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Wertewandel Das Auto einer bestimmten Marke wird als exquisiter angesehen, weil es ja mehr kostet. Jene Arbeit wird als wertvoller bezeichnet, weil sie einfach höher entlohnt wird.

Wertewandel

Schwerpunkt

Die rapide voranschreitenden Veränderungen in der Arbeitswelt gehen einher mit einer Wertediskussion.

Reden wir über den Wert der Arbeit, dann beziehen wir uns immer auf eine Veränderung. Ohne solche Änderungen würde der Wert einer Sache nicht in Frage gestellt. Doch verändert sich etwas, kommt automatisch die Frage nach der Wertigkeit auf. Es gilt, für die neue Situation bzw. Sachlage eine zufriedenstellende Antwort zu finden.
Nach dem Wert der Arbeit zu fragen, heißt demnach eine neue Bemessungsgrundlage für unser Arbeitsverständnis zu finden. Ein Verständnis, das sich durch gesellschaftliche, wirtschaftliche, technologische oder soziale Veränderungen, ändern muss, will es seriöse Antworten auf Fragen der Zeit geben.

Work-Life-Balance

War vor einigen Jahren noch eine klare Trennung zwischen Arbeitszeit und Freizeit auszumachen, so zeigt sich nun - unter dem Begriff von Work-Life-Balance -, dass Arbeit nicht mehr abgetrennt vom eigenen privaten Leben gesehen wird. Sondern Arbeit wird als maßgeblicher Einflussfaktor fürs eigene Leben betrachtet. Die zunehmende Sensibilität gegenüber Burn-out-Erkrankungen ist dafür beispielsweise ein eindeutiger Hinweis.
Arbeit - so der Grundgedanke - beeinflusst entscheidend unsere psychische Gesundheit. Wird eine solche Erkenntnis, dass es zunehmend psychische Erkrankungen gibt, nicht hinterfragt, und wird damit die Frage nach unserem Arbeitsverständnis nicht neu gestellt, bleibt eine Beurteilung dieser Situation in den Kinderschuhen stecken. Entweder wird die erkrankte Person als verweichlichter »Sündenbock« hingestellt, oder der Betrieb wird als »schwarzes Schaf« verunglimpft. Beide Antworten sind Verurteilungen und greifen zu kurz. Sie suchen Schuldige und keine neuen Handlungsmöglichkeiten.
Wird jedoch nach dem Arbeitsverständnis gefragt und damit der Blick auf die Arbeitsbedingungen und Veränderungen in der Arbeitswelt gelenkt, dann zeigt sich, dass es sowohl gesundheitsfördernde als auch gesundheitsmindernde Rahmenbedingungen beim Arbeiten gibt. Diese Rahmenbedingungen - und nicht die handelnden Personen - gilt es in erster Linie im Zusammenhang mit Burn-out zu fokussieren und zum Wohl der Arbeitenden umzugestalten.

Wertmaßstäbe sichten

Reden wir vom Wert der Arbeit, geht es vor allem um die Ermittlung der Qualität oder Güte von Arbeit. Hier können die Antworten unterschiedlich ausfallen. Denn die Wertfrage hängt mit unseren grundsätzlichen Überzeugungen und Weltanschauungen zusammen. Ob Mitarbeitende als KollegInnen wichtig sind, oder ob sie lediglich als Kapitalposten - im Sinne von Humankapital - oder FunktionsinhaberIn - im Sinne von: jeder Posten ist ersetzbar - angesehen werden, macht einen wesentlichen Unterschied in der Beantwortung der Wertfrage. Wer befindet, dass die Suche nach einer Bemessungsgrundlage für unsere Einschätzung überflüssig ist, läuft Gefahr fremdbestimmten Wertmaßstäben hinterherzulaufen. Was etwas wert ist, wird in einem solchen Fall nicht mehr von jemand selbst bestimmt, sondern entpuppt sich zumeist als Befolgen gängiger Bewertungen.

Monetäres Bewerten von Arbeit

Das Auto einer bestimmten Marke wird als exquisiter angesehen, weil es ja mehr kostet. Jene Arbeit wird als wertvoller bezeichnet, weil sie einfach höher entlohnt wird. Auch das größere Ansehen, das durch solche begehrenswerte Insignien zu erzielen ist, kommt dadurch zustande. Es führt zu einem fatalen Sog: Wir beginnen zu vergleichen und nehmen zumeist die finanzielle Bewertung als unseren einzigen Wertmaßstab.
Das finanzielle Vergleichen entpuppt sich jedoch als oberflächlich und trügerisch. Im Falle einer Gegenüberstellung wird der Wert der Arbeit auf eine Dimension - die der finanziellen Honorierung - reduziert. Frei nach dem Motto: Was mehr kostet, muss mehr wert sein. Ausgeblendet werden dabei die anderen Dimensionen, die den Wert der Arbeit letztendlich ausmachen.
Wer Arbeit sucht weiß, dass der Lohn die Basis darstellt, aber ebenso unabdingbar ist die persönliche Neigung bzw. das eigene Talent für eine bestimmte Tätigkeit. Diese Dimension der persönlichen Wichtigkeit von Arbeit wird völlig vergessen bei einer lediglich monetären Betrachtungsweise. Wenn Menschen arbeitslos werden, dann bricht für sie meist eine Welt zusammen. Ihr Leben ist erschüttert. Ihnen fehlt das Gefühl der sozialen Integration sowie der Sicherheit. Existenzfragen rütteln am eigenen Selbstwertgefühl und führen zu Frustration und Lethargie.
Arbeit ist für viele Menschen ihre Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, sich als wichtiger Teil eines Ganzen zu begreifen und daraus resultierend, ein positives Selbstverständnis aufzubauen. Der persönliche Wert der Arbeit, der durch Arbeitslosigkeit in Frage gestellt werden kann, wird natürlich stark beeinflusst durch die Wertigkeit, welche die Gesellschaft der Arbeit zugesteht.

Gesellschaftlicher Nutzen von Arbeit

Arbeit besitzt für die Gesellschaft einen essenziellen Nutzen. Jede Arbeit stiftet gesellschaftlichen Nutzen, sofern sie nicht einen sozial-destruktiven Charakter aufweist. Dieser gesellschaftliche Nutzen stellt die dritte Dimension des Werts der Arbeit dar.
Arbeit - so kann allgemein gesagt werden - ist ein Garant für friedliches Miteinander und allgemeinen Wohlstand. Beides sind Grundpfeiler einer lebendigen Demokratie, die zum einen von der Eigenverantwortung des/der Einzelnen lebt - im Sinne von Subsidiarität -, und die zum anderen auf die Unterstützung größerer Einheiten, wie beispielsweise Institutionen, Kommunen oder staatliche Einrichtungen, angewiesen ist. Wenn Geld als einzige Währung für Arbeit gilt, dann steht das Kapital vor der Arbeit. Eine Fehlentwicklung, die von den Gewerkschaften stetig kritisiert wird und werden muss. Denn Arbeit steht vor dem Kapital. Und im Mittelpunkt müssen die arbeitenden Menschen und nicht eine neoliberale Glorifizierung des Geldes stehen.
Deshalb gehört zur monetären Bewertung der Arbeit immer auch die arbeitsrechtliche und sozialrechtliche Sicherstellung. Diese rechtlichen Bestimmungen müssen unabhängig von der Höhe der Entlohnung oder der Art der Tätigkeit einem Gleichheitsprinzip folgen. Es kann nicht sein, dass Krankenstände, Urlaub, Karenz etc. unterschiedlichen Bestimmungen unterliegen.
Zu beachten ist dabei, dass diese Bestimmungen auch so gestaltet sind, dass sie von allen in gleicher Weise erreicht werden können. Es erscheint schwierig zu argumentieren, wenn ein ununterbrochenes Dienstverhältnis im selben Betrieb und die daraus erwachsenen sozialen Ansprüche anders bewertet werden, als die aneinandergereihter Dienstverhältnisse in verschiedenen Betrieben bei gleicher Dauer.

Working poor

Gleichzeitig ist nicht zu vergessen, dass die Zahl jener, die trotz Erwerbstätigkeit kein existenzsicherndes Einkommen erreichen (sogenannte Working poor), zunimmt. Die vermehrte Auslagerung von Betriebsfunktionen führt dazu, dass branchenübliche Kollektivlöhne für diese ArbeitnehmerInnen nicht mehr zur Geltung kommen, dass die üblichen 9to5-Jobs schwinden und prekäre und atypische Arbeitsverhältnisse sich ausbreiten. Und wo unter dem Deckmantel der Flexibilisierung neue Ausbeutungsmechanismen zu greifen beginnen. Hier bedarf es besonderer rechtlicher Sicherstellungen, weil diesen ArbeitnehmerInnen - betroffen sind vor allem Frauen und junge Menschen - der Zugang zu dem gewohnten bzw. gewünschten Lebensstandard erschwert ist, und sie auf die Unterstützung von PartnerInnen, Familie bzw. Staat angewiesen sind.
Auch jene, die - aus welchen Gründen auch immer - in ihrer Leistungsfähigkeit am Arbeitsprozess eingeschränkt sind, sollten auf die solidarische Unterstützung einer sozialstaatlich organisierten Gemeinschaft bauen können. Lediglich eine solche gesellschaftlich-soziale Einstellung wird dem Wert der Arbeit in seiner Ganzheit gerecht.

Weblink
Mehr Infos unter:
de.wikipedia.org/wiki/Wert

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