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Fundraising und Flüchtlingsball Fundraising-Event Wiener Melange: Eine Veranstaltung zugunsten des Integrationshauses am 25. September 2010 ab 21 Uhr in der ­Ottakringer Brauerei, 1160 Wien. www.wienermelange.at

Fundraising und Flüchtlingsball

Schwerpunkt

Wie eine NGO zu Geld kommen und ihre Botschaft gleichzeitig verbreiten kann, demonstriert das Integrationshaus in Wien seit vielen Jahren.

Das Geld, so heißt es, liege auf der Straße, man müsse es sich nur holen. Da wir allerdings alle die Erfahrung gemacht haben, dass dem nicht ganz so ist, stellt sich auch für NGOs die Frage, wie man an die notwendigen Mittel kommt, um den Betrieb, die eigene Tätigkeit, die eigene Agenda aufrechtzuerhalten.
Eine NGO, die seit Jahren eine zielführende Fundraising-Mixtur aus Veranstaltungen verschiedener Art durchführt, ist das Wiener Integrationshaus. Dieser Verein betreut Flüchtlinge, vor allem traumatisierte Flüchtlingsfamilien, und hilft ihnen, sich in ihrer neuen Heimat zurechtzufinden. Die Initiative zur Gründung kam vom Musiker Willi Resetarits, der im damaligen Bürgermeister Zilk und dem Finanzstadtrat Hans Mayr kongeniale Partner für das Projekt fand.

Doppelnutzen

Die Finanzierung und die Sicherung der professionellen Arbeit des Integrationshauses ist Jahr für Jahr eine schwierige Aufgabe. Ungefähr 20 bis 25 Prozent des Gesamtbudgets müssen durch die Hilfe von privaten SpenderInnen, Unternehmenskooperationen und Veranstaltungserlöse aufgebracht werden. Das Integrationshaus kann auf vielfältigste Weise unterstützt werden: durch Geld- und Sachspenden, mit der Organisation einer Benefizveranstaltung oder klassischem Sponsoring.
Der PR-Fachmann des Integrationshauses, Nikolaus Heinelt, erklärt, wie Veranstaltungen und Events zum Trademark-Fundraising des Integrationshauses wurden: »Das Veranstaltungskonzept setzte immer auf Doppelnutzen: Also wir bringen unsere Botschaften unter die Leute, und bekommen dabei auch noch Geld für das Integrationshaus. Das hat damals wie heute funktioniert. Da es aber immer mehr an Benefiz-Veranstaltungen gibt, ist es immer schwieriger, neue Veranstaltungen zu etablieren. Daher sind wieder andere Konzepte des Fundraisings gefragt.«

Flagship-Event Flüchtlingsball

Dies kann in kleinem Rahmen, wie zum Beispiel als Basar zur Weihnachtszeit oder als Sommerfest mit Tombola, stattfinden. Konzerte, Theaterveranstaltungen, Sportturniere oder Bälle verursachen dagegen mehr Aufwand und dadurch auch mehr Kosten. Bevor ein Fundraising-Event geplant wird, muss man entscheiden, ob der Nutzen solch einer Veranstaltung im vertretbaren Verhältnis zum Aufwand steht. Zwei Ziele werden verfolgt: Geld einzunehmen, doch das noch wichtigere Ziel liegt darin, die jeweilige Organisation und ihre Anliegen in sichtbarer, ja greifbarer Form darzustellen.
»Der Vorteil ist, dass man den Menschen durch die Veranstaltung direkt etwas zurückgeben kann und auch, in kleinerem Maße, gleich auch Botschaften direkt ans Publikum bringt. Nachteil ist sicher, dass das mit sehr viel - zeitlichem - Aufwand verbunden ist und manchmal erst nach Jahren Früchte trägt«, meint dazu Nikolaus Heinelt. Ein weit verbreitetes Vorurteil bezüglich des Flüchtlingsballs, der als das »Flagship-Event« des Integrationshauses jedes Jahr im Rathaus veranstaltet wird, ist, dass diese Veranstaltung immer die gleichen Leute erreicht, nämlich die, die oft als »Gutmenschen« abqualifiziert werden. Auch da kann laut Nikolaus Heinelt Entwarnung gegeben werden. »Gerade wenn man sich das Publikum bei den verschiedenen Veranstaltungen des Integrationshauses anschaut - Flüchtlingsball, Kabarettgala ›Lachen hilft‹, Weinversteige-rung -, sieht man, dass sehr heterogene Zielgruppen damit angesprochen werden. Also nicht nur die ›üblichen Verdächtigen‹, sondern Menschen, die auch erstmal nur an der Veranstaltung interessiert sind. Und auch beim Response der ›Guten Zeitung‹ sieht man, dass ein sehr breites Publikum angesprochen wird, das vielleicht nur einmal im Jahr darüber liest und dann spendet.« Auch »Die Gute Zeitung« nützt das Integrationshaus, um an Spenden zu kommen. Alljährlich wird die Zeitung in der Vorweihnachtszeit von einem engagierten Team produziert und an alle Haushalte in Wien verteilt. So, wie auch beim Flüchtlingsball, wäre es wahrscheinlich ohne wohlwollende Unterstützung der Stadt Wien schwer, diese erfolgreichen Formen aufrechtzuerhalten. Auf eine Abhängigkeitssituation angesprochen sagt Nikolaus Heinelt nur lächelnd: »Es gibt keine Abhängigkeit von der Stadt Wien, aber eine gute Zusammenarbeit.«

PartnerInnen ÖGB und AK

Für die Geschäftsführerin des Integrationshauses, Andrea Eraslan-Weninger, sind neben der Stadt Wien sowohl der ÖGB wie auch die AK wichtige strategische PartnerInnen. Insbesondere im Bereich der Arbeitsmarktintegration und Bildung wird in den verschiedensten Projektnetzwerken intensiv zusammengearbeitet. Für kleinere Projekte gibt es auch immer wieder finanzielle Unterstützung.
»Ich kann halt für meinen Bereich nur sagen, dass ÖGB und AK unsere Veranstaltungen regelmäßig als Sponsoren unterstützen, die AK uns ab und an ein Radl als Hauptpreis für die Tombola spendet und sie uns Räumlichkeiten im AK-Bildungszentrum für Veranstaltungen zur Verfügung stellen«, sagt Heinelt.
Die Bevölkerung steht NGOs oft mit höherer Akzeptanz gegenüber und unterstützt diese in ihrem Handeln mehr, als vergleichbare staatliche Organisationen. Dies liegt nicht zuletzt an der fachlichen Kompetenz, der Nähe zu den BürgerInnen und der Effektivität des Handelns bei den NGOs.

Kritische Stimmen

Aber es gibt auch kritische Stimmen, die meinen, dass NGOs dem neoliberalen Anti-Etatismus sehr förderlich sind, dem die Verlagerung staatlicher Aufgaben im Bereich Soziales, Umwelt und Entwicklung an private Träger ein prinzipielles Anliegen ist.
Bei Organisationen, die auf Spenden angewiesen sind, stellt sich auch die Frage, was mit den Spendengeldern tatsächlich passiert, ob sie für den angegebenen Zweck eingesetzt werden. »Das Integrationshaus schaut bei allen Projekten, dass sie so weit über Förderungen und Sponsoren abgedeckt sind, dass der Reinerlös der Veranstaltungen und der Guten Zeitung direkt für die Flüchtlingshilfe eingesetzt werden kann.«
Dabei ist das Integrationshaus beileibe nicht nur eine Servicestelle, auch politisch setzt man sich ein. »Lobbying für unsere Zielgruppe ist ein großer Teil unserer Tätigkeit. Bei Projekten des Integrationshauses, Veranstaltungen und der Öffentlichkeitsarbeit, aber insbesondere auch bei den internationalen Vernetzungen - mit der Ausarbeitung von Vorschlägen, Stellungnahmen und Resolutionen zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Lage von Flüchtlingen und MigrantInnen«, sagt Nikolaus Heinelt. »Wir verbreiten die Botschaften über die klassischen Medien wie Presseaussendungen, Plakate und Flyer, neuerdings auch über social networks wie facebook. Und bis jetzt gab es keinerlei negative Reaktionen auf unsere diversen Veranstaltungen, jeder pickt sich halt das raus, was im taugt.«
Dass die Botschaft, die man transportieren möchte, in dem medialen Trubel untergeht, wie es manche Kritiker dem Lifeball vorwerfen, sieht er nicht: »Beide Veranstaltungen haben erstmal einen sozialen Grundgedanken. Nur Flüchtlinge sind halt immer noch kein ›sexy‹ Thema für die High Society, wo man gesehen werden möchte, während Aids mittlerweile vernünftig diskutiert werden kann. Der Flüchtlingsball gilt halt immer noch eher als politische Veranstaltung, während der Lifeball zum Societyevent wurde. Aber wie gesagt, den sozialen Grundgedanken spreche ich beiden nicht ab.«

Weblink
Mehr Infos unter:
www.integrationshaus.at

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