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Obwohl laut einer Mercer-Studie den UnternehmerInnen durchaus bewusst ist, dass betriebliches Gesundheitsmanagement die MitarbeiterInnenzufriedenheit und damit die Produktivität erhöht, finden sich in Österreich nur punktuelle Aktivitäten. Obwohl laut einer Mercer-Studie den UnternehmerInnen durchaus bewusst ist, dass betriebliches Gesundheitsmanagement die MitarbeiterInnenzufriedenheit und damit die Produktivität erhöht, finden sich in Österreich nur punktuelle Aktivitäten.

Krank durch die Krise

Schwerpunkt

Sparpläne sind heute fast allgegenwärtig: Der Staat setzt den Rotstift an, genauso wie Sozialversicherungsträger, internationale Konzerne oder Kleinunternehmen.

Vermutungen über mögliche gesundheitliche Nebenwirkungen der Krise gibt es viele, konkrete Fakten allerdings (noch) kaum, doch erste Zahlen werden schon genannt. So fielen die Gehaltszuwächse 2009 deutlich geringer aus als erwartet. Das führte unter anderem dazu, dass die Einnahmen der Pensions- Kranken- und Arbeitslosenversicherung rund 170 Millionen Euro niedriger waren als kalkuliert. Für 2010 rechnet man mit Einbußen von 485 Millionen. Neben krisenbedingten Sparmaßnahmen und Kürzungen steht den ÖsterreicherInnen in den nächsten Jahren außerdem noch die von der EU geforderte Budgetkonsolidierung ins Haus. Sparbedarf laut aktuellem Bericht des Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO): zehn Mrd. Euro für die kommenden drei Jahre.

Unterschiedliche Stressursachen

Im Frühjahr 2008, kurz vor Ausbruch der Krise, gaben 35 Prozent der ArbeitnehmerInnen an, durch Zeitdruck "ziemlich" oder "sehr belastet" zu sein (AK-Arbeitsklimaindex). Im Verlauf der Krise ist der Wert bis November 2009 auf 28 Prozent gesunken, bei den ArbeiterInnen sogar von 40 auf 30 Prozent. Eine naheliegende Erklärung für diese Entwicklung ist, dass leere Auftragsbücher den Zeitdruck reduziert haben. Das ist aber nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite steht die Angst um den Arbeitsplatz. "Die Wirtschaftskrise löst Angst aus", so Alexander Heider, AK-Experte für Sicherheit und Gesundheit, "selbst wenn es manche vielleicht nicht zugeben. Dieser Stress kann krank machen, auch das Risiko von Suchterkrankungen ist erhöht." Werden die Arbeitsplätze knapp, dann sind Konflikte nicht mehr weit. So verzeichnete das Zentrum für Mobbingberatung und Konfliktlösung am Arbeitsplatz im vergangenen Jahr einen deutlichen Anstieg des Beratungsbedarfs.
Ähnlich diffizil ist die Situation punkto Krankenstände: Laut Arbeitsgesundheitsmonitor der AK-OÖ kamen 58 Prozent der ArbeitnehmerInnen manchmal krank zur Arbeit, weil sie ihre KollegInnen nicht im Stich lassen wollten. Dieser Druck fällt angesichts geringeren Arbeitsanfalls teilweise weg - sofern die schlechte Auftragslage nicht durch Personalkürzungen ausgeglichen wurde. Viele gönnen sich aber trotzdem nicht genug Erholung, weil sie Angst haben, durch längere Krankenstände negativ aufzufallen. Statistiken über die Entwicklung der Krankenstandstage für 2009 gibt es derzeit noch nicht.
Univ.-Doz. Prim. Dr. Werner Schöny, ärztlicher Direktor der Nervenklinik Linz und Vorstandsvorsitzender von pro mente Oberösterreich: "Der Arbeitsplatzverlust löst heute stärkere existenzielle Ängste aus als noch vor zwei bis drei Jahren. So kommen immer mehr Menschen mit Angst und Hoffnungslosigkeit in das Kriseninterventionszentrum Linz. Einige sind bereits arbeitslos, andere erfüllen aus Angst die Arbeit von ursprünglich zwei Personen. Belastende Arbeitssituationen werden heute eher resigniert in Kauf genommen und Konflikte nicht mehr ausgetragen, aus Angst, sonst auf die Abschussliste" zu kommen." Wobei der Anstieg psychischer Erkrankungen schon längere Zeit zu verzeichnen ist. Die dadurch verursachten Krankenstandstage sind zwischen 2003 und 2008 von 1,5 auf 2,2 Mio. gestiegen. Bei den Angestellten sind psychische Krankheiten die häufigste Pensionsursache. Diese Tendenzen müssen nicht zwangsläufig bedeuten, dass die österreichische Seele immer kränker wird. Depressionen sind auch international bereits zur Volkskrankheit geworden - vermutlich unter anderem deshalb, weil man heute über psychische Krankheiten mehr weiß als früher, und weil diese - zum Glück - nicht mehr so stigmatisiert sind.

Herausforderung: Wir werden älter

Aktuell steht das österreichische Gesundheitssystem unter anderem vor der Herausforderung, dass die Menschen und damit auch die ArbeitnehmerInnen immer älter werden. In 20 Jahren wird jeder/jede vierte ÖsterreicherIn älter als 65 sein. Das bedeutet für Unternehmen unter anderem, dass nachhaltiges betriebliches Gesundheitsmanagement immer wichtiger wird, um die Leistungsfähigkeit der MitarbeiterInnen zu erhalten. Obwohl laut einer Mercer-Studie den UnternehmerInnen durchaus bewusst ist, dass betriebliches Gesundheitsmanagement die MitarbeiterInnenzufriedenheit und damit die Produktivität erhöht, finden sich in diesem Bereich in Österreich nur punktuelle Aktivitäten wie Impfaktionen oder Gratis-Obst. Zum Teil, weil sich alle Beteiligten punkto Gesundheit auf den Sozialstaat verlassen, zum Teil weil - laut Mercer-Studie - die bürokratischen Hürden, um etwa an entsprechende Förderungen zu kommen, vielen Unternehmen zu hoch sind.
Mehr als die Hälfte der ÖsterreicherInnen befürchtet, dass sich die Wirtschaftskrise negativ auf Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz auswirken wird - so eines der Ergebnisse einer Umfrage der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (EU-OSHA) vom Juni 2009.

Nebenwirkungen

ExpertInnen sehen bereits erste Anzeichen von Einschränkungen bei den nicht gesetzlich vorgeschriebenen Gesundheitsmaßnahmen. Alexander Heider: "Aktivitäten zur betrieblichen Gesundheitsförderung werden teilweise verringert oder gestoppt. So bietet etwa der ÖGB ein zum Großteil gefördertes betriebliches Projekt zum Thema ›Impulse gegen ArbeitsstressÜ an. Hier ist die Nachfrage geringer, manche Betriebe haben sich krisenbedingt wieder abgemeldet."
Theoretisch weiß jede/r Erwachsene in Österreich, was einen gesunden Lebensstil ausmacht. Die Realität sieht dann allerdings leider anders aus. Eine Studie der Arbeitsmedizinischen Ambulanz der MedUni Wien mit mehr als 300 Jobsuchenden zeigte, dass nach sechs Monaten Erwerbslosigkeit der Alkoholkonsum drastisch zunimmt. Die körperliche Leistungsfähigkeit sinkt, Blutdruck, der Stress-Faktor Cortisol und Gewicht steigen unabhängig vom Alter an. Sparen, das bedeutet für viele Menschen (auch im Rest von Europa) leider nicht, dass Kalorien gespart werden oder man vom Auto aufs Rad wechselt. Bei einer aktuellen GfK-Umfrage in neun europäischen Ländern gaben 43,5 Prozent der ÖsterreicherInnen an, dass sie Lebensmittel und Getränke so preisgünstig wie möglich einkaufen. Das muss nicht unbedingt heißen, dass sich viele nun (noch) ungesünder ernähren als bisher. Angesichts der Tatsache, dass der Anteil jener, die bei Schuhen und Kleidung (30 Prozent) oder bei Haushaltsgeräten sparen, deutlich geringer ausfiel, lässt sich jedoch eine Tendenz ablesen. Einschränkungen beim Autofahren kommen nur für 23 Prozent in Frage.
Es wäre also illusorisch zu erwarten, dass sich die Wirtschaftskrise nicht auch in irgendeiner Form negativ auf die Gesundheit von so manchem/r ÖsterreicherIn auswirken würde. Wobei die Folgen von Spar- und Sanierungsmaßnahmen keineswegs überall so schmerzhaft ausfallen müssen wie oft befürchtet. So listete das WIFO nicht nur den Konsolidierungsbedarf auf, sondern lieferte auch einige konkrete Lösungsansätze: Mit rund sechs "Akutbetten" pro 1.000 EinwohnerInnen liegen die österreichischen Krankenhäuser im europäischen Spitzenfeld - die meisten anderen EU-Länder kommen mit drei bis vier aus. Das WIFO empfiehlt daher den Abbau dieser Überversorgung und eine transparente Spitalsfinanzierung sowie die Zusammenführung von Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung. Sparpotenzial: kurzfristig 300 Mio. Euro, langfristig 2,8 Mrd. Euro. Und wie gehts den Pharmakonzernen in der Krise? Bisher sind die meisten im Vergleich zu anderen Branchen verhältnismäßig glimpflich davongekommen. Doch in letzter Zeit mehren sich Meldungen, dass auch hier Jobs abgebaut werden sollen. Zum Teil dürfte der Sparwille der Pharmariesen auch eine "Vorsichtsmaßnahme" als Reaktion auf die allseits immer lauter werdende Kritik an den zu hohen Medikamentenpreisen sein.

 Arbeitsplätze durch Innovation

Als positives Beispiel für Wachstum trotz Wirtschaftskrise wurde die Biotech-Firma AFFiRis Wiener Landessieger beim von Arbeiterkammer und Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) veranstalteten Wettbewerb "Arbeitsplätze durch Innovation".
Das 2003 gegründete Unternehmen konnte im Krisenjahr 2009 die Zahl der Arbeitsplätze (derzeit 60 MitarbeiterInnen) verdoppeln.

Weblink
Arbeitsgesundheitsmonitor der AK OÖ:
tinyurl.com/ycjx496

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