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Wer kein Geld hat, hat wenig zu bestimmen.Das sind in Österreich noch immer hauptsächlich Frauen: Sie haben einen geringeren Anteil an Vermögen und an bezahlter Erwerbsarbeit und verdienen rund 40 Prozent weniger als männliche Arbeitnehmer. Wer kein Geld hat, hat wenig zu bestimmen.Das sind in Österreich noch immer hauptsächlich Frauen: Sie haben einen geringeren Anteil an Vermögen und an bezahlter Erwerbsarbeit und verdienen rund 40 Prozent weniger als männliche Arbeitnehmer.

Zeit = Geld = Macht

Schwerpunkt

Im demokratischen Prozess hat gute Einflussmöglichkeiten, wer Machtpositionen in Wirtschaft oder Politik innehat. Frauen sind dort notorisch unterrepräsentiert.

In einer Demokratie geht die Macht vom Volke aus. Soweit die Binsenweisheit. Einzig: Das Volk ist keine einheitliche Masse, sondern besteht aus unterschiedlichsten Menschen. Diese haben aufgrund ihrer verschiedenen Voraussetzungen sehr unterschiedliche Chancen, am demokratischen Prozess teilzunehmen.

Wer Macht hat, hat Einfluss

Gute Einflussmöglichkeiten hat, wer Machtpositionen in Wirtschaft oder Politik innehat. Frauen sind dort notorisch unterrepräsentiert. Nicht einmal fünf Prozent der Geschäftsführungen und neun Prozent der Aufsichtsratsmandate der Top-200 österreichischen Unternehmen sind mit Frauen besetzt. Nur knapp ein Drittel der Abgeordneten zum Nationalrat sind weiblich. Macht ist also in Österreich sowohl in Wirtschaft als auch in der Politik immer noch überwiegend männlich.
Aber auch wer keine Top-Position hat, kann sich einmischen. Denn nicht nur Wahlen und Abstimmungen gehören zur Demokratie, sondern auch eine möglichst breite Diskussion und Meinungsbildung im Vorfeld von Entscheidungen. Sich informieren, mit Bekannten diskutieren, LeserInnenbriefe schreiben, Petitionen unterstützen, den/die Abgeordnete des eigenen Wahlkreises anmailen, sich im Betriebsrat engagieren oder sich einem politisch tätigen Verein anschließen - auch das sind Teile eines demokratischen Prozesses, in dem jede und jeder die Möglichkeit haben sollte, sich einzubringen.

Gratis-Arbeit meist weiblich

Damit trotz dieser unterschiedlichen Ausgangslagen Menschen in einer Gesellschaft zu einem Gemeinwesen zusammenfinden können, braucht es ein Mindestmaß an sozialem Zusammenhalt aufgrund gemeinsamer Werte und ähnlicher Lebensumstände. Der demokratische Prozess hat dabei eine doppelte Bedeutung: Erstens bestimmt er über konkrete politische Maßnahmen, im Betrieb beispielsweise über die Frage, welche Arbeitszeitmodelle vereinbart werden. Auf gesellschaftlicher Ebene geht es etwa darum, wer welche Abgaben zahlen muss, und welche Leistungen daher öffentlich angeboten werden können und deshalb nicht durch private (meist weibliche) (Gratis-)Arbeit erbracht werden müssen. Kurz: Es wird entschieden, wer wie viel Zeit und Geld zur Verfügung hat. Zweitens wird geregelt, wie diese Entscheidungen zustande kommen. Es geht also um Zeit, Geld und Macht.
Dabei gibt es zahlreiche Überschneidungsflächen: Wer Geld und Zeit hat, hat auch Macht, wer Macht hat, kann über Geld und Zeit bestimmen. Bildung bestimmt über künftiges Einkommen und Aufstiegschancen und Aufstieg wiederum über Geld und Macht, während umgekehrt Geld und sozialer Status den Zugang zu Bildung und zu Macht entscheidend mitbestimmen.
Frauen leisten in Österreich fast zwei Drittel der unbezahlten Haus-, Betreuungs- und Versorgungsarbeit. Viele Frauen erledigen diese zusätzlich zur bezahlten Erwerbsarbeit und kommen so auf eine 64-Stunden-Woche (bei Männern sind es 48 Stunden). Wer so ausgelastet ist, hat wenig Gelegenheit, an Weiterbildung teilzunehmen oder auch politisch die eigenen Interessen zu lobbyieren - egal ob im Betrieb oder außerhalb. Sich zu informieren, sich zu Wort zu melden oder in anderer Form zu engagieren braucht eben auch Zeit.

Wer zahlt, schafft an

Wer kein Geld hat, hat wenig zu bestimmen. Das sind in Österreich noch immer hauptsächlich Frauen: Sie haben einen geringeren Anteil an Vermögen und an bezahlter Erwerbsarbeit und verdienen rund 40 Prozent weniger als männliche Arbeitnehmer. Daraus ergibt sich eine schlechtere soziale Absicherung und eine höhere Armutsgefährdung. Wer wirtschaftlich geschwächt ist, ist auch politisch kaum stark. Wer den Großteil sei-ner oder ihrer Energie darauf verwen-den muss, die eigene Existenz zu sichern, dem fehlt sie oft für politisches Engagement.
Bildung hat in dieser Hinsicht eine dreifache Bedeutung. Zum Ersten hat Bildung einen direkten Effekt auf die Einkommen der Frauen: Je höher der Bildungsabschluss, desto höher das Einkommen. Zum Zweiten spielen Kinderbetreuungsstätten als Bildungseinrichtungen eine entscheidende Rolle bei der Frage, ob und in welchem Ausmaß Eltern - in der Praxis vor allem Mütter - trotz Betreuungspflichten Zeit für andere Aktivitäten zur Verfügung steht. Das betrifft natürlich vorrangig die Erwerbstätigkeit, aber auch die Teilnahme am demokratischen Prozess. Auf Alleinerziehende trifft das in noch höherem Ausmaß zu.

Bildungswesen schlecht gerüstet

Zum Dritten ist Kinderbetreuung jene Institution innerhalb des Bildungssystems, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt Ungleichheiten ausgleichen kann. Eine empirische Analyse von 22 Ländern von Völkerer und Sauer zeigt, dass das österreichische Bildungswesen schlecht gerüstet ist, um den für die Demokratie so wichtigen sozialen Zusammenhalt zu fördern. Zwar wird im Sozialsystem viel Geld dafür aufgewandt, soziale Probleme im Nachhinein durch Geldtransfers auszugleichen, der Ansatz, solche Missstände von vornherein durch ein auf Ergebnisgerechtigkeit ausgerichtetes Bildungssystem zu vermeiden - sprich alle erhalten im Laufe ihrer Bildungslaufbahn die Aufmerksamkeit und Förderung, die sie brauchen, um ähnlich gute Ergebnisse zu erzielen -, findet in Österreich aber zu wenig Umsetzung. Für Frauen ist das besonders problematisch.
Dabei kann ein breiter Zugang zu Bildung in Verbindung mit einem möglichst hohen Bildungsstand der Bevölkerung und hoher Qualität im Bildungssystem einem Auseinanderdriften der Gesellschaft stark entgegenwirken. Bildung schafft ein höheres Einkommen, vermindert das Risiko der Arbeitslosigkeit und Armutsgefährdung und kann somit in Zeiten der Krise als Auffangnetz dienen.
Umgekehrt ist (höhere) Bildung eine nötige Voraussetzung für ein demokratisches Miteinander. Glaeser, Ponzetto und Shleifer weisen anhand historischer Entwicklungen darauf hin, dass ein höheres Niveau an Bildung Menschen lehrt, mit anderen auf friedliche Weise zu interagieren. Das führt zu mehr bürgerschaftlichem Engagement sowie einer hohen Wahlbeteiligung.
Eine Förderung von Begabungen unabhängig vom Geschlecht, eine Auseinandersetzung mit Grundfragen der Demokratie (durch ernst gemeinte, politische Bildung in Schulen) und den gesellschaftlichen Rollen von Frauen und Männern bis hin zur Ausbildung von selbstbewussten jungen Frauen, die Entscheidungspositionen beanspruchen - das Bildungssystem kann in vielfältiger Weise dazu beitragen, die Benachteiligungen von Frauen in Demokratie und Wirtschaft zu bekämpfen.

Zeitressourcen gerecht verteilen

Eine demokratische Gesellschaft muss es ermöglichen, dass alle Menschen an den politischen Entscheidungsprozessen teilhaben können, sowohl im Unternehmen als auch in der Gesellschaft - unabhängig von Geschlecht und sozialem Status. Eine unverzichtbare Voraussetzung dafür ist die wirtschaftliche Gleichstellung im Sinne gerechterer Verteilung von Einkommen und Zeitressourcen. Die skandinavischen Länder haben vorgemacht, wie es geht: Sie verbinden ein hohes Wohlstandsniveau mit einer wesentlich gerechteren Verteilung von Bildung, einem hohen Maß an Gleichstellung von Frauen und Männern und einem starken sozialen Zusammenhalt.

Chancen für Frauen verbessern

Dafür braucht es Investitionen in die Zukunftsbereiche Kinderbetreuung, Bildung - auch für Erwachsene - und Pflege. So können die Arbeitsmarktchancen und Einkommen von Frauen verbessert und die Chancen der Kinder unabhän-gig vom sozialen Hintergrund gesichert werden. Selbstverständlich führen diese Maßnahmen nicht automatisch zu einer gleichen Teilhabe von Frauen und Männern an Wirtschaft und Demokratie. Aber sie sind eine unverzichtbare Voraussetzung dafür.

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