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Das Prinzip der Gleichberechtigung: 1981 wurde auf Dohnals Initiative als Frauenstaatssekretärin hin die kostenlose Mitversicherung und die Anrechenbarkeit von Kinderbetreuungsjahren auf Pensionsversicherungszeiten auch für Männer ermöglicht. Das Prinzip der Gleichberechtigung: 1981 wurde auf Dohnals Initiative als Frauenstaatssekretärin hin die kostenlose Mitversicherung und die Anrechenbarkeit von Kinderbetreuungsjahren auf Pensionsversicherungszeiten auch für Männer ermöglicht.

Das war die Dohnal

Gesellschaftspolitik

Am 20. Februar 2010 starb Johanna Dohnal. Sie sagte einmal: "Machtverhältnisse sind weder geschichtslos noch geschlechtsneutral."

Als Johanna Dohnal Anfang der 1970er-Jahre begann politisch in Erscheinung zu treten - zuerst 1972 als Wiener Frauensekretärin, ein Jahr später als Wiener Gemeinderätin -, war meine Mutter gerade Anfang zwanzig und im Begriff, beruflich Fuß zu fassen, zu heiraten und eine eigene Familie zu gründen.
Die damals herrschenden, sehr traditionellen Vorstellungen ließen Frauen für alternative Lebensentwürfe oder gar Karrierewünsche nicht viel Spielraum. Sie hatten ein Leben als liebende Hausfrau und Mutter als erfüllend zu betrachten. "Heute ist die alleinstehende Frau meist berufstätig, doch nur selten füllt ihre Arbeit sie ganz aus. (…) Für seine Liebe kein Ziel zu wissen, weil kein Mann, keine Kinder da sind, denen man sie schenken kann, käme nahezu einer Sünde gleich", belehrt ein Frauen-Ratgeber aus jener Zeit. Untermauert wurde dieser gesellschaftliche Konsens durch rechtliche und politische Rahmenbedingungen.

Man kommt nicht als Frau zur Welt ...

Über ihren gesamten Lebensweg hinweg wurden Frauen anders als Männer behandelt und dabei häufig in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt oder massiv diskriminiert. Bereits in der Erziehung von Kindern wurden unterschiedliche Maßstäbe angelegt. Geschlechtsspezifische Lehrpläne und nach Geschlecht getrennter Unterricht gehörten schon in der Volksschule zur Realität. "Gleiche Lehrpläne für Buben und Mädchen" forderte Johanna Dohnal bereits Anfang der 1970er-Jahre, aber erst 1993 wurde der getrennte Werkunterricht - Mädchen nähen und stricken, Buben hämmern und sägen - aufgehoben!
Dem Kindesalter entwachsen tat eine junge Frau gut daran, zur Absicherung ihrer Existenz nach einem Ehemann Ausschau zu halten. Selbst Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung - Anfang der 1970er-Jahre lediglich rund zwölf Prozent - konnten meist nur in traditionell schlechter bezahlten "Frauenberufen" Fuß fassen. Es war selbstverständlich, Frauen für die gleiche Tätigkeit weniger zu bezahlen als ihren männlichen Kollegen.
Frauen wurden als "Dazuverdienerinnen" betrachtet. Sogar in den Kollektivverträgen war unterschiedliche Entlohnung vorgesehen! Das wurde erst 1979 durch das Gleichbehandlungsgesetz untersagt.
Um Frauen dazu zu ermutigen, andere als "typisch weibliche" Berufe zu wählen, organisierte Johanna Dohnal ab 1978 Vorbereitungskurse für technisch interessierte Mädchen und startete 1984 die Aktion "Töchter können mehr - Berufsplanung ist Lebensplanung".

Ob Kinder oder keine …

… eine ungewollte Schwangerschaft kam, insbesondere für unverheiratete junge Frauen, einer Katastrophe gleich. Schwangerschaftsabbrüche waren verboten, und gerade Frauen mit geringen finanziellen Mitteln riskierten bei illegalen Abtreibungen unter oft primitiven Bedingungen ihre Gesundheit und nicht selten auch ihr Leben. Der Schwangerschaftsabbruch wurde Anfang der 1970er-Jahre heiß diskutiert. Der 1971 von Justizminister Broda vorgelegte Gesetzesentwurf sah Straffreiheit lediglich unter bestimmten "Indikationen" (z. B. Gefahr für das Leben der Mutter) vor. Das war neben der autonomen Frauenbewegung auch einem Teil der SPÖ-Frauen entschieden zu wenig: Mit dem "Aktionskomitee zur Abschaffung des ß144" erreichten sie durch massiven öffentlichen Druck, dass die Fristenlösung allein mit den Stimmen der SPÖ beschlossen wurde und 1975 in Kraft trat - 55 Jahre nachdem die Sozialdemokratin Adelheid Popp erstmals diesen Antrag gestellt hatte ...
Johanna Dohnal kämpfte auch für die tatsächliche Ermöglichung des Schwangerschaftsabbruchs und prangerte wiederholt an, dass in Tirol und Vorarlberg (übrigens bis heute) kein öffentliches Krankenhaus diesen Eingriff durchführt. Gleichzeitig setzte sie sich für verstärkte Sexualaufklärung und die Errichtung von Familienberatungsstellen ein, die auch Schwangere in Krisensituationen beraten.

Das Private ist politisch!

Durch Heirat begab sich eine Frau in einen Zustand der Entmündigung aus heutiger Sicht . Das im Wesentlichen aus dem Jahr 1811 stammende Familienrecht räumte dem Ehemann die absolute Vormachtstellung innerhalb der Familie ein: Die Frau musste den Familiennamen des Mannes annehmen, dieser bestimmte über den Wohnsitz, übernahm die gesetzliche Vertretung der gesamten Familie, er entschied über Fragen der Haushaltsführung und der Kindererziehung. Sie war zur Führung des Haushalts sowie zur unentgeltlichen Mitarbeit im Betrieb des Ehemannes verpflichtet. Eine eigenständige Berufstätigkeit durfte sie nur mit dessen Einverständnis ausüben.
Die Reform dieses antiquierten Familienrechts wurde schon 1925 von den sozialdemokratischen Nationalrätinnen Adelheid Popp und Gabriele Proft gefordert. Verändert wurde die Stellung der Frau erst durch die Familienrechtsreform der 1970er-Jahre, deren Kernstück 1976 in Kraft trat: Das partnerschaftliche Prinzip wurde festgeschrieben, der Ehemann durfte eine Berufstätigkeit der Frau nicht mehr verbieten, Familienname und Wohnsitz der Familie werden gemeinschaftlich festgelegt. Beide Eheleute müssen gleichermaßen zum Unterhalt beitragen und zwar durch Erwerbstätigkeit oder Hausarbeit, die dadurch erstmals als gleichwertiger Beitrag anerkannt worden ist.
Das Prinzip der Gleichberechtigung in der Ehe weiter auszubauen war eines der vordringlichsten Anliegen Johanna Dohnals. 1981 wurde auf ihre Initiative als Frauenstaatssekretärin hin die kostenlose Mitversicherung und die Anrechenbarkeit von Kinderbetreuungsjahren auf Pensionsversicherungszeiten auch für Männer ermöglicht sowie eine Witwerpension eingeführt. 1990 wurde endlich Realität, was Johanna Dohnal innerparteilich bereits 1977 gefordert hatte: Seither können auch Väter zur Betreuung ihres Kleinkindes Karenzzeit in Anspruch nehmen. Heftig umstritten war auch der Themenbereich Gewalt gegen Frauen. Lange Zeit wurde Gewalt, die ein Mann seiner Ehefrau antat, bis hin zur Vergewaltigung, in den Bereich des Privaten verwiesen. Ein Umstand, den Johanna Dohnal von Anbeginn an mit größtem Engagement bekämpfte. Auf Initiative der damaligen Gemeinderätin wurde 1978 das erste Frauenhaus Wiens eröffnet. Erst 1989 wurde Vergewaltigung in der Ehe als Straftatbestand anerkannt. Die 1994 von Johanna Dohnal gegründete interministerielle Arbeitsgruppe bereitete das Gewaltschutzgesetz vor, das 1997, bereits nach Dohnals vorzeitigem Ausscheiden aus der Regierung, in Kraft trat und nach wie vor international hohe Anerkennung erfährt.

Heimat bist du großer …

Die Bedingungen, die Frauen meiner und künftiger Generationen vorfinden, unterscheiden sich wesentlich von jenen vor der "Ära Dohnal". Unsere Möglichkeiten, selbst über unseren Körper, unsere berufliche Laufbahn, unser Leben zu bestimmen, sind ungleich größer als die unserer Mütter. Das haben wir Johanna Dohnal und ihren vielen, engagierten Mitstreiterinnen zu verdanken. Am Ziel hingegen sind wir noch lange nicht. Aber nur eine Gesellschaft aus selbstbestimmten, eigenständigen Individuen kann eine gleichberechtigte, solidarische und sozial gerechte Gesellschaft sein. Aus diesem Grund tun wir alle, Frauen wie Männer, gut daran, weiter dafür zu kämpfen!

Zur Person
Am 14. 2. 1939 in Wien als uneheliche Tochter einer Arbeiterin geboren.
1969 - SPÖ-Bezirksrätin in Wien Penzing
1972 - Wiener Frauensekretärin der SPÖ
1979 - Angelobung als Frauenstaatssekretärin
1990 - Angelobung als Frauenministerin
1995 - Rücktritt vom Amt der Frauenministerin
Am 20. 2. 2010 stirbt Johanna Dohnal in ihrem Haus im Weinviertel.

Weblink
Gedenkseite:
www.johanna-dohnal.at

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