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Für ein dauerhaft schlechtes Betriebsklima ist meist die Chefetage verantwortlich. Unruhestifter, Intrigen und mangelnde Konfliktkultur einfach auszublenden und zu hoffen, dass sich alles von selbst erledigt, kann genauso schaden wie ständiger Druck. Für ein dauerhaft schlechtes Betriebsklima ist meist die Chefetage verantwortlich. Unruhestifter, Intrigen und mangelnde Konfliktkultur einfach auszublenden und zu hoffen, dass sich alles von selbst erledigt, kann genauso schaden wie ständiger Druck.

Konkurrent oder Kollege?

Schwerpunkt

Im Kampf um Provisionen, Prämien, den besseren Job oder mehr Einfluss zählt Fairness manchmal nichts mehr.

Einerseits verbringen viele Menschen einen großen Teil ihrer Freizeit mit KollegInnen, der Job ist für sie Lebensmittelpunkt. Andererseits führen (finanzieller) Ehrgeiz, Machtstreben und/oder die Angst um den Arbeitsplatz manchmal dazu, KollegInnen zu belügen, hinters Licht oder aufs Glatteis zu führen. Ganz ähnlich wie in US-Fernsehserien hat die Tatsache, dass man gemeinsam nach dem Job noch was trinken geht, mit Freundschaft oder kollegialer Zuneigung nicht unbedingt etwas zu tun.
Ein gutes Arbeitsklima wünscht sich wohl jede/r, aber schon die genaue Definition, was dieses eigentlich ausmacht, könnte für Differenzen sorgen. Besonders hoch ist das Risiko für Konflikte und Intrigen überall dort, wo es um Provisionen, Prozente und Quartalsziele geht. Diese Konkurrenz wird in der Regel vom jeweiligen Arbeitgeber auch gewünscht und gefördert. Und so mancher »alte Hase« im Vertrieb ist überzeugt, dass maximaler Einsatz auch bedeutet, in der Wahl der Mittel nicht zimperlich zu sein.

Methoden der Winner

Evelyne K. ist seit mehr als zehn Jahren für eine Bausparkasse als Kundenberaterin tätig. Erst lange nach der üblichen Einarbeitungszeit hat sie begriffen, was Geschäftsanbahnung bedeuten kann: »Mehrere Jahre waren immer wieder dieselben Kollegen an erster Stelle bei den Umsatzzahlen. Das waren meist Summen, die ich mir nicht erklären konnte. Dann hab ich mitbekommen, dass diese Kollegen sich gezielt beispielsweise mit Empfangsdamen und TelefonistInnen anfreundeten. Auf diese Weise wurden die ›großen Fische‹ sofort an sie weitergeleitet, die kleineren Aufträge blieben für all jene von uns, welche die KollegInnen an den Schnittstellen nicht mit Geldgeschenken, Einladungen zum Essen oder in Nachtlokale umschmeichelten.« Damit nicht genug: Um ganz sicherzugehen, dass sie entsprechende Prämien kassieren würden, haben diese Kollegen jeweils kurz vor Ende des Beobachtungszeitraums (Pseudo-)Verträge abgeschlossen, die danach innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Kündigungsfrist wieder storniert wurden.

Konkurrenzkampf kostet Nerven

Als KollegInnen diese Machenschaften aufdeckten, passierte den findigen Verkäufern gar nichts. Diejenigen, die das alles ans Tageslicht gebracht hatten, wurden als unkollegiale Vernaderer hingestellt. Allerdings wurden kurz darauf nur noch Verträge in die Bewertung einbezogen, bei denen kein Rücktritt mehr möglich war. Evelyne K.: »Angesichts dieser tollen Erfolge unserer Super-Verkäufer habe ich sehr wohl an mir und meiner Arbeitsweise gezweifelt. Den Vorgesetzten war das natürlich nicht unrecht, dass die meisten anderen sich durch diese Ergebnisse stärker unter Druck fühlten.«
Statt gemeinsam gegen unlautere Methoden, Kürzungen, Shareholder-Value-Prinzip etc. eine Front zu bilden, stürzen sich so manche aus Angst vor Jobverlust in einen nervenaufreibenden Konkurrenzkampf mit Kollegen. Der Fantasie sind dabei kaum Grenzen gesetzt. So kann es schon passieren, dass eine Anzeigenverkäuferin erzählt, ihre alte Tante müsse ins Seniorenheim. Die Kollegin, die seit Jahren mehrere Seniorenheime als Kunden hat, stellt ihr eine Liste mit empfehlenswerten Einrichtungen zusammen. Um ein paar Tage später zu erfahren, dass sich besagte Tante bester Gesundheit erfreut - und die Kollegin an eines der Seniorenheime eine Anzeige verkauft hat.

Schlechtes Betriebsklima

Ob Konflikte und Intrigen hinter verbindlichem Lächeln versteckt werden oder lautstarke Auseinandersetzungen, Sticheleien und Ähnliches an der Tagesordnung sind - schlechte Stimmung belastet nicht nur die Betroffenen, sondern auch allgemein das Betriebsklima. Selbst dann, wenn dieses Verhalten im Unternehmen nicht allgemein üblich, sondern nur ein Einzelfall ist. Konflikte gibt es überall, für ein dauerhaft schlechtes Betriebsklima ist meist die Chefetage verantwortlich. Unruhestifter, Intrigen und mangelnde Konfliktkultur einfach auszublenden und zu hoffen, dass sich alles von selbst erledigt, kann genauso schaden wie ständiger Druck. Kompetenzstreitigkeiten, unklare Anweisungen sowie fehlender Kunden- bzw. Gebietsschutz im Verkauf führen mittelfristig nicht zu gesunder Konkurrenz, sondern zu Streitigkeiten, Intrigen und demotivierten MitarbeiterInnnen. Mangelnde Wertschätzung nach dem Motto »Nicht geschimpft ist genug gelobt« und Leitsprüche wie »Stress ist was für Schwache« oder »Druck macht aus Kohle Diamanten« wirken alles andere als leistungsfördernd. Aber auch Langeweile kann unter Umständen negative Auswirkungen haben. Wer unzufrieden, demotiviert oder unterfordert ist, hat für Intrigen und Bosheiten mehr Zeit als ausgelastete KollegInnen.
Selbst dann, wenn alle FirmenmitarbeiterInnen an einem Strang ziehen, ist Teamwork an sich schon eine Herausforderung: Die verschiedenen Generationen haben zum Teil sehr unterschiedliche Vorstellungen von Leistung und Arbeitsqualität; mitunter prallen völlig verschiedene Charaktere und Kulturen aufeinander, wodurch manchmal schon Kleinigkeiten zu tagelangen Streitigkeiten und (unterschwelliger) Frontenbildung führen können.
Bei vielen Konflikten besteht die Gefahr, dass sie sich »wie von selbst« verschärfen. Spannungen und Stress machen die Beteiligten ungeduldig und bewirken immer neuen Ärger. Die Emotionen schaukeln sich hoch, ein Wort ergibt das andere, bis die Situation nur noch schwer kontrollierbar ist. Schuldzuweisungen, Verallgemeinerungen, Entweder-Oder-Standpunkte machen - ähnlich wie bei privaten Konflikten - dann alles nur noch schlimmer.
Noch diffiziler ist der Umgang mit verdeckten Problemen. Aus Angst um den Job wartet man vielleicht zu lange zu und beobachtet wie KollegInnen Intrigen spinnen, in wichtigen Angelegenheiten nicht die Wahrheit sagen, andere übervorteilen u. Ä. Wirklich talentierte IntrigantInnen arbeiten mit subtilen Methoden. Da reicht manchmal schon vielsagendes Schweigen, ein Blick oder ein Schulterzucken. Wer Derartiges beobachtet, steht vielleicht bald vor der Entscheidung, ob ihm Ethik und Moral oder der Job wichtiger sind. Welche Konsequenzen kann die Wahrheit haben? Steht man dann womöglich völlig allein da? Prinzipiell sinnvoll ist es - ähnlich wie bei Mobbing - alles genau und mit Datum zu notieren. Der Betriebsrat als Vertrauensperson kann hier eine wichtige Rolle spielen.
Idealerweise gibt es einen/eine ChefIn oder engagierte MitarbeiterInnen, die das Team zusammenhalten, Unterschiede erkennen, respektieren und möglichst ausgleichen. So kann man zwar keineswegs jegliche Konflikte vermeiden, aber auch Pedanten, Einzelgänger, Besserwisser u. Ä. zu wertvollen, respektierten Teammitgliedern machen.

Nicht im Stich lassen

Zum Glück sind auch noch in Zeiten wie diesen die meisten ArbeitnehmerInnen mit dem Betriebsklima und ihren KollegInnen zufrieden. So gehen laut dem aktuellen Arbeitsgesundheitsmonitor der AK OÖ 58 Prozent trotz Krankheit arbeiten - nicht aus Angst um den Job, sondern weil sie die Kollegen nicht im Stich lassen wollen.

Info&News
Mobbing oder schlechte Umgangsformen?
Nicht ausreden lassen, lächerlich machen, anschreien, ständig kritisieren, sexuelle Belästigung oder wie Luft behandeln - diese Verhaltensweisen können Mobbing sein, aber auch nur spontane Handlungen im Konfliktfall. Mobbing erstreckt sich über einen längeren Zeitraum - mindestens einmal pro Woche über ein halbes Jahr, bei intensivem Mobbing entsprechend kürzer. Dabei geht es gezielt darum, den Betreffenden aus dem Betrieb/der Abteilung hinauszuekeln. Das müssen nicht immer offen feindliche Handlungen sein, auch das gezielte Vorenthalten von Informationen, unerklärliches Verschwinden von Unterlagen, die Verbannung in ein winziges und dunkles Büro oder gar in den Keller sowie das Zuteilen sinnloser Tätigkeiten zählen dazu.

Weblink
»Konflikte am Arbeitsplatz erfolgreich bewältigen« Broschüre der AK-Salzburg
www.arbeiterkammer.at/bilder/d18/KonflikteamArbeitsplatz1.pdf

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