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Schon lange vor der Entstehung des Kartells wurde die Frage der Lebensdauer von Glühbirnen in der Branche diskutiert. Die Hersteller waren bestrebt, eine »ökonomische Brenndauer« festzusetzen. Schon lange vor der Entstehung des Kartells wurde die Frage der Lebensdauer von Glühbirnen in der Branche diskutiert. Die Hersteller waren bestrebt, eine »ökonomische Brenndauer« festzusetzen.

Mir geht ein Licht auf

Schwerpunkt

Das Phöbus-Kartell bestimmte nachhaltig die Entwicklung der Glühlampe. Der technische Aufbau des Produkts folgte ökonomischen Überlegungen.

Die Geschichte der Glühlampe kann auf vielerlei Arten erzählt werden. Eine Möglichkeit wäre, sie als Heldenepos genialer Erfinder zu entwerfen. Doch gerade die Geschichte dieses Produktes zeigt, dass diese geprägt ist von Kämpfen um Patente, um Standardisierung des Produktes und um die Vorherrschaft auf den Märkten.
Lange Zeit glaubten KonsumentInnen unmittelbare Einsicht in die Notwendigkeit des Aufbaus und der Beschaffenheit dieses Produkts zu haben. In Wirklichkeit aber ist die Glühlampe in ihrer jetzigen Form ein Produkt langwieriger Auseinandersetzungen, die letztendlich in der Herausbildung des Glühlampenkartells, das von 1924 bis 1962 existierte, ihren Höhepunkt fanden. Sowohl die technische Entwicklung als auch die Bedürfnisse von KonsumentInnen mussten sich dieser ökonomischen Rationalität beugen.

Fortschrittsglaube

Seit der Erfindung der Glühlampe hat es Diskussionen um deren Beschaffenheit, Verwendung und Konstruktion gegeben: Zunächst wurde über die Art des zu verwendenden Stromes debattiert, dann über den richtigen Draht und nicht zuletzt auch über die optimale Brenndauer. In diesen Diskussionen spielten nicht nur technische Argumente eine Rolle, sondern vor allem ökonomische: Überlegungen bezüglich Profitmaximierung und Fragen der Normierung und industriellen Fertigung des Produkts. Den KäuferInnen tritt die Glühlampe am Markt gegenüber, ohne von diesen Diskussionen je etwas preiszugeben. »Der Konsument kann den Gebrauchswert der Waren oft nicht korrekt einschätzen«, schreibt dazu der Technik-Historiker Günther Luxbacher.
Dabei ist gerade die Glühbirne eines jener Produkte, die ein Bündel an verborgenen Debatten in sich birgt. Denn ihre Entwicklung von den ersten Prototypen bis zur industriellen Massenproduktion Anfang der Dreißigerjahre war geprägt von der Vorherrschaft weniger Herstellerfirmen. Obwohl KonsumentInnen Veränderungen des Produkts als technischer Fortschritt kommuniziert wurde, folgte die Entwicklung doch meist einer ökonomischen Rationalität.

Die Entstehung der Phöbus AG

Ein wesentlicher Angelpunkt in der Geschichte dieses Leuchtkörpers war die Gründung des Glühlampenkartells. Am 24. Dezember 1924 versammelten sich in Genf die Größen der Branche, um einen Vertrag abzuschließen, der den weltweit bedeutsamsten Zusammenschluss seiner Art aus der Taufe heben sollte. Dabei stand vor allem die Frage der Patente und ihres Weiterverkaufs in Form von Lizenzen im Vordergrund.
Eine wesentliche Triebkraft für die Herausbildung des Kartells war die angespannte wirtschaftliche Situation. »Insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg hatten sich Engpässe am Rohstoffmarkt gebildet. Um den Zugang zu sichern, schlossen sich die Produzenten zum Phöbus-Kartell zusammen«, erklärt Hubert Weitensfelder vom Technischen Museum Wien. Aber auch der Kampf um neue Patente war ein wichtiger Grund, der die Produzenten zu einem Zusammenschluss motivierte. Diese wurden zwar in Form von Lizenzen an Konkurrenten weiterverkauft, dennoch war die Angst vor einem entscheidenden Fortschritt der Konkurrenz immer vorhanden. »Außerdem wurde von den Konkurrenten Patente meist vor Gerichten angefochten, da sie die Neuheit in Frage stellten«, so Weitensfelder.
Der Zusammenschluss war also Resultat einer längerfristigen Entwicklung. Schon zuvor gab es Versuche, das Patentwesen im Bereich der Glühlampenproduktion durch Abkommen zwischen den Herstellern zu regulieren. 1903 wurde etwa die Verkaufsstelle Vereinigter Glühlampenfabrikanten gegründet. Doch diese Zusammenschlüsse blieben beschränkt und verloren im Laufe der Zeit an Bedeutung. Erst die Phöbus AG vollbrachte es, Größen wie Osram aus Deutschland und General Electric aus den USA in eine gemeinsame Gesellschaft zu bringen.
Die Initiative für dieses erste weltweite Kartell ging vor allem auf das Betreiben eines Mannes zurück: William Meinhardt. Der Jurist aus einer deutschen Unternehmerfamilie war zunächst im Vorstand der Auer-Gesellschaft und später Vorsitzender des Direktoriums der Osram GmbH. In einem Buch über die Branche zitierte er aus dem Gründungsvertrag der Phöbus AG: Ziel sei es »… Vorsorge für eine vorteilhafte Ausnutzung ihrer Fabrikationsmöglichkeiten bei der Herstellung von Lampen, Sicherung und Aufrechterhaltung einer gleichmäßig hohen Qualität, Verbesserung der Wirtschaftlichkeit bei der Verteilung des Absatzes und Steigerung der Wirksamkeit elektrischer Beleuchtung …«.

Die 1.000-Stunden-Frage

Phöbus beschäftigte sich neben Fragen der Aufteilung von Märkten vor allem mit dem Problem der Standardisierung. In den Zwanzigerjahren war die Produktion der Glühbirne noch geprägt von einem Manufakturwesen, das erst allmählich ersetzt wurde durch eine industrielle Fertigung.
Schon lange vor der Entstehung des Kartells wurde die Frage der Lebensdauer von Glühbirnen in der Branche diskutiert. Die Hersteller waren bestrebt, eine »ökonomische Brenndauer« festzusetzen, die den Input von Elektrizität, den Output an Licht sowie Strom- und Lampenpreis in ein ausgewogenes - sprich rentables - Verhältnis setzen sollte. Schließlich einigten sich die vier größten Unternehmen der Branche auf eine »ökonomische Brenndauer« von 1.000 Stunden.
Phöbus übernahm diese Größe und machte sie zur Verpflichtung für ihre Mitglieder. »Alle Phöbus-Mitglieder mussten gegenüber der Phöbus-Generalversammlung nachweislich garantieren können, dass ihre Produkte diese Lebensdauer nicht unter- oder überschritten«, schreibt dazu Luxbacher. Damit wurde die Standardisierung der Glühlampe weiter vorangetrieben, und die Produzenten mussten sich nun mit den Problemen der statistischen Erfassung von Qualitätsmerkmalen befassen.
Insbesondere in den Jahren 1928/29 wurde die Frage innerhalb des Kartells verstärkt debattiert. Im Business Development Committee war man mit dem Problem konfrontiert, die Strafen korrekt festzulegen, die Mitglieder zu zahlen hatten, wenn sie die festgelegte Brenndauer nicht genau erreichen konnten.
Dennoch bleibt die Frage offen, welchen Vorteil KonsumentInnen von der Festlegung der Brenndauer hatten. Ihnen wurde diese als quasi naturgegebener technischer Wert präsentiert. Dabei wurde der Glühlampe, so wie sie von den Marktführern produziert wurde, die ökonomische Rationalität schon in ihrer Konstruktion eingeschrieben. Der Historiker Luxbacher schreibt in Zusammenhang mit der Konkurrenz zu den Regenerationsunternehmen, welche alte Glühbirnen wieder verwendbar machten: »Technische Rationalität gehorchte also bei der sehr fortgeschrittenen Glühlampen-Technik im Wesentlichen der ökonomischen Rationalität, und zwar auf eine sehr unmittelbare, dem Produkt konstruktiv eingeschriebene Art, die für den Konsumenten nicht sichtbar war.«

Keine Entscheidungsgewalt

Diese Debatten fanden zumeist außerhalb der Entscheidungsgewalt von KonsumentInnen statt, selbst wenn sie mit Informationen vom Hersteller überschüttet wurden. So zeigt doch gerade die Entwicklung der Glühlampe, dass vermeintlich technische Richtlinien durchaus ökonomischen Überlegungen folgten.

Info&News
Das Glühlampenverbot der EU
Mit 1. September 2009 wurden Glühlampen ab 100 Watt aus den Handelsregalen verdrängt, dieses Jahr werden Lampen ab 75 Watt folgen. Energiesparendere Halogenlampen, Leuchtstofflampen und LED sollen den alten Leuchtkörper ersetzen. Mit der Ökodesign-Richtlinie vom 6. Juli 2005 will die Europäische Union Lebensdauer und Effizienz von Elektrogeräten reglementieren. Bis 2020 erhofft man sich dadurch eine Einsparung von 39 Terawattstunden Energie. Die Richtlinie hat bei den KonsumentInnen für Diskussionen gesorgt, da das Licht der neuen Leuchtkörper ein anderes Farbspektrum aufweist als jenes der Glühlampe.

Weblink
Mehr Infos unter:www.eup-richtlinie.at

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