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Spitzentanz am Pensionsparkett
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Spitzentanz am Pensionsparkett

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Anlässlich ihres 50-jährigen Bühnenjubiläums 2060, bringen wir ein Interview mit Ballerina Marie-Sophie Zimmermann zu ihrer Karriere und Ruhestandsplänen.

Arbeit&Wirtschaft: Marie-Sophie Zimmermann, Sie starteten ihre Laufbahn als Ballerina vor über 50 Jahren, damals ging gerade die 1. Generation der Babyboomer in Ruhestand und die Bedingungen für diesen verschlechterten sich stetig. Denken nicht auch Sie nach einer zwar erfolgreichen, aber doch langen Karriere manchmal daran, die Ballettschuhe an den Nagel zu hängen?

Marie-Sophie Zimmermann: Ja, natürlich. 50 Jahre auf der Bühne sind eine sehr lange Zeit. Glauben sie mir, ich habe schon mehrmals versucht, meine Karriere zu beenden und aus dem en l´air ein passé­ zu machen, aber die Umstände haben es bis jetzt nicht zugelassen. Es ist keine Leichtigkeit, mit einer künstlichen Hüfte ein gekonntes fouetté hinzubekommen.

Wann wollten Sie denn zum ersten Mal in Pension gehen? Welche Umstände haben Sie daran gehindert?

Nach meinem 25-jährigen Bühnenjubiläum 2035 an der Staatsoper wollte ich zum ersten Mal meine Karriere beenden. Ich hatte alle großen Rollen als erste Solotänzerin getanzt, z. B. die Odette in Schwanensee, und ich spürte, dass meine Gelenke sehr strapaziert waren von der langen Zeit auf der Bühne. Nach einer umfangreichen Operation entschloss ich mich dann doch weiterzutanzen. Leider hatte ich auch noch nicht genug Geld für einen entspannten Ruhestand verdient. So startete ich 2036 ein Comeback.

Wollten Sie nach 2036 ihre Bühnenkarriere noch einmal beenden?

Aber natürlich, drei Mal sogar. Nach meinem 30-jährigen Bühnenjubiläum 2040, wurden mir eine künstliche Kniescheibe und ein Hüftgelenk eingesetzt. Trotz Rehabilitation hatte ich sehr starke Schmerzen. Da ich erst 54 war, versuchte ich Invaliditätspension zu beantragen, weitere Auftritte als Ballerina waren undenkbar. Nur waren meine zwei neuen Ersatzteile nicht Anspruch genug …

Sie sprechen hier die »3 künstliche Gelenke+«-Reform von 2029 an …

Genau. Ich hatte leider nur zwei künstliche Gelenke und keinen Bedarf einer Gehhilfe, deshalb wurde mir der Anspruch verwehrt. Schließlich ging ich noch einmal in Reha, war aber unsicher ob es für ein weiteres Comeback reicht.

Dachten Sie nie an private Vorsorge?

Natürlich. Vor 50 Jahren konnte man sich ja kaum der Panikmache um private Vorsorge entziehen. Jedoch war das für mich finanziell nicht möglich, auch wenn ich gute Engagements hatte, war es für private Vorsorge nicht genug. Kinder hätten sich zwar positiv auf meine Pensionsansprüche ausgewirkt - aber eine Primaballerina mit Schwangerschaftsstreifen?

Mit 54 starteten Sie ein Comeback …

Ja, viel anderes blieb mir nicht übrig. Wenigstens war die Medizin in den 2040ern schon so weit, dass man auch mit einem falschen Knie und Hüfte einen einwandfreien grand jeté machen konnte.

Bekamen Sie noch Engagements?

Nach meinem ersten Comeback hatte ich kaum Probleme damit, ich war ja eine angesehene Charaktersolistin. Das zweite Comeback erwies sich als schwieriger, so viele Charakterrollen für eine über 50-jährige Ballerina gibt es nicht. Wirklich schwer war das 3. Comeback …

Sie haben ein 3. Comeback gestartet?

Ja, musste ich. Es blieben mir nicht viele Alternativen. 2050 glaubte ich, mit über 63 Jahren endgültig meine Karriere beenden zu können, da ich das gesetzliche Pensionsalter erreicht hatte …

Aber die Reform »30/55+1/2« von 2030 hatte das Antrittsalter bereits auf 73 Jahre ansteigen lassen …

Das fand ich bei der Antragstellung leider auch heraus. Da ich kein weiteres künstliches Gelenk hatte, folgte nach 40 Bühnenjahren mein 3. Comeback.

Hätten Sie in den Jahren etwas anders machen sollen?

Ja, Kinder bekommen oder mir gleich ein zweites künstliches Knie einsetzen lassen. Dann wäre ich heute Gärtnerin.

Ihre Zukunftswünsche?

Hals- & Beinbruch!

Danke für das Gespräch.

Zur Person
Marie-Sophie Zimmerman
Geb. 1987 in Wien, Volksschule, Wiener Staatsoper Ballettschule
2005-2008 Fortsetzung der klassischen Ballettausbildung in Paris, Académie d‘art choreographique
2009 erstes Engagement im Staatsballett Berlin/Corps de Ballett
Ab 2010 Ensemblemitglied am Wiener Staatsopernballett
2011 Aufstieg zur Solotänzerin
2012-2015 Engagements in Paris und Moskau
2016 Ernennung zur 1. Solistin an der Wiener Staatsoper, seit 2025 Charaktersolistin
2062 voraussichtliche Beendigung der Bühnenkarriere

Kunst
Projekt im Rahmen von "Zukunft der Arbeit" - einer Kooperation der AK Wien und der Universität für angewandte Kunst von Denise Ackerl
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