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Hugo Breitner, Finanzstadtrat des "roten Wien" bis 1932 (hier sein Denkmal im Hof des nach ihm benannten Wiener Gemeindebaus), emigrierte 1936 unter dem Druck der austrofaschistischen Diktatur und lebte bis zu seinem Tod 1946 in den USA. Hugo Breitner, Finanzstadtrat des "roten Wien" bis 1932 (hier sein Denkmal im Hof des nach ihm benannten Wiener Gemeindebaus), emigrierte 1936 unter dem Druck der austrofaschistischen Diktatur und lebte bis zu seinem Tod 1946 in den USA.

Licht, Luft, Sonne

Historie

Hugo Breitner und die Finanzierung der Wiener Gemeindebauten durch ein verteilungspolitisches Maßnahmenpaket.

Wien war ab 1922 ein eigenes Bundesland. Unter anderem errichtete das sozialdemokratisch regierte "rote Wien" von 1923 bis 1933 rund 65.000 neue Wohnungen. Erstmals konnte so ein großer Teil der Bevölkerung in einer Umgebung mit "Licht, Luft und Sonne" leben - ein alter Traum der ArbeiterInnenbewegung. Das Bauprogramm wirkte sich außerdem positiv auf den Arbeitsmarkt aus: Die Arbeitslosigkeit war in Wien im Vergleich deutlich geringer als in anderen Bundesländern.
Ein Anteil von über 50 Prozent an Erträgen aus Bundessteuern im Finanzausgleich und ein verteilungspolitisches Maßnahmenpaket der Gemeinde schufen die Voraussetzungen für die Finanzierung der Sozial- und Bildungsinitiativen und speziell auch des Wohnbauprogramms:
Da ist zunächst eine progressiv gestufte und zweckgebundene allgemeine Wohnbausteuer zu nennen. Das heißt, zu dieser Gemeindesteuer mussten alle MieterInnen beitragen, aber in erster Linie wurden die wohlhabenden Schichten zur Kasse gebeten: Die Besitzer von nur einem halben Prozent aller Wiener Mietobjekte hatten mehr als 44 Prozent der Wohnbausteuersumme aufzubringen. So konnten die Mieten niedrig gehalten werden. Der noch von der kaiserlichen Stadtverwaltung 1917 eingeführte Mieterschutz wurde nicht unterlaufen.
Eine weitere verteilungspolitische Maßnahme war die Besteuerung von überdurchschnittlich hohem Lebensaufwand. Wer sich Luxusrestaurants, Pferderennen und viele Dienstboten leisten konnte, musste dafür eine zusätzliche Abgabe entrichten.
Wichtig war auch das Bremsen der Spekulation mit Grundstücken. Im Gegensatz zu anderen europäischen Großstädten (unabhängig davon, ob sie "links" oder "rechts" regiert wurden) hatte die Stadtverwaltung des "roten Wien" kein weitreichendes Enteignungsrecht, sie musste also die Grundstücke für die Wohnhausanlagen am Markt kaufen. Allerdings bremsten der Mieterschutz und eine städtische Wertzuwachssteuer die Bodenspekulation. Die Preise sanken dadurch massiv, Wien konnte die für die Gemeindebauten benötigten Grundstücke günstig erwerben.
Verantwortlich für die wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen zum Lastenausgleich zwischen "Reich" und "Arm" war Finanzstadtrat Hugo Breitner, einer der Gründer der Freien Gewerkschaft der Bankbeamten. Er wurde von den gegnerischen Parteien heftig angegriffen und einer antisemitischen Hetzkampagne ausgesetzt. Man warf ihm "Steuersadismus" und "Wohnungsbolschewismus" vor.
Die "große Depression" bot der rechts-konservativen Bundesregierung den Vorwand, dem "roten Wien", seiner Verteilungspolitik und seinem Wohnbauprogramm die finanzielle Basis zu entziehen: Zusätzlich zum Rückgang der Landes- und Gemeindeabgaben in der Wirtschaftskrise gingen 1931 durch eine Neuverteilung der Mittel 20 Prozent der Bundessteuern verloren. Die beginnende Diktatur verfügte dann 1933 noch die Zahlung eines hohen "Lastenausgleichs" an den Bund. Das Projekt "rotes Wien" war so am Ende, bevor es die Diktatur 1934 ganz zerstörte.

brigitte.pellar@aon.at

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