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Insgesamt waren 776.000 Personen im Verlauf des Jahres 2008 von Arbeitslosigkeit betroffen. Vier von zehn Betroffenen hatten sogar mehr als eine Arbeitslosigkeitsepisode in dem Jahr. Die durchschnittliche Dauer betrug knapp 15 Wochen. Insgesamt waren 776.000 Personen im Verlauf des Jahres 2008 von Arbeitslosigkeit betroffen. Vier von zehn Betroffenen hatten sogar mehr als eine Arbeitslosigkeitsepisode in dem Jahr. Die durchschnittliche Dauer betrug knapp 15 Wochen.

Typische Arbeitslose?

Schwerpunkt

Die Risiken von Brüchen in der Erwerbsbiografie sind von Branche bzw. Arbeitsplatz so abhängig wie von persönlichen Merkmalen.

Die Frage, ob es so etwas wie »typische Arbeitslose« gibt, wird meist so verstanden - und oft auch so gemeint -, dass bestimmte Personenmerkmale die Arbeitslosen möglicherweise von den besser integrierten, in Dauerbeschäftigung befindlichen Menschen unterscheiden. Vielfach wird auch unterstellt, dass die Arbeitslosen an einer dauerhaften Beschäftigung gar nicht interessiert wären. Es steht außer Frage, dass es eine ganze Reihe von persönlichen und/oder familiären Konstellationen gibt, welche die Betroffenen aus der Sicht des Arbeitsmarktes bzw. der Institutionen des Arbeitsmarktes zu ProblemkandidatInnen macht. Die Probleme können sich schon in Form von mehr oder minder stark ausgeprägten Vermittlungsschwierigkeiten zeigen, oder aber erst später, in der Wahrscheinlichkeit sich auf einem Arbeitsplatz halten zu können. Solche problematischen Konstellationen können vorübergehende Lebensabschnitte darstellen oder aber dauerhaft bestehen.

Arbeitsplätze ohne Perspektive

Eine detaillierte Untersuchung der sogenannten Problemgruppen des Arbeitsmarktes soll jedoch nicht der Gegenstand dieses Artikels sein. Zum einen, weil sie entgegen vieler Behauptungen nicht die große Mehrheit der Arbeitslosen stellen, und zum anderen auch, weil die meisten Menschen aus eigener Erfahrung wissen, dass es sehr wohl gelingen kann, dass Menschen auch in problematischen Konstellationen in Beschäftigung sind.
Der Fokus soll vielmehr sein, dass der Arbeitsmarkt selbst Merkmale aufweist, welche die Arbeitslosigkeit immer wieder reproduzieren. Es gibt eine Reihe von Gründen, warum nicht alle angebotenen Arbeitsplätze jahresdurchgängige Beschäftigung ermöglichen. Außerdem gibt es Arbeitsplätze, welche für die Beschäftigten keine langfristige Perspektive bieten; oft gibt es nicht einmal eine mittelfristige, weil es entweder beabsichtigt ist diese Arbeitsplätze immer wieder neu zu besetzen, oder weil die hohe Fluktuation wegen der schlechten Arbeitsbedingungen zu erwarten ist. Es ist jedenfalls festzuhalten, dass auch Arbeitsplätze problembehaftet sein können, und dass Problemkumulierungen in manchen Branchen eher die Regel als die Ausnahme darstellen.

Scheinbar träger Markt

Wenn man nur die regelmäßig veröffentlichten Arbeitsmarktkennzahlen betrachtet, ergibt sich - außer in Zeiten einer schweren Wirtschaftskrise - das Bild eines scheinbar ziemlich trägen Marktes: Die jahresdurchschnittlichen Beschäftigungs- bzw. Arbeitslosenzahlen verändern sich im Zeitablauf nur sehr langsam. Die Veränderungen zur Vorperiode liegen meist im einstelligen Prozentbereich, oft sogar nur im Promillebereich. Mit solchen oder ähnlichen Kennzahlen wird immer wieder versucht, das Bild eines eher rigiden Marktes zu erzeugen und irgendeine Forderung in Richtung weiterer Flexibilisierung zu untermauern.
Der österreichische Arbeitsmarkt ist aber von starken Fluktuationen geprägt. Das zeigen andere Kennzahlen. Die folgenden Ausführungen beziehen sich alle auf die sozialversicherungspflichtige unselbstständige Beschäftigung, weil die Flexibilität von geringfügiger Beschäftigung und freien Dienstverträgen als bekannt vorausgesetzt werden kann.
Nach der Zählung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger gab es im Juli 2008 erstmals über 3,5 Mio. Arbeitsplätze. Allerdings waren nur etwas mehr als 2,4 Mio. davon ganzjährig von denselben Personen besetzt. Das heißt, dass etwa ein Drittel aller Arbeitsplätze im Jahresverlauf von Fluktuationen betroffen ist. Das beinhaltet einerseits Arbeitsplätze, die vom Markt verschwinden, wie auch solche, die neu besetzt werden. Als ungefährer Richtwert wird angenommen, dass in entwickelten Volkswirtschaften pro Jahr etwa zehn Prozent der Arbeitsplätze verloren gehen - und durch neue ersetzt werden.
In diesem Fall ist die Fluktuation, von Ausnahmen abgesehen, eine unvermeidlich Folge der wirtschaftlichen Dynamik. Dazu kommen Arbeitsplätze, die im Jahresverlauf (teilweise sogar mehrfach) neu besetzt werden.

Ein Viertel wechselt

Insgesamt wurden im Jahr 2008 mehr als 1,6 Mio. Beschäftigungsverhältnisse beendet. In rund einem Viertel der Fälle gelang den Betroffenen der direkte Arbeitsplatzwechsel, und ein weiteres Viertel der Beendigungen führte in die registrierte Arbeitslosigkeit. Somit waren in knapp der Hälfte aller Fälle die von einem Arbeitsplatzverlust Betroffenen danach weder beschäftigt noch offiziell als arbeitslos registriert, das entspricht definitorisch einem zumindest vorübergehenden Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt.
Aus der Perspektive der Betroffenen wird dies aber oft ebenfalls als Arbeitslosigkeit erlebt. Ein beträchtlicher Teil des Mangels an Beschäftigungsmöglichkeiten bzw. dauerhaften Arbeitsplätzen wird aus den Statistiken der Arbeitslosen somit gar nicht sichtbar. Je nach Interessenlage wird beim Arbeitsplatzwechsel bzw. -verlust von Chancen und Risiken gesprochen. Die oben genannten Zahlen - welche sowohl insgesamt als auch in den Anteilen für andere Jahre auch als typisch gelten können - zeigen jedoch, dass für die Betroffenen die Risiken klar überwiegen.

15 Wochen arbeitslos

Die Arbeitslosenzahl lag im Jahr 2008 im Jahresdurchschnitt bei 212.000. Dieser Jahresdurchschnitt wird durch unterschiedlich lange Arbeitslosigkeitsepisoden erzeugt. Insgesamt waren 776.000 Personen im Verlauf des Jahres von Arbeitslosigkeit betroffen. Vier von zehn Betroffenen hatten sogar mehr als eine Arbeitslosigkeitsepisode in dem Jahr. Die durchschnittliche Dauer betrug knapp 15 Wochen. Etwa drei von vier Arbeitslosen waren auch im jeweiligen Folgejahr von Arbeitslosigkeit betroffen.
Es spricht wenig dafür, dass es so etwas wie typische Arbeitslose gibt, denn die Risiken von Brüchen im Erwerbsleben sind von der Branche bzw. dem konkreten Arbeitsplatz genauso abhängig wie von persönlichen Merkmalen. Zunehmend spielt auch die Biografie eine eigenständige Rolle, was die zukünftigen Erwerbschancen betrifft. Viele ArbeitnehmerInnen sind selten oder nie von Arbeitslosigkeit betroffen, während für andere die Arbeitslosigkeit ein regelmäßig wiederkehrender Begleiter des Erwerbslebens ist.

Saisonale Schwankungen

In den Saisonbranchen ist die Zahl der Arbeitsplätze mit ganzjähriger Beschäftigung in Österreich begrenzt: In der Bauwirtschaft ist jeder zweite Arbeitsplatz von den Saisonschwankungen betroffen und im Beherbergungs- und Gaststättenwesen sogar zwei von drei. Aber auch in den wirtschaftlichen Dienstleistungen und im Bereich Kunst und Unterhaltung bieten weniger als zwei Drittel der Arbeitplätze jahresdurchgängige Beschäftigung; im Handel sind es nur gut 70 Prozent. Für die übrigen Beschäftigten sind jährlich wiederkehrende Berufsunterbrechungen eine Begleiterscheinung der branchenspezifischen Saisonalität. Dazu kommt, dass auch Unternehmen in Branchen ohne ausgeprägte Saisonschwankungen, mehr und mehr aus Kostenüberlegungen dazu übergehen, auf Auslastungsschwankungen mit vorüberge-henden Kündigungen zu reagieren.
Aus dem Blickwinkel der Betroffenen ist das Arbeitslosigkeitsrisiko allerdings sehr ungleich verteilt. Je geringer die schulische und berufliche Qualifikation, umso mehr ist man auch mit der Arbeitslosigkeit konfrontiert. 44 Prozent der Arbeitslosen des Jahres 2008 hatten lediglich einen Pflichtschulabschluss und weitere 38 Prozent eine abgeschlossene Lehre.
Prinzipiell lässt sich also feststellen, dass eine höhere Qualifikation das Risiko der Arbeitslosigkeit stark verringert. Allerdings haben PflichtschulabsolventInnen, aber insbesondere auch Personen mit Lehrabschluss oft auch genau jene Arbeitsplätze, die eine Ganzjahresbeschäftigung nicht bieten können - z. B. in der Bauwirtschaft und im Tourismus. In solchen Fällen kann nicht unterschieden werden, ob die Qualifikation tatsächlich der ausschlaggebende Faktor ist.
Ausreichend gute Arbeitsplätze
Die Arbeitslosigkeit durch eine Qualifikationsoffensive zu reduzieren kann damit letztlich nur gelingen, wenn es ausreichend gute Arbeitsplätze gibt, um die Menschen den höheren Qualifikationen adäquat zu beschäftigen. Überdies sollten es Ganzjahresarbeitsplätze sein, welche auch Perspektiven bieten.

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