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LeserIn 2.0

Schwerpunkt

Die Printmedien leiden unter dem Internet - viele lesen ihre Lieblingszeitung nur noch online. Die Folge: Für Qualitätsjournalismus fehlen Zeit und Geld.

Die fetten Jahre sind vorbei. Früher waren Zeitungspressen eine Lizenz zum Geld drucken. Es gab Renditen bis zu 20 Prozent - aus heutiger Sicht ein Traum. Das Internet aber schadet dem Verlagsgeschäft, denn dort liest jeder fast alles gratis. Für die VerlegerInnen ist das Internet ein Alptraum. Für JournalistInnen auch. Nur für wenige Angebote wird bisher Geld verlangt. Bei Spiegel Online etwa ist alles kostenlos, nur die Printausgabe am Bildschirm muss bezahlt werden. Das Hamburger Abendblatt des Springerkonzerns bitte seine LeserInnen ebenfalls seit kurzem zur Kasse, und die Süddeutsche stellt Archiv-Geschichten der gedruckten Ausgabe und Dossiers in Rechnung.
Wie kräftig das Pendel auch in Österreich in Richtung Zeitung im Internet ausschlägt, belegen die Zahlen der jüngsten Median-Analyse. Darin geben 60,5 Prozent der österreichischen Bevölkerung an, mindestens einmal in den letzten sieben Tagen das Internet genutzt zu haben. Nahezu 30 Prozent haben in den vergangenen vier Wochen über das Internet eingekauft und rund 27 Prozent haben auf Zeitungsinhalte zugegriffen.

Neue Geschäftsfelder gesucht

Seit die Werbeeinnahmen einbrechen, wird auf Biegen und Brechen nach neuen Lösungen und Geschäftsfeldern gesucht. Vor allem, um dem zu entgehen, was vielen meist kleinen Blättern in den USA zum Verhängnis wurde: monatlich 30 Mio. Kleinanzeigen aller Art geschaltet auf craiglist.com. Viele gute Zeitungen wurden dadurch in den Ruin getrieben. Die Diskussion um Paid Content im Internet wird die Branche auch weiterhin beschäftigen.
Unter anderem deshalb, weil der Medienmogul Rupert Murdoch Inhalte seiner Blätter im Netz nur noch gegen Bares herzeigen will und meint, damit Verlage vor größerem Ungemach bewahren zu können. Nicht alle teilen seine Meinung. So meint etwa der Online-Nachrichtenchef der »Financial Times Deutschland«, Joachim Dreykluft, es sei ein »Irrglaube, dass Leser tatsächlich für gedruckte Inhalte zahlen«.
Zudem sei es ein Streitpunkt, aus welchem Teil der Erlöse tatsächlich die JournalistInnen bezahlt werden, denn das, was die LeserInnen zahlen, reicht längst nicht, um den Inhalt zu generieren. Wichtiger wäre es seiner Meinung nach, darüber nachzudenken, wie es Verlagen gelingen kann, wieder Kontrolle über größere Teile der Distributionskette zu bekommen. Womit der Bogen zu einem Vortrag »Was wird aus den Zeitungen?« des früheren Herausgebers der Los Angeles Times, John S. Carroll, gespannt ist. Seine Prognose fällt nicht rosig aus: Zwischen EigentümerInnen und JournalistInnen gibt es keine Verständigung und keine gemeinsamen Zielvorstellungen mehr. Funktionen, die früher zu den Kompetenzen eines starken Herausgebers gehörten, werden neuerdings von FinanzmanagerInnen wahrgenommen. »Was wollen die jetzigen Eigentümer von ihren Zeitungen? Die Antwort lautet schlicht und einfach: Geld. Und basta.«

Markenzeichen Zweitverwertung

Anstatt neue Erzählformen zu etablieren setzen Verlage auf Online-Journalismus, dessen Markenzeichen der hohe Anteil von Zweitverwertung ist. In den meisten Fällen beschränken sich Online-Redaktionen überwiegend auf Meldungen von Nachrichtenagenturen, die bei den meisten Angeboten 70 bis 80 Prozent des gesamten Inhaltes ausmachen, stellen die Autoren der Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung »Wie das Web den Journalismus verändert« fest. Inhalte speziell fürs Internet produzieren nur wenige Redaktionen. Kurz gesagt: Die Hauptaufgabe der Online-JournalistInnen besteht in der onlinegerechten Aufbereitung komplett vorliegender Texte. Vornehmste Aufgabe von Online-RedakteurInnen - nicht nur in kleinen Lokalredaktionen, sondern auch in den Online-Redaktionen der überregionalen Qualitätszeitungen - ist das Einpflegen von Inhalten aus dem Agenturticker. Das Redigieren und Umschreiben haben das selbstständige Schreiben längst überholt. Artikel werden auf Rechtschreibfehler, überflüssige Trennungszeichen oder Zeitangaben geprüft, bekommen neue Überschriften, eine Zusammenfassung wird vorangestellt, die Texte werden verkürzt oder geteilt. Stilistische Überarbeitung fällt meistens unter den Tisch. Die Tätigkeit der Online-JournalistInnen, die sich im wesentlichen auf Zweitverwertung, Bearbeitung und Anpassung angelieferter Texte beschränkt, ist aus ökonomischer Sicht sinnvoll und schafft einen hocheffizienten Veredelungsjournalismus.

McNews-Fastfoodinformation

Einfach vorhandene Inhalte auf neuen Kanälen zu verbreiten, dürfte nicht reichen, um LeserInnen auf den Bezahlknopf drücken zu lassen. Da müssen schon neue oder zumindest neu aufbreitete Inhalte geboten werden. Die »Welt am Sonntag« etwa versucht das mit einer digitalen Ausgabe, einem Magazin mit vielen Bildern und wenig Worten, das nur am Computer gelesen werden kann. Vieles davon sind Angebote, die bereits seit längerem existieren oder glatte Kopien vorhandener Portale. Obwohl Verlage immer wieder einmahnen, dass im Internet Materialien ungefragt, vor allem aber unbezahlt verwendet werden, machen sie selbst nichts anderes. Was etwa die Texte freier JournalistInnen angeht, liegen alle Rechte durch Bezahlen eines einmaligen Honorars beim Verlag oder Agentur, die Texte so oft sie wollen und wo sie wollen veröffentlichen können. Nie sind freie JournalistInnen schlechter bezahlt worden. Manche Texte werden überhaupt nicht mehr honoriert, wie zahlreiche Beispiele belegen. Die Folgen sind weit reichend, der Kreis schließt sich, die Qualität der Artikel leidet, warum sollten dann LeserInnen dafür auch noch etwas berappen.
Einen ganz anderen Weg aus der Krise nimmt die Internet-Zeitung ProPublica aus New York. Die größte Online-Zeitung für investigativen Journalismus in den USA kostet LeserInnen nichts. Dank der Stiftung eines wohlmeinenden Milliardärs arbeiten 32 JournalistInnen daran, Missstände und Korruption aufzudecken. »Ziel sei es«, so der etwas sendungsbetonte Chefredakteur Paul Steiger, »Machtmissbrauch ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Damit sich grundsätzlich in der Gesellschaft etwas ändern kann.« Doch das kostet Zeit und Geld. Für viele - nicht nur amerikanische - Medien ist das unbezahlbarer Luxus geworden. »Früher hatte fast jede Lokalzeitung Korrespondenten für die Politikberichterstattung. Heute sind das bis zu 90 Prozent weniger. Viele Geschichten über Korruption werden gar nicht erst aufgedeckt und nicht geschrieben. Politiker können sich heute Dinge erlauben, die sie sich früher gar nicht getraut hätten.« Um möglichst viele Menschen zu erreichen, werden alle Geschichten anderen Redaktionen kostenlos angeboten. Kaum verwunderlich, dass traditionelle Printmedien wie etwa New York Times sich des Gratisangebotes bedienen. Auch andere Online-Nachrichtenanbieter greifen zu, wie etwa flyp.com, die darüber hinaus die Qualität der Nachrichten mit gezielten Fragen an ihre LeserInnen überprüft, bevor Artikel veröffentlicht werden.

Netz-Manifest

Ein »Netz-Manifest« mit 17 Behauptungen, wie Journalismus heute funktioniert, hat eine Gruppe bekannter deutscher JournalistInnen verfasst und festgehalten: »Das Internet macht es möglich, direkt mit den Menschen zu kommunizieren und ihr Wissen zu nutzen. Nicht der besserwissende, sondern der kommunizierende Journalist ist gefragt.« Die Gruppe ist davon überzeugt, dass sich auch bei der Online-Berichterstattung Qualitätsjournalismus durchsetzt, sofern er sich von bloßer Veröffentlichung unterscheidet.

Todesspirale der Medienökonomie

Wenn Journalismus eine geistige Dienstleistung für eine funktionierende Demokratie ist, darf die journalistische Qualitätsarbeit nicht zu Tode gespart werden, wie Kommunikationswissenschafter Christoph Fasel über die Zukunft des Journalismus feststellt. «Wer an Recherche spart verliert Leser, wer Kompetenz einspart verliert Interesse, wer Unabhängigkeit einspart verliert Vertrauen. Das ist die Todesspirale der Medienökonomie.”

Weblink
Internet-Manifest:Wie Journalismus heute funktioniert.
www.internet-manifest.de

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