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Keine sichere Sache Für den Maschinenbautechniker ist klar, dass auch die Unternehmen bei den Kosten der Arbeitsausrüstung ansetzen wollen, zum Beispiel bei der Qualität. Notdürftig musste er einmal ein kleines Loch seiner Arbeitshose mit Klebeband verschließen.

Keine sichere Sache

Schwerpunkt

Das Einhalten der Sicherheitsvorschriften zum Schutz der eigenen Gesundheit kann auch gegen das Gewissen verweigert werden.

Arbeitsschuhe, Handschuhe, Schutzbrillen und Schutzvorrichtungen von Maschinen haben eines gemeinsam: Sie sind nur effektiv, wenn sie auch tatsächlich genützt werden. Die arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften werden in der Realität jedoch nicht so konsequent umgesetzt, wie vom Gesetzgeber gefordert oder gedacht. Denn nicht nur durch jahrelange unfallfreie Erfahrung wird manch MitarbeiterIn dazu verleitet, umständliche Vorschriften einmal beiseite zu lassen. Der Zeitdruck spielt keine unwesentliche Rolle. Da kann auch schnell ein selbstverschuldeter Unfall passieren.

Informiert und unterwiesen?

Die Sachlage ist klar: ArbeitnehmerInnen haben die Pflicht zur Mitwirkung zum Gefahrenschutz und zu gefahrenvermeidendem Verhalten. Für die Information über die Gefahren für Sicherheit und Gesundheit ist der ­Arbeitgeber zuständig. Auch Ronald Zucker ist informiert und unterwiesen worden.
Der Servicetechniker der Firma Schiebel Antriebstechnik ist zuständig für elektrische Stellantriebe. Seiner ­Arbeit geht er meistens in großen Ölraffinerien nach, wo besondere Sicherheitsbestimmungen gelten. Die 15-­minütigen Sicherheitsfilme zu diesen Themen hat er schon oft gesehen. Er kennt seine Vorschriften und hält sich auch daran. Jedoch »es ist so wie überall, es gibt verantwortungsvolle MitarbeiterInnen, die auf eventuelle Mängel, zum Beispiel bei der Kleidung hinweisen, und andere, die Schutzbestimmungen manchmal nicht einhalten«, meint ­Zucker.

Wer passt auf? Und warum?

Der vom Arbeitgeber eingesetzte Beauftragte legt besonderen Wert auf die Bestimmungen. Eine Nicht-Einhaltung kann auch eine Weisung vom Werk bedeuten. »Weil’s auch eine Förderung für unfallfreie Tage im Werk gibt«, erklärt sich Zucker das Engagement seitens der ArbeitgeberInnen.
Bei bestimmten Arbeiten muss aber auch dieser zusehen, wie sich die Theorie der Praxis fügt: Beim Zuschneiden einiger Metallplatten verhindert die Schutzvorrichtung das Durchführen der Arbeit. So muss sie der Techniker deaktivieren. Und es kann passieren, dass ein Mitarbeiter den Daumen verliert, wie Zucker einmal beobachtet hat.
Für den Maschinenbautechniker ist klar, dass auch die Unternehmen bei den Kosten der Arbeitsausrüstung ansetzen wollen, zum Beispiel bei der ­Qualität der Arbeitsschuhe. Notdürftig musste er einmal ein kleines Loch seiner Arbeitshose mit Klebeband verschließen. Damit der Beauftragte nicht meckert. Obwohl die ArbeitnehmerInnen informiert sind, kommt es doch zu Unfällen. »Da helfen keine ­Informationsfilme, denn die Risiken sind klar, aber die Bereitschaft muss von jedem selbst kommen.«
Versuche, die MitarbeiterInnen für Sicherheitsfragen zu sensibilisieren, so wie bei der OMV im Jahr 2008 die ­»Sicherheitsinitiative 2010+« ins Leben gerufen wurde, sind in den Augen des Servicetechnikers kein Fehler, aber nicht ausschlaggebend. Die konzernweite ­Initiative, bei der Sicherheits-Coaches beraten und die Arbeiten sicherheitstechnisch überwachen, hat durchaus positives Feedback vom Betriebsrat bekommen. Doch sind die Gründe für die Vernachlässigung des eigenen Schutzes oft banal.
Zu unangenehm ist das Material der Handschuhe, zu lang die Dauer für die Einrichtung des optimalen Arbeitsplatzes oder gar kontraproduktiv. So ist die Vorbildwirkung anderer verantwortungsbewusster MitarbeiterInnen essenziell. Denn die Auswirkungen müssen nicht in einem schweren Arbeitsunfall enden. So kann eine Computertastatur bei falscher Handhabung Probleme mit den Handgelenken auslösen.

Die Macht der Gewohnheit

Bei kleinen Unternehmen ist meist der Arbeitgeber im ausreichenden Ausmaß im Unternehmen anwesend, dass er selbst über die Gefahren aufklärt und die Arbeitsabläufe überwacht. Mit mehr als zehn ArbeitnehmerInnen muss eine Sicherheitsvertrauensperson (SVP) bestellt werden, die in Sicherheitsfragen unterstützt, informiert, berät und mit ArbeitsmedizinerInnen und Sicherheitsfachleuten zusammenarbeitet. Gegen die Gewohnheiten der MitarbeiterInnen ist es jedoch schwer anzugehen. Da kommt es auf das Geschick des Einzelnen an.

Mut zu Selbstaufklärung

Zwar wird die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch Arbeitsinspektorate, die dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit unterstehen, kontrolliert, aber das Hauptaugenmerk muss auf der Motivation zur Selbstaufklärung und der Evaluierung eventueller Gefahren liegen.
So sieht das auch Claudia Kretschenberger, Frisörin bei Brigittes Hair Design. Aus eigenem Interesse an ihrer Sicherheit hält sie sich gerne an die Vorschriften. Sie legt Wert auf die richtige Haltung, trägt bequeme Schuhe und auch beim Haare waschen Handschuhe. Sie lässt sich nicht mehr auf Trockenschneiden ein, was früher noch als Arbeitsverweigerung gegolten hätte. Heute, meint sie, sei das aus Hygienegründen nicht mehr erlaubt.
Auch informiert sie sich selbst über mögliche Verbesserungen und technische Entwicklungen in ihrem Berufsfeld. So wie Frau Kretschenberger den Racer gegen das Messer eingetauscht hat, womit sie Schnittverletzungen vermeiden kann.
Und der Hausverstand wird durch die Statistik bestätigt: 70 Prozent des sicherheitswidrigen Verhaltens begründet sich auf bewusstes oder fahrlässiges Handeln gegen bestehende ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften, nur 20 Prozent darauf, nur unzureichend informiert oder unterwiesen zu sein. Denn die Pflicht zur Mitwirkung zum Gefahrenschutz (zum Beispiel die Meldung von »Beinahe«-Unfällen) und zu gefahrenvermeidendem Verhalten des/der Arbeitnehmers/in muss genauso ernst genommen werden, wie die Pflicht des/der Arbeitgebers/in zur ­regelmäßigen Evaluierung der Gefah­ren und Reaktion auf Meldung von Mängel.

Beratung auf allen Seiten

Die Arbeiterkammer bietet mit einem umfassenden Beratungs- und Servicepaket für ArbeitgeberInnen und -nehmerInnen eine Ansprechpartnerin in Sicherheitsfragen. Auch darf laut Arbeiterkammergesetz eine gemeinsame Begehung des Betriebes oder der Baustelle mit dem Arbeitsinspektorat beantragt werden.
Die besondere Pflicht zur Vermeidung von Verstößen gegen die Arbeitsvorschriften sieht die AK in der Evaluierung von Mängeln nach einer Veränderung im Betrieb, die Bestellung einer geeigneten Sicherheitsvertrauensperson und deren fachliche Ausbildung. Auch sollte die Dokumentation der Arbeitssicherheit nicht nur phasenweise, sondern dauerhaft sein. Dafür sind die ­ArbeitgeberInnen zuständig, auch wenn sie einen/eine MitarbeiterIn dafür beauf­tragen, diese Arbeiten für sie zu übernehmen.
Die psychische Belastbarkeit darf zudem nicht außer Acht gelassen werden. 63 Prozent der Arbeitsunfälle sind auf psychisch belastende Arbeitsbedingungen zurückführbar.

Hohes Arbeitstempo und Stress

Besonders im produzierenden Bereich und im Baugewerbe sind ein hohes Arbeitstempo und Stress oft beklagte Übel, denen zum Beispiel mit dem Einsetzen von Arbeitspsychologen/-innen etwas entgegengewirkt werden kann.
Diese Fachkräfte nehmen, bei guten Kenntnissen über Betrieb und MitarbeiterInnen, die soziale Verträglichkeit der Arbeitsbedingungen wahr und können das Arbeitsklima verbessern sowie wichtige AnsprechpartnerInnen für die MitarbeiterInnen darstellen.
Stressmanagement kann den Anfang machen, doch das eigene Verantwortungsgefühl zeigt am Schluss die größte Wirkung.

Weblink
Arbeitspsychologie im Betrieb:
tinyurl.com/2vnypx7

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h0701971@wu.ac.at
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