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Delegiert werden zumeist unangenehme Tätigkeiten, die "drei Cs", wie sie genannt werden: Cleaning, Cooking, Caring (Putzen, Kochen, Sorgen). Delegiert werden zumeist unangenehme Tätigkeiten, die "drei Cs", wie sie genannt werden: Cleaning, Cooking, Caring (Putzen, Kochen, Sorgen).
Buchtipp

Neue Dienstbotinnen

Schwerpunkt

Die Herkunft von Migrantinnen in der haushaltsnahen Dienstleistung ist vielfältig, die Hausarbeit bleibt jedoch einheitlich weiblich.

Wer kennt das nicht: Ein anstrengender Job, der Haushalt, vielleicht auch Kinder oder einen pflegebedürftigen Angehörigen versorgen und ein bisschen Zeit für sich selbst wäre auch schön. Vor allem für Frauen ist das oft Wirklichkeit. Kein Wunder, wenn der Wunsch besteht, zumindest einen Teil der ungeliebten Hausarbeit abzugeben. Trotz leicht steigender Beteiligung der Männer verbleiben drei Viertel der täglichen Verrichtungen weiterhin bei den Frauen. Der immer häufiger gewählte Ausweg für jene, die es sich leisten können: Jemand anderes wird dafür bezahlt. Diese Personen kommen zum ganz überwiegenden Teil aus dem Ausland. So unterschiedlich der nationale und soziale Hintergrund dieser Menschen ist, in einem Punkt gleichen sie sich: Sie sind weiblich. Hausarbeit, so scheints, ist und bleibt Frauensache.

Zuverdienerin wird Hauptverdienerin

Es stellt sich die Frage, warum dieses Phänomen, das in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg fast zur Gänze verschwand, sich nun wieder verbreitet. Dabei besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Ausgestaltung des Sozialstaates und dem wachsenden Bedarf an Haushaltsarbeiterinnen.
Umwälzungen am Arbeitsmarkt bewirkten in den vorigen Jahrzehnten zunehmende Unsicherheit für die ArbeitnehmerInnen. Häufige Jobwechsel, sozial- und arbeitsrechtlich schlecht oder gar nicht abgesicherte Arbeitsverhältnisse, die immer mehr an Flexibilität fordern und trotzdem häufig mit deutlich weniger Lohn einhergehen: An die Stelle des männlichen Familienernährers treten vermehrt DoppelverdienerInnen-Haushalte. Und in der größer werdenden Zahl der Single- und AlleinerzieherInnen-Haushalte wird die einstige "Zuverdienerin" zur unverzichtbaren Hauptverdienerin.

Hausarbeit = Frauensache?

Dass Frauen sich Einkommen und Pension zunehmend selbst verdienen (müssen), ändert nichts an ihrer vorrangigen Zuständigkeit für Kinder und Küche. Wie die Zeitbudgetstudien jedes Mal aufs Neue zeigen, bleibt die Beteiligung der Männer im Haushalt eher bescheiden.
Zudem erreicht eine wachsende Zahl von Menschen ein hohes Alter und ist auf Hilfe bei den Verrichtungen des täglichen Lebens angewiesen. Wenn die bisher dafür "zuständigen" weiblichen Angehörigen aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit diese Versorgung nicht mehr erbringen können und/oder wollen, muss diese von anderen, häufig migrantischen, Frauen nun in entgeltlicher Form, geleistet werden. Delegiert werden zumeist unangenehme Tätigkeiten, die "drei Cs", wie sie genannt werden: Cleaning, Cooking, Caring (Putzen, Kochen, Sorgen). Die Planung und Koordinierung des Haushalts oder die Gestaltung des Zusammenlebens bleiben jedoch fast immer bei dem/der ArbeitgeberIn.

Geschlechterordnung bleibt

Die Kombination aus konkreten Rahmenbedingungen mit fest verankerten Rollenbildern führt dazu, dass unbezahlte Haus- und Betreuungsarbeit nicht zwischen Frauen und Männern umverteilt, sondern von einheimischen Frauen zu migrantischen Frauen verlagert wird. Zu den Rahmenbedingungen gehören die Schere zwischen Frauen- und Männereinkommen, eine geschlechtsspezifische Berufswahl, eine Sozial- und Steuerpolitik, die die Familienform des männlichen Ernährer-Modells begünstigt, sowie fehlende Kinderbetreuungseinrichtungen und Ganztagsschulen. Daneben gibt es Hindernisse, die möglicherweise noch schwieriger zu überwinden sind. Unsere täglichen Tätigkeiten haben hohen Symbolwert: Haushalts- und Versorgungs-Arbeit gelten als weiblich, die Verantwortlichkeit verbleibt in der Zuständigkeit von Frauen. So entsteht eine Zweiklassengesellschaft innerhalb der Frauen, die Geschlechterordnung zwischen Mann und Frau bleibt hingegen unangetastet. Vielfältig wird nur die Herkunft der Hausarbeit Leistenden, beim Geschlecht herrscht weiterhin Eintönigkeit.

Angebot trifft Nachfrage

In Österreich stehen nur etwas mehr als die Hälfte der Frauen ohne österreichische Staatsbürgerschaft in Beschäftigung, während das bei drei Viertel der Männer der Fall ist. Viele dieser Frauen sind im Rahmen des Familiennachzugs nach Österreich gekommen und haben daher oft (noch) keinen legalen Arbeitsmarktzugang. Da aber die Einkommen von MigrantInnen deutlich unter jenen der ÖsterreicherInnen liegen, wird der Verdienst dringend benötigt. Oft wird damit auch noch die Familie im Herkunftsland unterstützt. So entsteht Druck, eine nicht den rechtlichen Vorgaben entsprechende Beschäftigung anzunehmen.
Für Migrantinnen ohne regulären Aufenthalt und/oder Arbeitsmarktzugang sind private Haushalte oft die einzige Beschäftigungsmöglichkeit, weil sie dort vor der Überprüfung ihres rechtlichen Status weitgehend "geschützt" sind. Die entsprechende Nachfrage ist gegeben, weil reguläre Haushalts- und Pflegedienstleistungen oft nicht verfügbar oder zu kostspielig sind. Die Migrantinnen selbst haben häufig eine gute Ausbildung und sehen die Hausarbeit als eine "Übergangslösung", bis eine bessere, reguläre Arbeit gefunden wird. Dass die Wirklichkeit diesen Erwartungen häufig nicht entspricht, wird wenig überraschen.
Mit sieben und neun Euro pro Stunde liegt die Bezahlung für die Hausarbeit scheinbar im Bereich des Mindestlohntarifs für Hausangestellte. Allerdings entfallen bei irregulärer Beschäftigung für die ArbeitgeberInnen nicht nur die Kosten von Sozialversicherung und Lohnsummenabgaben, es gibt keinen Anspruch auf Sonderzahlungen, keinen Urlaubsanspruch und keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Andererseits multipliziert sich auch ein prekärer Stundenlohn schnell zu einem für die DienstgeberInnen kaum leistbaren Betrag, wenn viele Stunden in Anspruch genommen werden müssen, wie etwa in der Pflege. Irreguläre Beschäftigung wird somit häufig zur einzig bezahlbaren Form der benötigten Dienstleistung. Die Kosten für die Verbilligung tragen die Migrantinnen: Sie müssen nicht nur auf die arbeitsrechtlichen Ansprüche und soziale Absicherung verzichten, sondern auch auf die gesetzlichen Regelungen zum Schutz der Gesundheit (Begrenzung von Arbeitszeiten, Gefährdungen im Arbeitsumfeld ...).
Dabei erfüllen die Migrantinnen eine mehrfache Funktion: Sie füllen die Lücken im sozialstaatlichen System und ermöglichen eine Auslagerung von Konflikten um die Hausarbeit, indem diese an sie delegiert wird und nicht zum Kampffeld zwischen Mann und Frau in der Partnerschaft wird. Ihre eigenen Bedürfnisse und die Notwendigkeiten eigener Familienarbeit finden jedoch kaum Berücksichtigung.
Die staatliche Politik lässt den Migrantinnen einerseits durch strikte Regelungen für Aufenthalt und Beschäftigung kaum Wahlmöglichkeiten; andererseits wird ihre Arbeitskraft durch liberale Regelungen bei Au-Pairs und bei der 24-Stunden-Betreuung auf haushaltsnahe Dienstleistungen kanalisiert. Die unzureichende Finanzierung von sozialen Dienstleistungen schafft auf der Nachfrageseite den entsprechenden Bedarf. Das ist bei weitem nicht der einzige blinde Fleck dieser Politik: Auch die Frage, wer in den Herkunftsländern der Migrantinnen deren Kinder betreut und ihre "Alten" pflegt, wird schlicht nicht gestellt.

Rahmenbedingungen schaffen

Vielfalt im positiven Sinn kann nur dann geschaffen werden, wenn die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen setzt: Eine auf Gleichstellung von Frauen und Männern ausgerichtete Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, eigenständige, nicht vom Partner abhängige Rechte für Migrantinnen und eine gut ausgebaute soziale Infrastruktur bei Kinderbetreuung und Pflege sind dafür unverzichtbar.

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