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Auch dem Schauspieler Wolfgang Böck ist der Einsatz der Gewerkschaft gegen Gewalt im Job ein Anliegen. »Freunde, Gewalt löst kein Problem. Mehr Respekt! Miteinander statt gegeneinander.« Auch dem Schauspieler Wolfgang Böck ist der Einsatz der Gewerkschaft gegen Gewalt im Job ein Anliegen. »Freunde, Gewalt löst kein Problem. Mehr Respekt! Miteinander statt gegeneinander.«

Gewalt im Job nimmt zu

Schwerpunkt

Tatort Arbeitsplatz. Die Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida macht die tägliche Gewalt in der Arbeit zum Thema.

Mit einer Veranstaltung am 23. November 2009 in Wien startete vida die Initiative »Tatort Arbeitsplatz. Gib der Gewalt im Job keine Chance«. Der große Andrang bei der Veranstaltung zeigt die Brisanz des Themas.
Im Bereich der Verkehrs- und Dienstleistungsberufe kommt es immer wieder zu körperlichen Übergriffen und Verletzungen. Betroffen sind viele Berufsgruppen: BuslenkerInnen und ZugbegleiterInnen wurden schon von Fahrgästen niedergeschlagen, Krankenpflegepersonal und HeimhelferInnen von PatientInnen gekratzt, getreten oder sexuell belästigt. HausbesorgerInnen werden vielfach von MieterInnen körperlich attackiert, wenn es zu Konflikten kommt. Neben Beschimpfungen durch externe Personen nehmen auch Mobbing und »interne« Gewalt unter KollegInnen zu.

Tägliche Gewalt

An die Öffentlichkeit gelangen meist nur besonders schockierende Vorfälle. vida will die tägliche Gewalt, wie sie in den Betrieben passiert, sichtbar machen. Das reicht von Beschimpfungen und Belästigungen sowie Mobbing durch MitarbeiterInnen und Vorgesetzte bis zu Beleidigungen und körperlichen Attacken durch externe Personen. Genaues Datenmaterial zur Situation in Österreich gibt es bislang nicht - das Forschungsinstitut ifes führt nun im Auftrag von vida eine österreichweite Befragung unter den Beschäftigten im Verkehrs- und Dienstleistungsbereich durch, die bis Jänner 2010 abgeschlossen sein wird. Eine erste »Blitzumfrage«, die vida selbst unter 200 BetriebsrätInnen durchgeführt hat, zeigt großen Handlungsbedarf: 39 Prozent der Befragten gaben an, dass Gewalt in ihrem Betrieb bereits ein Thema gewesen sei.

Gegensteuern

Mit der Initiative gegen Gewalt im Job knüpft vida an eine europäische Sozialpartnervereinbarung an. Die Sozialpartner haben auf EU-Ebene im April 2007 eine autonome Rahmenvereinbarung gegen Belästigung und Gewalt abgeschlossen. Die Vereinbarung sieht vor, dass Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände auf nationaler Ebene ein Bewusstsein für das Problem in den Betrieben schaffen. Zusätzlich ist es Ziel, Gewalt und Belästigung im Job zu verhindern, und für Unterstützung und gute Nachbetreuung der Opfer zu sorgen. Innerhalb von drei Jahren, also bis April 2010, ist die Rahmenvereinbarung von den Sozialpartnern in den Mitgliedsstaaten umzusetzen. In Österreich ist diese Umsetzung noch ausständig.
Was unter einer ausreichenden »Umsetzung« zu verstehen ist, darüber herrscht zwischen WKÖ und der Gewerkschaft bislang kein Konsens. Rolf Gleißner, stellvertretender Leiter der Abteilung Sozialpolitik in der WKÖ, plädierte bei der vida-Auftaktveranstaltung dafür, gemeinsame Informationsmaterialien zur Sensibilisierung in den Betrieben zu erarbeiten. Bernhard Achitz, Leitender Sekretär im ÖGB, forderte auch gesetzliche Verbesserungen ein. Oliver Röpke, Leiter des ÖGB-Büros in Brüssel, berichtete von konkreten Umsetzungsschritten in anderen Ländern: Die norwegischen Sozialpartner haben für ArbeitnehmerInnen, die von Gewalt bedroht sind, das Recht auf Arbeitsniederlegung eingeführt, so Röpke.
Aus Sicht von vida ist für die Umsetzung der Rahmenvereinbarung ein umfassendes Maßnahmenpaket nötig. »Eine gemeinsame Broschüre von WKÖ und ÖGB zum Thema reicht nicht«, stellte die stellvertretende vida-Bundesgeschäftsführerin Renate Lehner klar.

Prävention als das Um und Auf

Gewalt im Job entsteht nicht von heute auf morgen, meist handelt es sich um einen schleichenden Prozess, berichtete der Kriminalpsychologe Thomas Müller bei der Veranstaltung. »Drei Punkte ziehen sich durch. Eine mindestens sechs Monate andauernde negative Stress-Situation, fehlende Identifikation mit dem Betrieb, etwa nach einer Fusion. Und drittens private Probleme, zum Beispiel eine Scheidung oder der Verlust des Führerscheins«, erklärte Müller. Um gegenzusteuern sei eine persönliche, ehrliche Form der Kommunikation am Arbeitsplatz wichtig. Firmenchefs müssten sich mehr mit wertschätzender MitarbeiterInnenführung und Kommunikation befassen, sagte der Kriminalpsychologe.
vida sieht die Schulung der Führungskräfte als wichtigen Puzzlestein zur Prävention von Gewalt im Job; ebenfalls nötig sind Seminare für die Beschäftigten im Umgang mit Konflikten. »Die besten Konfliktmanagementseminare helfen aber nichts, wenn die Unternehmen zu wenig Personal einsetzen«, fügte vida-Vorsitzender Rudolf Kaske hinzu. Denn Letzteres führe nicht nur zu zusätzlichem Stress, sondern teils auch dazu, dass die Sicherheit der Beschäftigten, aber auch Dritter nicht gewährleistet sei.
Kein Zug ohne ZugbegleiterIn und mehr als eine Person auf Strecken und zu Zeiten, wo bekannt ist, dass es häufiger zu Gewaltvorfällen kommt, lautet deshalb eine Forderung der Gewerkschaft vida für den Bereich der EisenbahnerInnen. Für alle Branchen gilt: Ausreichend Personal ist eine Grundbedingung, um Gewalt am Arbeitsplatz hintanzuhalten.

Bessere Nachbetreuung

Bei gemeldeten Vorfällen müssen die Betroffenen eine Information über den Ausgang des jeweiligen Vorfalls erhalten. »Nichts ist schlimmer, als wenn die Beschäftigten Übergriffe melden und dann gibt es vom Arbeitgeber null Feedback«, so Kaske. Weiters verlangt vida, dass die ArbeitgeberInnen im Bedarfsfall die Kosten für therapeutische oder psychologische Hilfe bzw. einen Rechtsbeistand bezahlen.
Auf Gesetzesebene verlangt vida, dass Arbeitspsychologen/-innen als verpflichtende Präventivkräfte in den Betrieben vorgesehen werden. Sie sollen ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen in Bezug auf psychische Belastungen als Anlaufstelle dienen. Derzeit ist im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz der verpflichtende Einsatz von ArbeitsmedizinerInnen und Sicherheitsfachkräften in den Betrieben vorgesehen, während das Gesetz in puncto Arbeitspsychologen/-innen nur eine Kann-Bestimmung enthält. Die Daten zur Entwicklung der Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionen stützen die Forderung der Gewerkschaft - denn während dank Prävention die Pensionen wegen Erkrankung des Stütz- und Bewegungsapparats rückläufig sind, nehmen vorzeitige Pensionierungen aufgrund von psychischen Erkrankungen zu.
Zudem soll das Arbeitsinspektorat als Kontrollorgan für alle Arten der Gewalt im Betrieb zuständig sein.
Wer im Dienst ist, kann Gewaltsituationen weniger leicht ausweichen als in der Freizeit. Ein Kellner wird nicht einfach ein volles Lokal allein lassen, eine Nachtbuslenkerin muss ihre Linie fahren, auch wenn sie dabei immer wieder gefährlichen Situationen ausgesetzt sind. Um die ArbeitnehmerInnen besser zu schützen, verlangt vida eine Verschärfung der gesetzlichen Sanktionen bei physischer Gewalt an ArbeitnehmerInnen im Dienst.

Gewerkschaft hilft

vida unterstützt BetriebsrätInnen, die gegen die Gewalt im Job aktiv werden, mit einer Musterbetriebsvereinbarung. Die Vereinbarung sieht verbindliche Leitlinien für den Umgang mit Gewalt im Betrieb vor. Zusätzlich startet vida ab 2010 mit Konfliktmanagementkursen für BetriebsrätInnen und Mitglieder. Auf Initiative von vida hat der ÖGB mit November 2009 seinen Berufsschutz für Mitglieder um Kostenersatz für Hilfe bei körperlicher Gewalt im Job erweitert. Informationen zu den Service- und Hilfsleistungen der Gewerkschaft, zu der geltenden Rechtslage und den Forderungen von vida gibt es im Internet unter www.tatortarbeitsplatz.at.

Mehr Respekt

Mehr Respekt! Nicht nur der Kriminalpsychologe Thomas Müller unterstützt die vida-Initiative. Auch dem Schauspieler Wolfgang Böck ist der Einsatz der Gewerkschaft gegen Gewalt im Job ein Anliegen. »Freunde, Gewalt löst kein Problem. Mehr Respekt! Miteinander statt gegeneinander«, sagt Böck.

Weblink
Mehr Infos unter:
www.tatortarbeitsplatz.at

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