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Eine Quelle- und eine Cosmos-Insolvenz später fragen sich nun ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen: Haben die Bankenhilfspakete ihren Zweck erfüllt? Eine Quelle- und eine Cosmos-Insolvenz später fragen sich nun ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen: Haben die Bankenhilfspakete ihren Zweck erfüllt?

Wer hat das Geld?

Schwerpunkt

Die EZB pumpte Milliarden in den Interbankenverkehr, um das Kreditgeschäft anzukurbeln. Bei den Unternehmen ist das wenigste davon angekommen.

Es wurde sehr viel unternommen, um den Banken in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg unter die Arme zu greifen. Die österreichische Regierung schnürte 2008 ein beachtliches Hilfspaket, und die Europäische Zentralbank (EZB) hatte im Vorjahr die Mittel für langfristige Refinanzierungsgeschäfte dramatisch erhöht. Durch die Ausstattung mit Kapital und liquiden Mittel sollten Investitionen wieder gestärkt werden. Die Stützung der Banken sei ein notwendiger Schritt, um letztendlich die Realwirtschaft wieder in Gang zu bringen, wurde damals versichert. Doch ist dieses Geld auch tatsächlich in den Betrieben angekommen?

Als die Blase platzte

Als Lehman Brothers im September 2008 Insolvenz anmelden musste, kippte der Geldmarkt und eine panikartige Reaktion setzte im Krisenverlauf ein. Eine geradezu verbissene Suche nach Geld setzte ein. Die spekulative Blase war geplatzt, was nunmehr zählte war ausschließlich Bares. Angesichts zusammenbrechender Banken und einer dahinsiechenden Autoindustrie schwenkte die EZB schnell auf eine expansive Geldpolitik ein. Liquidität sollte in den Markt gepumpt werden, um das Kreditgeschäft wieder anzukurbeln, das wiederum zu Investitionen in der Realwirtschaft führen sollte. Letztendlich sollten damit also Arbeitslosigkeit und Einkommensverluste verhindert werden.
Eine Quelle- und eine Cosmos-Insolvenz später fragen sich nun ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen: Haben die Bankenhilfspakete ihren Zweck erfüllt? Hat die EZB die Kreditklemme tatsächlich überwinden können, um Arbeitsplätze zu sichern? Wo sind die finanziellen Mittel geblieben, die in die Banken gepumpt wurden?

Geld für Banken

2009 war zweifellos das Jahr der Jumbo-Kredite. Die EZB bot in drei Tranchen zusätzliche Möglichkeiten für einjährige Refinanzierungsgeschäfte an, die alles bisher Bekannte in den Schatten stellten. Am 25. Juni wurden 442,2 Mrd. Euro an europaweit 1.121 Bankinstitute ausgezahlt. Diese einjährigen Refinanzierungsgeschäfte wurden dabei mit einem historisch niedrigen Zinssatz von einem Prozent abgewickelt. Der Bedarf an Geld war enorm und eine unglaubliche Summe wurde hier transferiert, die den Finanzmarkt mit ausreichend Liquidität versorgen sollte. Am 1. Oktober wurden dann noch einmal 75,2 Mrd. an 589 Banken ausgezahlt. Das Interesse war zwar deutlich niedriger, aber immer noch beachtlich. Zuletzt wurden am 15. Dezember fast 97 Mrd. Euro an 224 nachfragenden Banken zugeteilt. Insgesamt wurden in diesen Geschäften also 614,4 Mrd.Euro an Banken ausbezahlt.
Trotz der unglaublichen Summen, die bei diesen Transaktionen das Konto wechselten, beschwichtigt die Finanzwelt: "Das sind gewöhnliche Instrumente der Zentralbank, um die Wirtschaft zu beeinflussen. Außergewöhnlich war zu diesem Zeitpunkt bloß die Höhe der ausgeschütteten Mittel, die den Interbankenverkehr beflügeln sollten", erläutert dazu Michael Mauritz von der Erste Group.
Die Versorgung der Banken mit liquiden Mitteln gehört selbstverständlich zu einer der Hauptaufgaben einer Zentralbank, und die Festlegung des Zinssatzes zu einem wesentlichen Steuerinstrument. Doch die Bereitstellung solcher Summen zu einem derart niedrigen Zinssatz führte dazu, dass enorme Geldmengen in den Interbanken-Markt gepumpt wurden, die wiederum neue Probleme verursachten.
Mit der Bereitstellung dieser Mittel hatte die EZB zwar bewiesen, dass sie gewillt ist enorme Summen an Liquidität zur Verfügung zu stellen. Und ohne Geldmittel sind keine Investitionen möglich, so die Begründung. Soweit leuchtet die Argumentation ein. Doch wohin bewegten sich diese Geldmittel, nachdem sie am Interbankenverkehr gehandelt wurden?

Geld für Realwirtschaft

Konnte von dem Aufschwung des Kreditmarktes zwischen den Geldinstituten also auch die Realwirtschaft profitieren? Dies war ja schließlich ein maßgebliches Ziel, das von den Notenbankern mit der Ausweitung des Angebots von Offenmarktgeschäften bezweckt wurde.
Die Analysen dazu sind recht eindeutig: Unternehmen haben immer noch Schwierigkeiten, Kredite von Banken zu bekommen. In einer europaweiten Umfrage wurden im zweiten Quartal 2009 Manager zur Vergabe von Krediten in ihren Einrichtungen befragt. Das Ergebnis war wenig erfreulich: "Die Finanzkrise beeinträchtigt weiterhin die Refinanzierungsbedingungen der österreichischen Banken", schreibt dazu Walter Waschiczek in den "Statistiken - Daten und Analysen" der Österreichischen Nationalbank (OeNB). Zwar wären teilweise positive Einflüsse durch die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen spürbar, dennoch blieben die Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken weiterhin beeinträchtigt. Die österreichischen Geldinstitute hatten im zweiten Quartal 2009 im Firmenkundengeschäft zum achten Mal in Folge die Kreditrichtlinien verschärft.
Obwohl also die EZB Hunderte Milliarden Euro in den Interbanken-Markt gepumpt hatte und gleichzeitig die Leitzinsen auf ein historisches Niveau herabgesetzt hatte, wurden diese Mittel kaum in Form von Krediten an Unternehmen weitergegeben. Die angekurbelte Liquidität führte kaum dazu, das Kreditgeschäft mit Geschäftskunden anzustoßen.

Die Spitze des Eisbergs

Dennoch gibt es dazu auch Einwände: "In Österreich haben Klein- und Mittelbetriebe weiterhin kaum Probleme, Kredite zu bekommen. Das Problem betrifft vor allem die Industrie, die längerfristige Kredite mit größeren Volumina benötigt", erläutert dazu Michael Mauritz.
Die Krise hat auch schon ihre ersten Opfer gefordert. Die Insolvenzen von Quelle und Cosmos sind nur die Spitze eines Eisbergs, der sein gesamtes Ausmaß erst in den nächsten Monaten preisgeben wird. Die Zahlen sprechen dabei eine deutliche Sprache: Die Insolvenzen in den ersten drei Quartalen 2009 haben sich gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr um 10,5 Prozent gesteigert. Die durchschnittlichen Verbindlichkeiten pro Insolvenzfall stiegen dabei sogar um 32 Prozent an.

Zweite spekulative Blase

Wenn das Geld also nur zögerlich in die Realwirtschaft fließt, wo sind dann die Milliarden der Zentralbank hinverschwunden?
Ein Teil des Geldes wurde von den Geschäftsbanken gleich in der Zentralbank gebunkert. "Damit konnten sie ihre in Schieflage geratenen Bilanzen wieder stabilisieren", erklärt Teodoro Cocca, Professor für Asset Management an der Linzer Universität. Der andere Teil der liquiden Mittel wurde investiert, doch keineswegs in der Realwirtschaft, wie von den Notenbankern erwartet, sondern wieder am Kapitalmarkt.
"Die liquiden Mittel wurden sofort dazu verwandt, wieder in den Finanzmarkt zu investieren", erklärt Cocca. Ein Teil der Liquidität floss also wieder in Aktien, Rohstoffe und Anleihen. Auf jene Märkte also, die noch vor zwei Jahren die Weltwirtschaftskrise in Gang gesetzt hatten. "Wenn man eine liquiditätsbedingte Blase mit noch mehr Liquidität bekämpft, macht man nichts anderes, als einem Drogenabhängigen noch mehr Drogen zu verabreichen. Das mag kurzfristig die Situation entspannen und die Symptome mildern. Langfristig wird sich aber an der Abhängigkeit nichts ändern. Schlimmer noch, die Abhängigkeit und die Dosen werden zunehmen", meint dazu auch Jochen Felsenheimer von Assenagon Asset Management S. A.
Warum die Banken wieder am Kapitalmarkt investieren ist einfach erklärt: "Die Renditen sind dort einfach höher. Die Banker vergleichen den Ertrag der unterschiedlichen Anlageklassen und transferieren das Geld dorthin, wo es am meisten Profit abwirft", so Cocca weiter. "Sie können dort zwar nicht unlimitiert investieren, doch ein großer Teil ist dorthin geflossen. Wir stehen also vor dem Problem, dass sich wieder eine spekulative Blase bilden könnte."
Das fundamentale Problem liegt also in der Profitlogik der Kapitalakkumulation begründet, die nun ein weiteres Mal auf eine mögliche Katastrophe zusteuert. Investiert wird dort, wo kurzfristig die höchste Rendite lockt, ungeachtet längerfristiger, struktureller Hindernisse.

Weblink
OeNB: Statistiken - Daten und Analysen:tinyurl.com/yac48qm

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