kann das Vermögen der meisten Reichen ohnehin nur geschätzt werden.

Über Geld spricht man nicht

Der Ökonom und Politikwissenschafter Martin Schürz ist Leiter der Gruppe monetäre Analysen in der volkswirtschaftlichen Abteilung der Österreichischen Nationalbank und beschäftigt sich schon länger intensiv mit dem Thema Reichtum: »Die Freiwilligkeit bei Haushaltsbefragungen zum privaten Vermögen setzt der Reichtumsforschung enge Grenzen. Zur Erforschung des privaten Vermögensreichtums wäre staatlicher Zwang zur Informationsoffenlegung notwendig. Dass dies nicht einmal diskutiert wird, veranschaulicht die gesellschaftlichen Machtverhältnisse.« Reichtum, das bedeutet nicht nur, dass man nach Lust und Laune shoppen gehen kann.
Reichtum bedeutet auch Macht, als Grundbesitzer oder als Arbeitgeber, als Du-FreundIn von SpitzenpolitikerInnen etc. etc. Entsprechend »vermögensfreundlich« verhalten sich daher die meisten Politiker. Schürz plädiert für die Einführung der Erbschaftssteuer (derzeit stellen zwei Prozent der Haushalte 40 Prozent des gesamten Immobilien-Erbschaftsaufkommens). Die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden kritisiert Schürz als symbolische Maßnahme in Richtung Philanthrokapitalismus. Der Staat folge damit privaten Präferenzen reicher Menschen, statt soziale Organisationen direkt zu unterstützen.

Spenden statt Steuern

Zweifellos ist für den Einzelnen der Wohlfühlfaktor bei Spenden und Stiftungen größer als beim anonymen Steuerzahlen. Man kann es sich aussuchen, ob man lieber ein Museum oder eine Forschungseinrichtung großzügig bedenkt, oder doch etwas für die Bedürftigen tut. Und selbst wenn Wohltäter das nicht an die große Glocke hängen, zumindest die soziale Anerkennung, wenn nicht gar Dankbarkeit ist gewiss.
Univ.-Prof. Dr. Thomas Druyen vom Institut für Vergleichende Vermögenskultur und Vermögenspsychologie an der Sigmund-Freud-PrivatUni betont, dass Wohltätigkeit lange Tradition hat: »Im 18. Jahrhundert gab es im deutschen Sprachraum über 100.000 Stiftungen, heute sind es ca. 34.000.« Und er betont den Unterschied zwischen vermögend und reich: »Vermögend zu sein, das bedeutet nicht nur haben, sondern auch Verantwortung zu übernehmen, etwas Sinnvolles zu tun.«
Zum Glück gibt es nicht wenige Reiche, die sich für Menschen einsetzen, die es nicht so gut getroffen haben. Vor allem in den USA haben Spenden und Stiftungen große Tradition, das Spendenaufkommen liegt bei rund 300 Milliarden Dollar jährlich. Hier dürfte eine deutliche Steigerung zu erwarten sein, so meldete SPIEGELonline im August, dass 40 US-Milliardäre versprochen haben, die Hälfte ihres Vermögens zu spenden, unter ihnen der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg (geschätztes Vermögen: 18 Mrd. Dollar) und Medienmogul Ted Turner. Bloombergs Motiv: »Ich möchte, dass meine Kinder ihre Ziele haben und dafür kämpfen und nicht einfach sagen, hey, ich bin im Club des glücklichen Spermas und erbe den Erfolg.«

Geld ist nicht alles, aber …

Abgesehen davon, dass neun Milliarden Dollar auch ein ganz erkleckliches Sümmchen sind, stellt sich die Frage, ob Reichtum tatsächlich glücklich macht. Dazu gibt es weniger Erkenntnisse aus der Reichtums- und mehr aus der Glücksforschung. Der Psychologe und Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahnemann und der Ökonom Angus Deaton werteten dazu mehr als 450.000 Fragebögen aus und stellten fest, dass Geld bis zu einer gewissen Grenze, die derzeit bei rund 58.000 Euro pro Jahr liegt, nicht nur beruhigt, sondern das Leben wesentlich erleichtert bzw. angenehmer macht. Danach wird Einkommens- oder Vermögenszuwachs nach wie vor weiterhin positiv bewertet, hat aber keinen nachhaltigen Einfluss mehr auf das Lebensgefühl im Alltag. Die Untersuchung ergab außerdem, dass arme Menschen schlechte Erfahrungen wie Scheidungen, Krankheit oder Einsamkeit stärker negativ empfinden als Menschen mit gutem Einkommen. Wenig erstaunlich - abgesehen davon, dass chronischer Geldmangel an sich schon ein Stressfaktor ist, kann ein finanzielles Polster manche Schicksalsschläge gut abfedern. Wer etwa im Falle einer Scheidung auf den Zweitwohnsitz ausweichen kann und nicht monatelang weiter gemeinsam auf 50 m2 leben muss, der wird mit dieser Veränderung sicher leichter fertig.
Zu guter Letzt noch kurz zum Thema Neid: Laut einer Erhebung der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität aus dem Jahr 2008, bei der 5.000 Personen aus allen Schichten befragt wurden, sehen sowohl Hartz IV-Empfänger als auch Wohlhabende die zum Teil exorbitant hohen Gagen von Stars und Sportlern (sowie deren manchmal unstandesgemäße Lebensführung), aber auch das Einkommen mancher Manager (während im selben Unternehmen Jobs abgebaut werden) besonders kritisch. Die Gefühle basieren auf Fakten: So stiegen etwa von 1997 bis 2002 die durchschnittlichen Jahreseinkommen der Manager der 30 DAX-Unternehmen um 46 Prozent (von DM 1,660.000 auf EUR 1,406.000)! Das entspricht dem 42-fachen des durchschnittlichen ArbeitnehmerInneneinkommens.

Weblink
Social Impact:
www.social-impact.at

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