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Ein engmaschiges Netzwerk verbindet einen exklusiven Kreis leitender JournalistInnen mit SpitzenpolitikerInnen, der sich durch informelle Kontakte, Essensverabredungen und Freundschaften auszeichnet und 10-15% der innenpolitischen JournalistInnen umfasst. Ein engmaschiges Netzwerk verbindet einen exklusiven Kreis leitender JournalistInnen mit SpitzenpolitikerInnen, der sich durch informelle Kontakte, Essensverabredungen und Freundschaften auszeichnet und 10-15% der innenpolitischen JournalistInnen umfasst.

In der Medienarena

Schwerpunkt

Politikwissenschafter Fritz Plasser hat ein topaktuelles Buch über die Praxis politischer Kommunikation in Österreich herausgegeben.

Politik in der Medienarena« heißt das vor kurzem erschienene Buch, das aktuelle Befunde zur politischen Kommunikationskultur Österreichs reflektiert. Der Herausgeber, Univ.-Prof. Dr. Fritz Plasser, Dekan der Fakultät für Politikwissenschaft und Soziologie der Universität Innsbruck, präsentiert darin Ergebnisse einer Befragung von SpitzenpolitikerInnen und innenpolitischen JournalistInnen sowie Daten zum tatsächlichen Einfluss der Kronen Zeitung und bietet einen kritischen Blick auf die politische Kommunikationspraxis in Österreich. Wir präsentieren ausgewählte Ergebnisse daraus.

Spannungs- und Konfliktzonen

Befunde einer Befragung von 146 Angehörigen der politischen Elite in Österreich und 154 führenden innenpolitischen JournalistInnen verweisen auf erhebliche Spannungs- und Konfliktzonen im Verhältnis JournalistInnen und politische Eliten. So unterschätzen PolitikerInnen die Relevanz professioneller Normen wie Machtkontrolle, Ausgewogenheit und Interpretation im journalistischen Rollenverständnis. In der Wahrnehmung der PolitikerInnen orientieren sich JournalistInnen vorrangig an den flüchtigen Erwartungen und Stimmungslagen des Massenpublikums, die sie mit marktgerecht aufbereiteten Nachrichten bedienen. Was die Eigen- und Außenwahrnehmung des journalistischen Selbstverständnisses betrifft, herrschen zwischen JournalistInnen und PolitikerInnen erhebliche Auffassungsunterschiede.
Aus Sicht der JournalistInnen sind die Beziehungen zwischen Journalismus und Politik deutlich angespannt. Rund ein Drittel der innenpolitischen JournalistInnen geht davon aus, dass das Verhältnis zwischen JournalistInnen und PolitikerInnen in den vergangenen Jahren deutlich konflikthaltiger geworden sei. Aber auch jeder dritte Angehörige der politischen Elite konstatiert eine verstärkte Konfliktintensität in den Beziehungen zum Journalismus.

Mediengerechte Pseudo-Ereignisse

Neben der Professionalisierung der PolitikerInnen und deren MedienberaterInnen beim strategischen Nachrichten-Management wie der Inszenierung mediengerechter Pseudo-Ereignisse begründen JournalistInnen die verstärkte Konfliktintensität auch mit dem Durchbruch eines interpretierenden, analytischen Journalismus, der in einer wachsenden Distanz zu politischen Eliten und verstärkter Kritikbereitschaft resultiere.
PolitikerInnen wiederum führen die erhöhten Spannungen im Verhältnis zum Journalismus auf die erhöhte Negativität der redaktionellen Berichterstattung, die Boulevardisierung wie den Kampagnenjournalismus einzelner Redaktionen zurück. Beide Seiten verweisen aber unisono auf negative Konsequenzen des verstärkten betriebswirtschaftlichen Drucks auf die Redaktionen. Drei Viertel der befragten JournalistInnen und PolitikerInnen gehen von starken Einflüssen der verstärkten Quoten- und Profitorientierung auf die politische Berichterstattung aus.
Umgekehrt konstatieren 73 Prozent der PolitikerInnen und 57 Prozent der JournalistInnen, dass gleichzeitig auch der Druck der Massenmedien auf politische EntscheidungsträgerInnen stärker geworden sei. Beide Stressfaktoren - der Quoten- und Auflagendruck auf die Medien wie der verstärkte Druck der Massenmedien auf politische EntscheidungsträgerInnen - werden auch vom Medienpublikum registriert. Jeweils 50 Prozent des Medienpublikums vermuten erhöhten Quotendruck auf die Berichterstattung wie erhöhten medialen Druck auf Entscheidungen der PolitikerInnen.

Druck und Gegendruck

Politische Eliten erleben die veränderten redaktionellen Handlungslogiken als erhöhten medialen Druck, dem sie durch eine offensive, proaktive Öffentlichkeitsarbeit gegenzusteuern versuchen. JournalistInnen wiederum nehmen dies als verstärkte Versuche der Einflussnahme auf die redaktionelle Berichterstattung wahr, auf die sie ihrerseits mit erhöhter Kritikbereitschaft, härteren akzentuierten Interviews und auf Entscheidungsschwächen und Versäumnisse der politischen Eliten fokussierten Kommentaren und Analysen antworten. Durch den wechselseitigen Druck steigt der Stress in der politischen Kommunikationskultur Österreichs.
Im Unterschied zu einer medienorientierten Kommunikationskultur wie die der USA, in der sich JournalistInnen und PolitikerInnen vergleichsweise distanziert gegenüberstehen, zeichnet sich eine parteienorientierte Kommunikationskultur wie die Österreichs durch eine überdurchschnittliche Nähe und Interaktionsdichte zwischen beiden Seiten aus. Tatsächlich ist die Dichte der Interaktionen beachtlich. Rund ein Drittel der innenpolitischen JournalistInnen wird mehrmals in der Woche von PolitikerInnen kontaktiert. Von den PolitikerInnen nimmt jede/r zweite mehrmals in der Woche von sich aus Kontakt mit JournalistInnen auf, was gleichzeitig bedeutet, dass sich die aktiven Kontaktversuche der PolitikerInnen auf einen ausgewählten Kreis von JournalistInnen konzentrieren.

Engmaschiges Eliten-Netzwerk

Ein engmaschiges Eliten-Netzwerk verbindet einen exklusiven Kreis leitender JournalistInnen mit SpitzenpolitikerInnen, der sich durch dichte informelle Kontakte, Essensverabredungen, private Treffen und Freundschaftsnetzwerke auszeichnet und in das zehn bis fünfzehn Prozent der führenden innenpolitischen JournalistInnen eingebunden sind.
Sucht die Mehrheit der PolitikerInnen die privat-informelle Nähe zu ausgewählten Journalisten, bevorzugt die Mehrheit der JournalistInnen eine professionelle Distanz, die freilich mit Blick auf das eng verflochtene Eliten-Kontaktnetzwerk aus SpitzenpolitikerInnen und SpitzenjournalistInnen nicht mehr erkennbar ist.

Versuche der Einflussnahme

Rund 50 Prozent der innenpolitischen JournalistInnen haben aus ihrer beruflichen Erfahrung den Eindruck, dass Versuche politischer Eliten auf die redaktionelle Berichterstattung Einfluss zu nehmen in den vergangenen Jahren intensiver geworden wären. Häufigste Praxis der Einflussnahme ist die klassische Intervention, mit der 52 Prozent der JournalistInnen - 80 Prozent der ORF-FernsehjournalistInnen - häufig konfrontiert werden.
Österreichische PolitikerInnen investieren beachtliche Zeitspannen ihres Arbeitsalltags in persönliche Kontakte mit MedienvertreterInnen bzw. die Vorbereitung auf massenmediale Auftritte. Jeder/jede dritte SpitzenpolitikerIn verbringt täglich mehr als zwei Stunden mit persönlichen oder telefonischen Kontakten mit JournalistInnen bzw. der Vorbereitung auf Pressekonferenzen bzw. Studiointerviews. Ein weiteres Viertel widmet sich täglich ein bis zwei Stunden der Vorbereitung auf Medienkontakte.
In ihrer persönlichen Mediennutzung unterscheiden sich redaktionelle und politische Eliten deutlich vom Informationsverhalten des Publikums. Für alle sind Tageszeitungen die beruflich wichtigsten Medien. Jeder/jede dritte PolitikerIn bezeichnet die Kronen Zeitung als persönliches Leitmedium, ebenso nennen 37 Prozent des Publikums die Kronen Zeitung als ihre wichtigste persönliche Informationsquelle, während nur sieben Prozent der JournalistInnen die Kronen Zeitung als berufliches Leitmedium bezeichnen.

Talk-Show statt Parlament

Wie sehr sich ein redaktionelles Politikverständnis unter Angehörigen der politischen Elite ausgebreitet hat, verdeutlicht die Einschätzung der PolitikerInnen, mit welchen Mitteln man am wirksamsten öffentliche Aufmerksamkeit wecken könne. 80 Prozent der Politiker halten für am wirksamsten, ausgewählten Journalisten gezielt Informationen zuzuspielen.
Knapp die Hälfte bezeichnet auch Auftritte in politischen Talk-Shows als wirksames Mittel. Eine Rede im Plenarsaal des Parlaments halten hingegen nur sieben Prozent der befragten SpitzenpolitikerInnen für ein wirksames Mit-tel öffentliche Aufmerksamkeit zu gewinnen.

Weblink
Zentrum für angewandte Politikforschung:
www.zapol.at

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