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Sie kommen aus Nigeria, Meidling oder Tirol - wer sich die Mühe macht zu fragen, wird viele interessante Lebensgeschichten hören. Die »Augustin«-VerkäuferInnen gehören zu Wien und sind Teil der Wiener Stadtkultur.

Augustin, Okto & Co …

Schwerpunkt

Die meisten Medien schmücken sich mit dem Zusatz der Überparteilichkeit - manch alternatives Medium bekennt sich bewusst zu Parteinahme.

Wer kennt sie nicht, die »Augustin«-VerkäuferInnen - sie sind aus dem Wiener Stadtbild schon ebenso wenig wegzudenken, wie der Kebabstand und das Altwiener Kaffeehaus. Rund 450 dieser meist freundlichen und oft unterhaltsamen VerkäuferInnen sind in ganz Wien unterwegs. Man kann die unterschiedlichsten Menschen den »Augustin« verkaufen sehen. Sie kommen aus Nigeria, Meidling oder Tirol - wer sich die Mühe macht zu fragen, wird viele interessante Lebensgeschichten hören. Die »Augustin«-VerkäuferInnen gehören zu Wien und sind Teil der Wiener Stadtkultur.

Parteilicher Journalismus

Der Augustin »bekennt sich zu einem parteilichen Journalismus«, heißt es auf der Homepage der Wiener Alternativzeitung. Es muss nicht immer objektiv sein, was gut und richtig ist, sagen sich die HerausgeberInnen des »Augustin«. Es geht darum, Ausgrenzungen und Marginalisierungen widerzuspiegeln. Das kann auch der Fall sein, wenn eine gewisse Subjektivität des Artikels offensichtlich ist. Klarerweise wird im »Augustin« dennoch nicht einfach willkürlich abgedruckt, was man/frau so schreibt. Rassismus, Sexismus und Gewalt verherrlichende Ideologien sind auch dort verpönt. So steht es auch auf der Homepage der Zeitung zu lesen. Die Alternativzeitung »Augustin« sieht sich als ein jeder Politik gegenüber misstrauisches Medium. Obwohl man/frau eventuell die Zeitung eher der linken Denkrichtung zuordnen könnte, verwehren sich die ZeitungsmacherInnen gegen eine solche Vereinnahmung. Keine Idee darf zum Dogma werden. Karitative Praktiken und radikale Gesellschaftskritik finden Seite an Seite Platz im »Augustin«. Da sich die Zeitung zu 100 Prozent selbst finanziert, ist die völlige Unabhängigkeit von jedweder Partei garantiert - es muss niemandem nach dem Mund geschrieben werden.

Idee dahinter?

Die Alternativzeitung »Augustin« wurde 1995 in Wien gegründet. Vorbild dafür waren Straßenzeitungen z. B. in Frankreich und Großbritannien. Der Gedanke dabei war, eine Chance und Stütze für alle Menschen - die Betonung liegt auf ausnahmslos ALLEN Menschen - zu schaffen, die aus welchen Gründen auch immer, vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind. Die Zeitung wird um zwei Euro verkauft. Ein Euro davon geht an den/die VerkäuferIn. Damit kann man schon ein wenig Geld verdienen. Allerdings gibt es nicht nur die finanzielle Seite des »Augustin«-Verkaufes. Der »Augustin«, und seine verschiedenen Ausprägung wie »Radio Augustin«, »TV Augustin«, der »Augustin«-Chor »Stimmgewitter«, die »Augustin«-Schreibwerkstatt, die »Augustin«-Schauspielgruppe (11%K-Theater) und der Fußballclub »Schwarz-Weiß Augustin«, bietet Menschen, die am Rand der Gesellschaft leben müssen, eine Chance, sich sportlich und kreativ zu betätigen und ihre verborgenen Talente zu entdecken und zu entwickeln.
Wenn im »Augustin« von Integration der VerkäuferInnen in die Gesellschaft gesprochen wird, dann ist damit nicht etwa gemeint, diese Menschen auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen und sie dort zu integrieren - eine Illusion, der ohnehin nur die verbohrtesten PolitikerInnen anhängen können, denn wer stellt einen 55-jährigen straffälligen Obdachlosen ohne Ausbildung und ohne Zähne im Mund schon ein? -, sondern man versucht, den Menschen Wege zu eröffnen, sich von den Zwängen der Straße zu befreien. Den angehenden VerkäuferInnen wird - vorurteilsfrei und ohne Barrieren - eine Möglichkeit geboten, sich wieder aufzurappeln.
Nicht wenige »Augustin«-VerkäuferInnen leben heute nicht mehr auf der Straße. Manche haben es sogar geschafft, wieder eine eigene Wohnung zu finden. Das Augustinvertriebsbüro selbst bietet zu den Öffnungszeiten den Bedürftigen außerdem eine Möglichkeit zum geselligen Beisammensein. Telefon, Internet, Fax und Büromaterial können benutzt werden. SozialarbeiterInnen bieten Zuspruch, Beratung und Unterstützung in rechtlichen, psychologischen und wirtschaftlichen Fragen an.

Kupfermucken aus Linz

Die Linzer Zeitung »Kupfermucken« nimmt Subventionen der Stadt und des Landes Oberösterreich in Anspruch, um damit Workshops und Exkursionen zu finanzieren. Dazu kommen Spendengelder, die die bei dieser Zeitung üblichen »Honorare« für die RedakteurInnen und der Kaffeeverbrauch abdecken. Wie der »Augustin« wird auch die "Kupfermucke" auf der Straße von Betroffenen verkauft. Jeden Mittwochnachmittag gibt es eine offene Redaktionssitzung, an der man/frau zuerst als Gast - nach einem Monat dann sogar als »echter/echte« RedakteurIn - teilnehmen kann. Pro veröffentlichtem Beitrag bekommen die SchreiberInnen 15 Euro.
Wer regelmäßig an den Redaktionssitzungen teilnimmt erhält darüber hinaus ein Fixum von 40 Euro monatlich - kein geringer Betrag, wenn man wie Rudi von 600 Euro Notstandshilfe leben muss. Damit kann Rudi gerade noch die Miete, Strom und Gas bezahlen. Im Kühlschrank ist da schon sehr wenig. »Aber«, so Rudi, »andere haben überhaupt keine Wohnung.« Da hat er leider Recht. Rudi hat sich aus Geldmangel dazu entschieden, bei der »Kupfermucken« einzusteigen. »Heute geht es mir allerdings nicht mehr nur ums Geld«, sagt er. »Die Redaktionssitzungen sind für mich auch ein Treffpunkt, wo ich viel Kaffee trinke und mit Leuten quatsche«, grinst er.

Radio Orange

Orange 94,0 - das Freie Radio in Wien ist ein Alternativmedium. Freies Radio heißt, dass es weder öffentlich-rechtlich, noch privat-kommerziell ist. Freies Radio ist demnach die dritte Säule des Radiomachens. Als solches ist Radio Orange in Österreich immer noch eine Rarität - und wird entsprechend wenig subventioniert. Finanzielle Mängel werden durch Radioworkshops und Spenden recht und schlecht ausgeglichen. Doch leider hat Radio Orange chronisch mit Geldmangel zu kämpfen.
Grundsätzlich kann jede/r auf Radio Orange senden - und niemand bekommt Geld dafür. Die wichtigsten Grundsätze des freien Radios sind Meinungsvielfalt und Pluralität. Allerdings werden rassistische, sexistische, faschistische und die Würde der Menschen verletzende Inhalte, sowie Personen und Gruppen, die solche Inhalte vertreten, dezidiert ausgeschlossen. Radio Orange hat es sich zur Aufgabe gemacht, Gruppen und Themen ausdrücklich zu fördern, die in den Mainstream-Medien unterrepräsentiert sind. Dazu gehören ethnische, sprachliche und soziale Minderheiten, Kinder, Jugendliche und Frauen und deren Anliegen. Übrigens wird auch Radio Augustin über Radio Orange gesendet.

Okto TV

Der Fernsehsender Okto basiert auf sehr ähnlichen Grundsätzen wie Radio Orange. Auch hier wird nicht kommerzielles, nicht öffentlich-rechtliches Fernsehen gemacht. Auch hier erhalten Randgruppen die Möglichkeit, in den öffentlichen Diskurs einzutreten. Darum sendet TV Augustin über Okto. Okto bekennt sich auf seiner Homepage zu einer Politik der »affirmative action«, um Diskriminierungen zumindest ansatzweise zu kompensieren. Eine Programmatik, die man leider viel zu selten antrifft.

biber - mit scharf

Ein Pionierprojekt in der österreichischen Medienlandschaft ist auch »biber« - die erste Stadtzeitung mit scharf - ist: Das erste transkulturelle Magazin erscheint seit 2008 sechs Mal im Jahr kostenlos. Junge, ambitionierte JournalistInnen mit türkischem, bosnischem, serbischem, kroatischem, kurdischem, brasilianischem, kärntnerischem, oberösterreichischem, slowenischem, und soweiter -ischem Hintergrund, sorgen für authentische Berichte direkt aus der multiethnischen Community. Das Team wird von biber-Journalistin Ivana Cucujkic und Kurier-Redakteur Simon Kravagna koordiniert.

Weblinks
Radio Orange:
o94.at
Augustin:
www.augustin.or.at
biber:
www.dasbiber.at
Okto:
okto.tv

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Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin
ruth.bauer@gmx.net
oder die Redaktion
aw@oegb.at

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