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Rasenmäher fürs Budget Die Ausgabenobergrenzen des BFR wurden nach der Rasenmäher-Methode gekürzt, auch wenn es etwas höhere "Schnitthöhen" für besonders sensible Bereiche gibt (v. a. Bildung, Wissenschaft und Forschung, Arbeitsmarktpolitik bzw. innere Sicherheit).

Rasenmäher fürs Budget

Wirtschaft&Arbeitsmarkt

Mit dem Bundesfinanzrahmen wurden Grundzüge der Budgetkonsolidierung festgelegt - eine Gefahr für ausgewogene Wirtschaftspolitik?

Der nun im Parlament beschlossene Bundesfinanzrahmen (BFR) für die Jahre 2011 bis 2014 sieht niedrigere Ausgabenobergrenzen - und damit deutliche Einsparungen - vor. Bis 2014 soll um 3,5 Mrd. Euro (rund fünf Prozent der Gesamtausgaben) weniger ausgegeben werden als bisher geplant. Fast die Hälfte davon soll bereits 2011 eingespart werden, obwohl dies den Aufschwung ernsthaft gefährden könnte.
Gegenüber 2009 wird 2011 zwar tatsächlich weniger ausgegeben werden, bis 2014 steigen die Ausgaben wieder. Dieser Anstieg ist nicht auf eine Ausweitung der Leistungen, sondern auf die allgemeine Preissteigerung und die langfristigen Folgen der Krise zurückzuführen: Die Kosten der krisenbedingten Arbeitslosigkeit und der durch fehlende Einnahmen steigenden Zuschüsse in die Sozialtöpfe sind noch lange zu tragen. Das BFR-Gesetz ist darauf eine unzureichende Antwort, denn mehr als die Hälfte des Konsolidierungsbedarfs des Bundes entfällt auf Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie.

Ausgaben nicht gleich Ausgaben

Die Ausgabenobergrenzen des BFR wurden nach der Rasenmäher-Methode gekürzt, auch wenn es etwas höhere "Schnitthöhen" für sensible Bereiche gibt (v. a. Bildung, Wissenschaft, Forschung, Arbeitsmarktpolitik, innere Sicherheit). Auf Bundesebene nahezu gleich zu kürzen mag zwar politisch einfacher sein, ist allerdings falsch und ungerecht. Erstens wird weder auf Notwendigkeiten noch historische Entwicklungen Rücksicht genommen. Zweitens haben einzelne Ausgaben eine unterschiedliche Bedeutung für Wachstum, Beschäftigung und Verteilung. Selbst die relativ geringe Kürzung bei den Hochschulen stellt sich als problematisch dar: Diese waren bereits in der Vergangenheit unterdotiert und müssten zur Erreichung des Regierungszieles von zwei Prozent des BIP eigentlich aufgestockt werden. Gezielte strukturelle Reformen, strategische Schwerpunktsetzungen oder eine breite Verwaltungsreform fehlen. Die Beteiligung von Ländern und Gemeinden wird offengelassen bzw. schwankt zwischen einer "Einladung" beizutragen, und der Außerfragestellung, "dass auch Länder und Gemeinden einen Konsolidierungsbeitrag leisten müssen". Das wäre angebracht, da der Bundeshaushalt in den vergangenen Jahren immer stärker gestrafft wurde, während es auf Landesebene deutlich weniger Anstrengungen gab (z. B. wuchsen die Ausgaben der Länder im Zeitraum 2005 bis 2008 um knapp 15 Prozent, jene des Bundes aber nur halb so stark). Ein sich so ergebender finanzieller Spielraum auf Landes- und Gemeindeebene könnte zudem für konjunkturbelebende Offensivmaßnahmen eingesetzt werden.
Von WirtschaftswissenschafterInnen über den Internationalen Währungsfonds bis hin zu Gewerkschaften reicht die Einschätzung, dass die Krise erst vorbei ist, wenn die Arbeitslosigkeit wieder sinkt. Das wird zwar in Europa vielleicht schon 2011 der Fall sein, eher erst 2012. Der Budgetpfad der Regierung trägt der Gefahr einer weiterhin schleppenden wirtschaftlichen Entwicklung keinerlei Rechnung. Weder ist ein "Konjunkturvorbehalt" vorgesehen, noch wird versucht, durch gezielte zusätzliche Ausgaben in wichtigen Bereichen Wachstum und Beschäftigung anzukurbeln. Es scheint, als wäre das einzige wirtschaftspolitische Ziel eine rasche Rückführung des Defizits.
Abbau staatlicher Defizite ist ein sinnvolles Ziel der Wirtschaftspolitik, etwa um die Zinskosten in Grenzen zu halten - aber eben nur EINES. Andere Ziele, wie insbesondere Abbau der Rekordarbeitslosigkeit, Korrektur von Verteilungsschieflagen und die Vermeidung zukünftiger Wirtschaftskrisen müssen aber ebenso verfolgt werden.
Im April legte das deutsche Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) eine Studie zu den Strategien der Budgetkonsolidierung in Österreich vor. Projektleiter Achim Truger kommt darin zum Schluss, dass eine Alternative zum Budgetpfad der Bundesregierung sinnvoll wäre, weil dieser der Wechselwirkung von Budget, Wachstum und Beschäftigung zu wenig Rechnung trägt. Rigorose Ausgabenkürzungen können das Defizit nur zum Teil senken, da sie Wachstum und Beschäftigung schwächen, was am Ende wieder die Staatshaushalte belastet: Ein um einen Prozentpunkt niedrigeres Wirtschaftswachstum verschlechtert das Budgetdefizit um bis zu 0,5 Prozent des BIP bzw. über eine Mrd. Euro. Eine erfolgreiche Konsolidierungsstrategie muss langfristig ausgerichtet und von Wachstum getragen sein. Statt Ausgaben zu kürzen sollen sie weiterhin steigen dürfen, allerdings weniger stark als das Wirtschaftswachstum. Ist die so erzielte Defizitreduktion geringer als gewünscht, soll sie durch höhere Abgaben ergänzt werden, in erster Linie durch Steuern konzentriert auf obere Einkommensschichten. Konkret für Österreich brächte ein solcher Strategiewechsel bis zu 30.000 Arbeitsplätze bzw. eine um 1,8 Prozent höhere Wirtschaftsleistung 2013.
Die beste Möglichkeit mehrere wirtschaftspolitische Ziele gleichzeitig zu erreichen sind vermögensbezogene Steuern. Sie könnten der Verteilungs-Schieflage entgegenwirken, die einer der wesentlichsten Gründe der Krise ist: Erst die immensen Vermögen und Spitzeneinkommen befeuerten die internationalen Finanzmärkte und trugen zu deren Destabilisierung bei. Zudem schaden vermögensbezogene Steuern kaum der Konjunktur, weil sie eher zu geringeren Vermögenszuwächsen bei SpitzenverdienerInnen führen als zu weniger - volkswirtschaftlich relevantem - Konsum. Entgegen den primär auf der Ausgabenseite ansetzenden Plänen des Finanzministers wäre gerade zu Beginn der Konsolidierung ein möglichst großer Beitrag von reicheren Haushalten das Gebot der Stunde. Vorschläge z. B. von Gewerkschaften, Arbeiterkammer, der zivilgesellschaftlichen Plattform "Wege aus der Krise" würden genau das ermöglichen.

Budget 2011 entscheidend

Obwohl das BFRG gemeinsam mit dem Strategiebericht die budgetpolitische Strategie und die Ausgabenschwerpunkte je Untergliederung darlegen soll, bleibt abseits der nackten Ausgabenobergrenzen vieles offen - vor allem wenn man die begleitenden ƒußerungen der Regierungsparteien ernst nimmt. Die ÖVP deutete etwa bereits an, dass die vereinbarten Einsparungen sogar noch übertroffen werden sollen. Die SPÖ zeigt sich offen für ƒnderungen des BFRG bereits wieder im Herbst, sollte es die konjunkturelle Situation erfordern.
Was der Strategiebericht letztendlich wert ist, wird das Budget 2011 zeigen. Für breite Bevölkerungsschichten ist zentral, dass auch tatsächlich "im Rahmen der Budgetkonsolidierung Augenmerk auf Beschäftigungswirkungen und soziale Ausgewogenheit" gelegt wird, wie es dort wörtlich heißt. Das würde nämlich z. B. vor Energiesteuern ohne sozialen Ausgleich, deutlich höheren ÖBB-Tarifen und eingefrorenen Pensionen schützen - und auf höhere vermögensbezogene Steuern hinauslaufen.

Info&News
Mit dem neuen Haushaltsrecht des Bundes, das mit 1.1.2009 in Kraft trat, wurde der Budgetprozess in einer ersten Etappe reformiert. Eine der wesentlichen Neuerungen ist, dass zusätzlich zum bisherigen regulären Bundesvoranschlag (= Budget) - dessen Entwurf im Regelfall im Oktober von der Regierung vorgelegt wird - eine mittelfristige Haushaltsplanung eingeführt wurde. Diese wird im Frühjahr beschlossen und soll die budgetpolitischen Eckpunkte für die kommenden vier Jahre festlegen, um längerfristige Planungen zu erleichtern. Sie besteht aus dem Bundesfinanzrahmengesetz (BFRG) und dem Strategiebericht.
BFRG: Es enthält den Bundesfinanzrahmen mit verbindlichen Obergrenzen für fünf grobe Ausgabenkategorien und den Personalplan. Damit werden die Ausgaben des Bundes für die kommenden vier Jahre nach oben hin gesetzlich bindend beschränkt, das heißt, kommende Bundesvoranschläge dürfen diese Grenzen nicht mehr überschreiten.
Strategiebericht: Er ergänzt das BFRG und soll insbesondere dessen budgetpolitische Zielsetzungen erläutern. Der über 80 Seiten starke Bericht enthält die zugrunde liegenden gesamtwirtschaftlichen Annahmen, eine Aufstellung der zu erwartenden Einnahmen, Defizit- und Schuldenentwicklung des Gesamtstaates, Ziele und Erläuterungen auf Ebene der Untergliederungen sowie weitere relevante Daten und Informationen. Für Analyse und Informationszwecke ist er das Herzstück der mittelfristigen Budgetplanung.

Weblink
Analyse des BFRG:
wien.arbeiterkammer.at/bilder/d123/AnalyseFinanzrahmengesetz.pdf

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georg.feigl@akwien.at
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aw@oegb.at

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