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Katharina Klee Katharina Klee, Chefredakteurin

Standpunkt | Und stolz darauf

Meinung

Oh, sagen die Menschen, wenn ich mich als Journalistin vorstelle, und das klingt alles andere als begeistert. Medien und ihre MacherInnen haben nicht unbedingt den besten Ruf.

Das wundert mich nicht, wenn ich mich von Casting-Show zu Kochsendung zappe, aus dem Radio die größten Hits aller Zeiten plärren und mir am Kiosk dumpfe Überschriften entgegenschreien. Dazu kommt Werbung allerorten und die bittere Erkenntnis, dass Wichtiges zwischen versteckter PR und Oberflächlichkeiten untergeht. Die Internet-Recherche führt oft nur zu größerer Verwirrung.

Wer baute das siebentorige Theben?

Und doch bin ich stolz Journalistin zu sein, was mein Umfeld nicht immer verstehen kann. Denn ich habe mich aus durchaus idealistischen Gründen für den Beruf, in den ich - wie viele - hineingeglitten, gewachsen bin, entschieden. Ich wollte Unrecht aufdecken, Menschen informieren und Geschichten erzählen. Das alles zugleich ist schwierig bis unmöglich.
»Wer baute das siebentorige Theben?«, schreibt Bert Brecht in dem Gedicht »Fragen eines lesenden Arbeiters«: »In den Büchern stehen die Namen von Königen. Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?« Für mich ist es eine Kernaufgabe das Journalismus, diese Fragen zu beantworten, zu berichten, wer die Felsbrocken herbeischleppt, wie diese Menschen leben, wer vom »siebentorigen Theben« profitiert, wer dafür bezahlt und natürlich auch, welche Straße dafür gesperrt werden muss.
In vielen Redaktionen nimmt die letzte Frage den meisten Platz ein neben den Namen der Könige. Wer davon profitiert, und wer dafür bezahlt, läßt sich nicht immer recherchieren. Und wie diese Information unterbringen in einem 90-Sekunden-Radiobeitrag, einem 1.500-Zeichen-Artikel. So bleibt auch kaum Platz für die Menschen, die die Felsbrocken herbeischleppen.
Ich habe meinen Preis bezahlt, schlampig recherchiert, die Schere im Kopf zensieren lassen, die Würde der Menschen nicht immer geachtet, im Rennen um die »G’schicht« - das, was Sie, die LeserInnen, HörerInnen, SeherInnen, fesseln könnte. Denn Sie konsumieren die Medien, Ihre Aufmerksamkeit interessiert die InserentInnen und Sie zahlen unsere Honorare.
Den meisten JournalistInnen geht es ganz ähnlich. Auch sie sind einst idealistisch an ihren Beruf herangegangen und kämpfen jetzt zwischen eigenem Anspruch und Marktzwang. Immer öfter endet der Kampf im Privatkonkurs.
Und doch gab und gibt es immer wieder Sternstunden des Journalismus. Dokumentationen, Reportagen, Analysen und Berichte, die mich berühren, die meine Sicht der Welt erweitern, die Klarheit schaffen, aufdecken, entlarven. Dann ist es an mir als Medienkonsumentin, ein Zeichen zu setzen.

»Würde und Bedeutung der Arbeit«

In einer immer stärker von den Gesetzen des Marktes regierten Medienwelt empfinde ich daher ein Medium wie die »Arbeit&Wirtschaft« als großen Luxus. In der Erstausgabe 1923 bekannten sich ihre Herausgeber dazu »der Würde und Bedeutung der Arbeit entsprechend, den richtigen Ausdruck für die Ansichten der Arbeiter und Angestellten zu finden«. Es tut noch immer und gerade heute gut, sich darauf berufen zu können, ohne Rücksicht auf InserentInnen und Werbepreise nehmen zu müssen. Das verdanken wir auch Ihnen, unseren LeserInnen, AK- und ÖGB-Mitgliedern.
»Jede Seite ein Sieg. Wer kochte den Siegesschmaus? Alle zehn Jahre ein großer Mann. Wer bezahlte die Spesen? So viele Berichte. So viele Fragen«, endet das Brecht-Gedicht. In der »A&W« haben wir Platz (und Anspruch) die »Fragen eines lesenden Arbeiters« zu beantworten. Darum werden wir uns auch in Zukunft bemühen, das verspreche ich - schon damit ich weiterhin stolz darauf sein kann, Journalistin zu sein.

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