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KonsumentInnen bezahlen über die Kosten für die Produkte und Dienstleistungen der InserentInnen oder über die Presseförderung ohnehin für das kurz darauf im Altpapier landende bedruckte Dre..., pardon, Druckwerk. KonsumentInnen bezahlen über die Kosten für die Produkte und Dienstleistungen der InserentInnen oder über die Presseförderung ohnehin für das kurz darauf im Altpapier landende bedruckte Dre..., pardon, Druckwerk.

Meinungswirtschaft

Schwerpunkt

Wie schaut die Medienlandschaft in Österreich aus, wer bestimmt sie, wem dient sie, wer verdient daran?

Laut Mediaanalyse 2008/2009 erzielt die »Kronen Zeitung« eine Reichweite von knapp über 41 Prozent oder 2,92 Mio. LeserInnen. An zweiter Stelle rangiert die »Kleine Zeitung« mit fast zwölf Prozent, gefolgt von »Österreich« mit 9,7 Prozent, Kurier 8,8 Prozent und Standard sechs Prozent.

»KroKu-Deal«

Die hohe Verbreitung der »Kronen Zeitung«, die »Westdeutsche Allgemeine Zeitung« (WAZ) als gemeinsamer Eigentümer von Krone und Kurier sowie die Mediaprint als gemeinsames Verlagshaus machen Österreich zu einem Land mit einer der höchsten Medienkonzentrationen. Zudem betreibt die Mediaprint mit den »Salzburger Nachrichten« gemeinsam ein Druckzentrum und hat in einer gemeinsamen Firma die Hauszustellungen im Land Salzburg zusammengelegt. Seit Jänner 2010 wird auch der »Standard« in ihrem Druckzentrum gedruckt. Die Mediaprint (1.880 Beschäftigte, 485 Mio. Euro Umsatz) ist über den »Kurier« mit der Raiffeisenbank verbunden und an der News-Gruppe beteiligt.
Die News-Verlagsgruppe (540 Beschäftigte, 150 Mio. Euro Umsatz), ist der marktbeherrschende Magazinkonzern (Profil, Format, Trend, News, e-media, tv-media, Woman usw.). Eigentümer sind neben der Familie Fellner (18,6 Prozent), die seit 2006 die Tageszeitung »Österreich« herausgibt, die deutsche Bertelsmanntochter Gruner + Jahr (56 Prozent) und der Kurier (25,4 Prozent). Nachdem schon früher »Format« und Profil (»Formil«) zum News-Verlag kamen und dann Mediaprint- und News-Gruppe fusionierten, entstand der »Mediamil-Komplex«, quasi als Kern und Symbol der österreichischen Medienverfilzung, mit Hans Dichand, WAZ, Raiffeisenbank, Gruner + Jahr und dem Haus Fellner als »Big Player«.
Eigentümer der Styria Media Group AG (»Kleine Zeitung«, »Die Presse«, »Wirtschaftsblatt« - 3.300 Beschäftigte, 486 Mio. Euro Umsatz) ist die Katholische Medien Privatstiftung der Diözese Graz-Seckau. Mit der Styria Multi Media (Diva, Wiener, Wienerin, Sportmagazin) besitzt sie die nach der News-Gruppe zweitgrößte Magazinholding. Kooperiert wird auch mit dem drittgrößten Printmedienkonzern, der Moser Holding AG (221 Mio. Euro Umsatz, 1.230 Beschäftigte), die die »Tiroler Tageszeitung«, TT-kompakt sowie Bezirkszeitungen und gemeinsam mit Styria Gratisblätter österreichweit herausgibt. An der Moser Holding ist Raiffeisen Oberösterreich mit knapp 15 Prozent beteiligt.
Was »Onkel Hans« mit Kleinformat, Sohn und Schwiegertochter sowohl bezahlt als auch gratis (»Heute«) schon hat, »Giebelkreuzkonrad« immer mehr ausbaut, das will der »Fellner-Clan« auch erreichen. Via News-Gruppe und seit 2006 mit »Österreich« mischt Fellner kräftig mit.1 Was an Macht und Geld fehlt, soll durch Infotainment und Aggressivität am Medienmarkt erzielt werden. Auf das Konto der Fellners geht »eine Verluderung der journalistischen Kultur und ein Niedergang der professionellen Ethik, die schlechthin desaströs sind ... öffnet den Blick in schaudernde Abgründe - den aller Demokratie Hohn sprechenden Filz von Politik und Fellnerismus, der im Faymannland zum Alltag geworden ist.«2

Ra(i)ffgold

Raiffeisen ist nicht nur ein Lagerhaus und eine Bank, sondern auch ein Medienhaus, und somit nicht nur an der Moser Holding, sondern auch am Niederösterreichischen Pressehaus, das die regionalen Wochenzeitungen NÖN und BVZ herausgibt, neben der Erzdiözese St. Pölten (80 Prozent) zu 20 Prozent beteiligt. Über die Medicur-Holding Gesellschaft m. b. H. (Raiffeisen-Holding NÖ, RZB und UNIQA), hält sie wesentliche Beteiligungen an Medienunternehmen in den Bereichen Print (Kurier, News-Verlagsgruppe, Profil, APA, Mediaprint, Krone Hitradio), Privat-TV (Sat1 Österreich) sowie Plakat- und Außenwerbung (Epamedia). Bereits 2005 unter ORF-Generaldirektorin Monika Lindner hat sich Raiffeisen zu 40 Prozent in die ORF-Rundfunksendergesellschaft ORS - sie betreibt für den ORF 1.795 Sendeanlagen an 477 Standorten - eingekauft. Anfang 2009 übernahm die Medicur die Epamedia ganz. Raiffeisen-Vertreterin in einigen dieser Firmen: Monika Lindner. Ende 2008, mitten in der Finanzkrise, konnte sich Raiffeisen-General Christian Konrad eine Privatisierung von ORF 1 vorstellen und interessierte sich dafür.3

Über Gebühr?

Führendes audiovisuelles Medienunternehmen in Österreich ist der ORF (3.370 Beschäftigte, 886 Mio. Euro Umsatz). Ca. ein Drittel seiner Einnahmen kommen aus der Werbung. KritikerInnen meinen, dass sich der ORF von Privat-TV-Sendern nicht mehr sehr unterscheide.
Immer wieder entflammt die Gebührendebatte: Die ORF-Inkasso-Tochter GIS möchte schon Gebühren einheben dürfen, wenn der Senderempfang prinzipiell möglich ist, unabhängig davon, ob jemand ein Gerät betreibt oder nicht.4
Die in Österreich meist genutzten Nachrichtenagenturen sind neben der APA, mit u. a. ihrem Original-Text-Service (OTS), v. a. die weltweite Agentur Reuters und die »pressetext austria« (pte). Die APA ist eine Genossenschaft aus ORF und den österreichischen Kaufzeitungen exklusive der Krone. Vorteil, auch des OTS-Services: vorbereitete Infos in leicht weiter verarbeitbaren Häppchen. Nachteil: Immer mehr Medien schreiben - nicht zuletzt durch Kürzungen bei Personal und Geld - das Gleiche. Hinterfragen wird Luxus. Diesen Umstand macht sich PR und Lobbying zunutze. Es sind vorwiegend PR-Leute und nicht JournalistInnen, die Themen forcieren und die publizistische Wirklichkeit gestalten.5
2009 schlossen sich bekannte österreichische LobbyistInnen, PR- und PolitikberaterInnen (Helmut Brandstätter, Monika Langthaler, Peter Filzmaier, Maria Rauch-Kallat, Sophie Karmasin) unter der Führung der Branchen-Gurus Wolfgang Rosam und Dietmar Ecker in der Über-Agentur »Lead - Leading Advisors Group GmbH« zusammen. Bedenklich ist die entstehende Machtfülle und -konzentration, die Verquickung von Markt- und Meinungsforschung und PR und Lobbying sowie die mangelnde Transparenz nach außen: Es entsteht »ein Meinungsbeeinflussungskartell von ungeahntem Ausmaß.«6
Für die »Verluderung« des Journalismus und der Medienlandschaft in Österreich sind mehr als ein Medium oder eine Person verantwortlich. Die gegenseitigen Verschränkungen im Verdrängungswettbewerb des Meinungsmachergewerbes zeigen letztlich doch, dass im Kampf um Quoten und Millionen eine Hand die andere wäscht, und den Schmutz die schweigende Mehrheit auszubaden hat.

»Heute« gratis - morgen teuer

Die sogenannten Massenmedien sind Mittel zum Zweck zur Beeinflussung breitester Bevölkerungsschichten. Mehr oder weniger werden via in Werbung, Marketing, Lobbying, Event- und PR-Journalismus oder Infotainment eingebettete »Berichte« und Kommentare bloß die unterschiedlichen Polit- und Geschäftsinteressen der InserentInnen und EigentümerInnen unters Volk gebracht. Immer öfter gratis, aber wohl nicht umsonst: Medienkonzerne flüchten durch Ausgliederungen in branchenfremde KV und untergraben bestehende arbeits- und sozialrechtliche Standards. KonsumentInnen bezahlen über die Kosten für die Produkte und Dienstleistungen der InserentInnen oder über die Presseförderung ohnehin für das kurz darauf im Altpapier landende bedruckte Dre..., pardon, Druckwerk. Auch für die Folgen der in den Medien schön geschriebenen oder scheinbar kritisierten Wirtschaft und Politik - usw. sehr, sehr teuer, wie gerade die Krise zeigt. Wie sagte eine Betriebsrätin auf einem AK-Medienseminar unlängst: Das beste Massenmedium sind wir selbst, wenn wir uns kein »X« für ein »U« vormachen lassen, uns solidarisch und gemeinsam für unsere Anliegen einsetzen und bemerkbar machen.

1 Harald Fidler: »Österreichs Medienwelt von A bis Z«, Falter Verlag 2008; und: Österreichs manischer Medienmacher. Die Welt des Wolfgang Fellner, Styria 2009.
2 Wolfgang Langebucher, früherer Vorstand des Wiener Publizistik-Instituts, Standard, Album, 3./4. 10. 2009
3 Standard, 7. 11. 2008; Raiffeisen Archiv, 15. Juli 2005, www.raiffeisen.at; zu Medicur und Epamedia: APA, OTS0205, 2. 2. 2009
4 Kurier, 30. 12. 2009
5 BENTELE, G., HALLER M. (Hg): Aktuelle Entstehung von Öffentlichkeit. Akteure, Strukturen, Veränderungen. Konstanz 1997
6 S. Broczka, Das Meinungskartell, »Datum«, 7-8/2009

Weblinks
Mehr Infos unter:
www.media-analyse.at
www.rtr.at
www.firmenabc.at

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