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Eine in Schweden durchgeführte Befragung von rund 2.500 Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren, die in den vorhergehenden zwölf Monaten Lohnarbeit geleistet hatten, ergab, dass 3,5 Prozent der Befragten durch Mobbinghandlungen belästigt wurden. Eine in Schweden durchgeführte Befragung von rund 2.500 Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren, die in den vorhergehenden zwölf Monaten Lohnarbeit geleistet hatten, ergab, dass 3,5 Prozent der Befragten durch Mobbinghandlungen belästigt wurden.
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Ausgegrenzt

Gesellschaftspolitik

Mobbing ist ein ernst zu nehmendes Problem, das gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten weit verbreitet ist. Betroffen sind oft die, die anders sind.

Über Mobbing am Arbeitsplatz wird häufig diskutiert. Obwohl vieles bei dieser Diskussion missverstanden - nicht jeder Konflikt am Arbeitsplatz ist "Mobbing" - und dieser Begriff teilweise inflationär verwendet wird, darf die Problematik keinesfalls unterschätzt werden. Die Folgen sind nämlich sowohl für die einzelnen Betroffenen als auch für die jeweiligen ArbeitgeberInnen (AG) und letztlich auch für die Allgemeinheit beträchtlich: Mobbingopfer leiden häufig an vielfältigen Beschwerden. Für AG entstehen Produktionsausfälle, z. B. durch Krankheit, sowie weitere wirtschaftliche Verluste. Aber auch für die Gesellschaft entstehen beträchtliche Kosten für ärztliche Betreuung, Bearbeitung und Versorgung über die Krankenversicherung, Rehabilitationsversuche, Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspensionen usw.

Empirische Studien

Zu Mobbing existieren verschiedene empirische Studien: Eine in Schweden durchgeführte Befragung von rund 2.500 Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren, die in den vorhergehenden zwölf Monaten Lohnarbeit geleistet hatten, ergab, dass 3,5 Prozent der Befragten durch eine oder mehrere Mobbinghandlungen belästigt wurden, und zwar mindestens einmal die Woche während mindestens eines halben Jahres. Bei einer im Auftrag der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Dublin-Stiftung) durchgeführten und im Jahr 2000 veröffentlichten Untersuchung gaben acht Prozent von 21.500 befragten ArbeitnehmerInnen (AN) in der EU an, in den letzten zwölf Monaten vor der Befragung an ihrem Arbeitsplatz Mobbing ausgesetzt gewesen zu sein.
Es existiert keine einheitlichen Definition des Begriffs "Mobbing". Die Verwendung dieses Begriffes für gezielten Psychoterror am Arbeitsplatz geht auf den deutsch-schwedischen Arbeitspsychologen und Betriebswirt Heinz Leymann zurück: "Unter Mobbing wird eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen verstanden, der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet."
Leymann teilte einen typischen Mobbingverlauf in vier Phasen ein:

  1. Konflikte, einzelne Unverschämtheiten und Gemeinheiten
  2. Übergang zu Mobbing und Psychoterror
  3. Rechtsbrüche durch Über- und Fehlgriffe der Personalverwaltung
  4. Ausschluss aus der Arbeitswelt

In weiterer Folge erweiterte er dieses Modell um eine zusätzliche Phase (vor "Ausschluss aus der Arbeitswelt": Fehldiagnosen durch Ärzte, Psychiater und Psychologen, die weiter schuldzuschreibend und stigmatisierend wirken).

Warum ist "Mobbing" rechtswidrig?

Aus der Fürsorgepflicht von AG ergibt sich, dass diese gegenüber ihren AN - jedenfalls was eigene Handlungen und die Abwehr von Handlungen anderer AN betrifft - zu mehr verpflichtet sind. Werden von einem/einer AN andere AN "gemobbbt", verletzen diese jedenfalls ihre gegenüber dem AG bestehende Treuepflicht. Derartige Sachverhalte sind jedenfalls im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses aufgrund der Fürsorgepflicht von AG in Verbindung mit dem Persönlichkeitsrecht (§ 16 ABGB) und dem "Schikaneverbot" (§ 1295 Abs. 2 ABGB) als rechtswidrig zu qualifizieren.

Welche Sanktionen können AG bei Mobbing durch KollegInnen setzen?

  • Die "niedrigstschwellige" Reaktionsmöglichkeit von AG ist zunächst die Ermahnung bzw. Verwarnung.
  • Versetzungen von "Mobbenden" könnten diese von betroffenen AN trennen. Zu beachten sind dabei der Versetzungsschutz des § 101 ArbVG sowie Grenzen des Einzelarbeitsvertrages.
  • Kündigung von "Mobbenden". In diesem Zusammenhang ist das Vorliegen eines "personenbedingten Kündigungsgrundes" im Sinne des "allgemeinen Kündigungsschutzes" gem. § 105 Abs. 3 Z 2 ArbVG zu prüfen, wenn durch derartige Verhaltensweisen die betrieblichen Interessen von AG nachteilig berührt werden.
  • Entlassung. Im Gegensatz zur Kündigung bedarf die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines bestimmten Grundes. Bei Mobbinghandlungen kommen mehrere im § 27 AngG genannte Entlassungsgründe in Betracht.

Welche Möglichkeiten stehen betroffenen AN zur Verfügung?

  • Betroffene AN haben zunächst einen Anspruch auf Unterlassung derartiger Verhaltensweisen, der auch gerichtlich durchgesetzt werden kann.
  • Besteht die Verletzung der Fürsorgepflicht von AG darin, bestimmte rechtswidrige Verhaltensweisen anderer AN nicht zu unterbinden, kommt ein entsprechender Leistungsanspruch gegenüber diesen AG in Betracht.
  • AN steht bei schwerwiegenden Verletzungen der Fürsorgepflicht grundsätzlich das Recht zu, die eigene Arbeitsleistung zu verweigern.
  • Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes sind AN gemäß § 26 AngG berechtigt, mit sofortiger Wirkung das Arbeitsverhältnis zu beenden.

Rechte des Betriebsrates

Ausgewählte Mitwirkungsbefugnisse des Betriebsrates in diesem Zusammenhang sind insb. gem. § 89 ArbVG das Recht, die Einhaltung der die AN des Betriebes betreffenden Rechtsvorschriften zu überwachen sowie gem. § 90 ArbVG das Recht, in allen Angelegenheiten, die die Interessen der AN berühren, bei BetriebsinhaberInnen und erforderlichenfalls bei den zuständigen Stellen außerhalb des Betriebes entsprechende Maßnahmen zu beantragen und die Beseitigung von Mängeln zu verlangen (BetriebsinhaberInnen sind verpflichtet, den Betriebsrat auf dessen Verlangen in allen Angelegenheiten, die die Interessen der AN des Betriebes berühren, anzuhören).
Die Einführung einer betrieblichen Disziplinarordnung (welche u. a. Disziplinarmaßnahmen bei Mobbinghandlungen vorsehen könnte) bedarf gem. § 96 Abs. 1 Z 1 ArbVG der Zustimmung des Betriebsrates in Form einer Betriebsvereinbarung. Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme ist gem. § 102 ArbVG nur zulässig, wenn sie in einem Kollektivvertrag oder einer Betriebsvereinbarung (im Sinne des ß 96 Abs. 1 Z 1 ArbVG) vorgesehen ist. Darüber hinaus bedarf die konkrete Verhängung im Einzelfall der Zustimmung entweder des Betriebsrates oder einer entsprechenden Entscheidung vonseiten einer mit Zustimmung des Betriebsrates eingerichteten Stelle (insb. Disziplinarkommission).
(Sonstige) Betriebsvereinbarungstatbestände in diesem Zusammenhang wären insb. allgemeine Ordnungsvorschriften, die das Verhalten der AN im Betrieb regeln (§ 97 Abs. 1 Z 1 ArbVG); Maßnahmen zur menschengerechten Arbeitsgestaltung (§ 97 Abs. 1 Z 9 ArbVG) sowie betriebliches Beschwerdewesen (§ 97 Abs. 1 Z 20 ArbVG).

Konsequenz Schadenersatz

Konkrete Anspruchsgrundlagen für geschädigte AN können etwa solche aus Körperverletzung (§ 1325 ABGB), Ehrenbeleidigung bzw. Kreditschädigung (§ 1330 ABGB), Sachschäden (§§ 1331, 1332 ABGB) oder (unter eingeschränkten Voraussetzungen) "reine Vermögensschäden" sein. Eine bedeutende Anspruchsgrundlage für ideellen Schadenersatz findet sich insb. in § 12 Abs. 11 GlBG, § 21 Abs. 11 GlBG sowie § 7i BehEinstG (Schadenersatz wegen Belästigung).

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