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Arbeitslose Mitglieder Sofort nach dem Beschluss der provisorischen staatlichen Arbeitslosenunterstützung 1918 setzten die Angriffe auf das neue soziale Netz ein. Die angekündigte gesetzliche Arbeitslosenversicherung wurde als »Arbeitslosenpension« heruntergemacht.

Arbeitslose Mitglieder

Historie

Die Gewerkschaften bildeten sich zur Vertretung aller Menschen, die ihre Arbeit verkaufen müssen, um eine Lebensgrundlage zu haben.

Gerade ein Jahr war ich in der Bandfabrik beschäftigt gewesen, als ich wegen einer geringfügigen Ursache - ich war um einige Minuten zu spät ins Geschäft gekommen - entlassen wurde. In den nächsten vier Jahren bis zum Tode meiner Mutter war ich der Reihe nach Laufbursche in einem Weißwarengeschäft, Taglöhner bei der Wientalregulierung, Hilfsarbeiter in einer Metallwarenfabrik, dann wieder Laufbursche in einem Herrenmodenhause, Wäscherbursche, Mitfahrer, Hausknecht in einer Färberei, Schneeschaufler, Taglöhner bei einem Ziegeldeckermeister und Diener bei einem Photographen. … Zwischen den einzelnen Konditionen war ich oft monatelang ohne Stellung. 

 So sah das Arbeitsleben des jugendlichen Hilfsarbeiters und späteren Dichters Alfons Petzold am Ende des 19. Jahrhunderts aus - und es war ein alltägliches Schicksal.
Damals hatte die junge Gewerkschaftsbewegung dort, wo sie Mitglieder gewinnen konnte, schon erste Erfolge. Alfons Petzold erfuhr, dass Arbeitsbedingungen und Bezahlung in Handels- und Dienstleistungsjobs, wo es nur ganz wenige Gewerkschaftsmitglieder gab, deutlich schlechter waren als ein Taglöhnerjob auf einer Großbaustelle oder in einer Fabrik - und das trotz oft ähnlich schwerer Tätigkeiten. Jeden Tag gekündigt werden konnten aber auch TaglöhnerInnen. Unter diesen Bedingungen mussten Gewerkschaftsmitglieder wie alle anderen mit der ständigen Bedrohung durch Arbeitslosigkeit fertig werden. Denn die Gewerkschaftsbewegung entstand nicht als eine Organisation für Beschäftigte, sondern als eine Organisation der Menschen, die auf abhängige Arbeit angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Einen großen Vorteil hatten die Gewerkschaftsmitglieder aber schon bald: Sie bekamen Arbeitslosenunterstützung, während alle anderen auf private Wohlfahrtseinrichtungen angewiesen waren.

In den Jahren der Wirtschaftskrise vor dem Ersten Weltkrieg wurde die gewerkschaftliche Arbeitslosenunterstützung für viele Menschen die Überlebensbasis. Der Bericht der Freien Gewerkschaften an den Internationalen Sozialistenkongress, der 1914 in Wien stattfand, dokumentierte dies eindrücklich: Die ganz große Steigerung der Ausgaben in den letzten Jahren ist auf das Anschwellen der Unterstützungsausgaben zurückzuführen. Besonders die Arbeitslosenunterstützung erforderte von Jahr zu Jahr größere Summen. Im Jahr 1911 wurden für die Arbeitslosenunterstützung Kr(onen) 1,332.867,78, … im Jahr 1913 Kr 2,204.801,09 ausgegeben.

Erst die große Sozialoffensive am Beginn der demokratischen Republik nach 1918 unter dem Gewerkschafter Ferdinand Hanusch als Leiter des Sozialressorts brachte die Einführung der gesetzlich verankerten öffentlichen Arbeitslosenversicherung. Das gewerkschaftliche Unterstützungsangebot blieb aber bestehen und rettete am Höhepunkt der großen Wirtschaftskrise nach 1930, als die gesetzliche Versicherung praktisch zusammenbrach, wieder viele Menschen vor dem Verhungern. Auch in den skandinavischen Staaten entwickelte sich das gewerkschaftliche zu einem öffentlichen Arbeitslosengeld weiter, aber in anderer Form: Dort kommt es ausschließlich aus Steuermitteln und wird von den Gewerkschaften ausgezahlt.

Zusammengestellt und kommentiert von Dr. Brigitte Pellar
brigitte.pellar@aon.at

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