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Katharina Klee Katharina Klee, Chefredakteurin

Standpunkt | Jede Menge Arbeit

Meinung

Und plötzlich war ich arbeitslos. Ein Vertrag war ausgelaufen, ich wollte nicht verlängern. Bis zu diesem Tag hatte sich immer ein freier Dienstvertrag an den nächsten gereiht, unterbrochen von zwei Anstellungen.

Eine davon würde mir jetzt meine nähere Zukunft sichern, denn damals bekamen freie DienstnehmerInnen nicht selbstverständlich Arbeitslosengeld. Und so suchte ich meine Papiere zusammen und machte mich auf den Weg in die zuständige AMS-Niederlassung. Winter war es und grau und kühl. Grau und kühl wirkten auch die Menschen, die hier auf den Gängen warteten. Manche scheinbar schon routiniert, gar mit Thermoskanne und mitgebrachtem Kaffee. Andere zwischen verlegen und neugierig wie ich. Sicher, ich hatte schon ein Arbeitsamt von innen gesehen - als Journalistin voll neugieriger Distanz, und jetzt war ich selbst eine von denen, die hier warteten. Ich musste warten, bis ich dran kam.

Acht Wochen Arbeitslosengeld

Meine Betreuerin war nett und hat mir doch gleich vermittelt, dass sie nur wenig für mich tun könnte. Wenn ich weiter als Journalistin arbeiten wolle, müsse ich mich schon selbst darum kümmern. Dann gab sie mir ein Formular zum Ausfüllen fürs Arbeitslosengeld. Ich müsse noch warten, erklärte sie mir, weil das Dienstverhältnis im Einverständnis aufgelöst worden war. Ich bezog es nicht länger als acht Wochen. Viel war es nicht, erinnere ich mich, ein Taschengeld.
Das Gefühl arbeitslos zu sein, habe ich nicht vergessen. Morgens, wenn mein Partner das Haus verließ, beneidete er mich oft, dass ich noch länger liegenbleiben durfte - ich beneidete ihn noch mehr: Er konnte/durfte/musste zur Arbeit gehen. Ich nicht. Und so werkte ich in der Wohnung herum, brachte meine Bewerbungsunterlagen in Ordnung, studierte Stellenanzeigen und aktivierte Netzwerke.
Schon bald setzte die Verunsicherung ein. Nutzlos kam ich mir vor. Während mein Mann mir abends von der Arbeit erzählte, konnte ich allerhöchstens ein erfolgloses Bewerbungsgespräch schildern, mehr nicht. Überhaupt hatte ich damals den Eindruck, dass FreundInnen und Ver-wandte von fast nichts anderem reden konnten als von der Arbeit. Ich fühlte mich ausgeschlossen, verlor die Lust auszugehen und zwang mich, trotzdem Termine wahrzunehmen, um zumindest neue Kontakte zu knüpfen, oder die bestehenden um Unterstützung bei der Arbeitssuche zu bitten.
Sehr bald beschloss ich schließlich, eine Fortbildung zu machen, den Journalismus an den Nagel zu hängen und eine Gastgewerbekonzessionsprüfung zu machen. Die geplante Flucht in die Selbstständigkeit wurde mir vom AMS gefördert, so weit ich mich erinnere. Ohne private Rücklagen und die Unterstützung meiner Eltern wäre das nicht gegangen. Kaum hatte ich die Ausbildung abgeschlossen, stellte sich aber endlich ein neuer Job ein.

Kein Honiglecken

Das alles ist etwa zehn Jahre her. Seither waren viele meiner FreundInnen und Bekannten zumindest einmal arbeitslos. Für die meisten war es ein ziemlicher Einschnitt in ihrem Leben, fast allen war die Situation peinlich und unangenehm. Für alle war es eine Umstellung, plötzlich mit viel Zeit und wenig Geld auskommen zu müssen. Der Job ist weg, die Fixkosten bleiben. Und Zukunftsangst kommt dazu. Arbeitslosigkeit ist kein Honiglecken.
Und darum werde ich wütend, wenn in einem der reichsten Länder der Erde in Zeiten wie diesen, wo viele unschuldig ihren Arbeitsplatz verlieren, Sozialschmarotzerdebatten vom Zaun gebrochen werden. Ich werde wütend, wenn Unsummen da sind, um Banken zu retten, aber das Geld angeblich nicht reicht, um Menschen vor der Armutsfalle zu schützen. Wir können uns eine Anhebung des Arbeitslosengeldes leisten, wir können uns die Mindestsicherung leisten. Im Einsatz für mehr Gerechtigkeit werden wir noch lange nicht arbeitslos.

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