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Oftmals machen die Forderungen solcher Geierfonds nämlich große Teile - sogar bis zur Hälfte, wie das Beispiel Liberia zeigt - des BIP aus. Oftmals machen die Forderungen solcher Geierfonds nämlich große Teile - sogar bis zur Hälfte, wie das Beispiel Liberia zeigt - des BIP aus.

Krise des Nordens

Internationales

Im Gegensatz zu früheren Krisen, so wird behauptet, ist die momentane Wirtschaftskrise eine Krise des Nordens. Der Süden sei besser vorbereitet.

Frühere Krisen, wie in den Jahren 1982 und 1998, waren stark durch die hohe Verschuldung der Entwicklungsländer geprägt. Seither wurden verschiedene Maßnahmen zur Entlastung der Entwicklungsländer von Weltbank und IWF gesetzt. Die Maßnahmen waren jedoch teilweise kurzsichtig und für die Armutsbekämpfung nur wenig hilfreich.

Übertragung in den Süden

Wenn es sich nun aber um eine Krise des Nordens handelt, warum sind dann die Länder des Südens so stark betroffen? Die Situation ist verständlicherweise sehr komplex und wird oftmals von IWF und Weltbank zu optimistisch dargestellt. Tatsächlich ist es jedoch so, dass die Krise im Norden bedeutet, dass die Entwicklungsländer keine Märkte mehr für ihre Rohstoffe und Exportgüter finden bzw. sich mit Dumpingpreisen begnügen müssen. Zum Beispiel profitierte Somalia bis zum Jahr 2005 vom Kupferpreis-Boom. Seither gingen die Preise rapide zurück, eine Katastrophe für das Land, das zu einem hohen Prozentsatz von seinem Kupferexport abhängig ist. Banken sind grundsätzlich risikoscheu. Dadurch verteuern sich Kredite gerade in der Krise beträchtlich. Länder, die wie Ghana oder die Republik Kongo gerade wieder auf dem Kapitalmarkt Fuß gefasst haben, sind keine sehr sicheren Kreditnehmer. Sie sind nun jedoch durch die Auswirkungen der Wirtschaftskrise mehr und mehr wieder darauf angewiesen, bei dubiosen Gläubigern Kredite zu nehmen. Die Schuldenfalle schnappt also wieder zu.

Weniger InvestorInnen

Problematisch ist außerdem, dass private InvestorInnen weniger und weniger in »südliche« Geldanlagen investieren. Das Institute of Finance in Washington schätzt, dass sich bis zum Jahr 2010 die Investitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern halbieren werden, was zu großen finanziellen Verlusten für diese Länder führen wird.
Ein weiterer Aspekt ist die Tatsache, dass viele Entwicklungs- und Schwellenländern von Zahlungen ihrer im Ausland lebenden BürgerInnen abhängig sind. Die Geldsendungen der ArbeitsmigrantInnen machen in manchen Ländern an die 20 Prozent des BIP aus. Der Einbruch auf dem europäischen Finanzsektor geht auch mit dem Verlust von Arbeitsplätzen einher. Auch ArbeitsmigrantInnen sind davon bereits massiv betroffen, was teilweise schon an den Wirtschaften der betroffenen Länder deutlich wird.
Letztlich wird es auch ab dem Jahr 2009 zu einem Einbruch bei der Entwicklungszusammenarbeit kommen. Die wirtschaftliche Verlangsamung bis hin zur Rezession reduziert auch die Steuereinnahmen, wodurch sich die in die Entwicklungsländer fließenden Gelder stark reduzieren werden.
Für verschuldete oder von der Verschuldung bedrohte Länder wird sich die Situation weiter verschärfen. Der Schuldenerlass, der bei einigen Ländern vorgenommen wurde, hat die Länder nicht so weit entlastet, wie es hätte sein müssen.

Demnächst zahlungsunfähig

Andere Länder sind auf leichtfertige Weise, durch zu große Entwicklungsanstrengungen oder auch durch zu starkes Vertrauen in die Konjunktur erneut dazu verleitet worden, als Kreditnehmer aufzutreten. Die Organisation erlassjahr.de hat eine Liste von Ländern veröffentlicht, die in den nächsten Jahren sehr wahrscheinlich zahlungsunfähig sein werden: dazu gehören Benin, Burundi, Gambia, Liberia, Mosambik, Niger und San Tomé & Principé. Eine Reihe weiterer Länder, ist beinahe ebenso gefährdet. In der Krise könnte sich diese Situation weiter verschärfen, denn zur Krisenbekämpfung werden wiederum Kredite vergeben. Dabei handelt es sich keineswegs um Umverteilungsmaßnahmen, Entwicklungszusammenarbeit oder armutsbekämpfende Maßnahmen. Vielmehr verfolgen die reichen Industrieländer eigene wirtschaftliche Interessen und sind darauf bedacht, dass es zu sicheren Rückflüssen, also Zinsen und Rückzahlung des Geldes kommt.

Neue Kredite - neue Probleme

Da traditionelle Geldgeber teilweise ausfallen, treten neue Geldgeber auf den Plan: China investierte in den vergangen Jahren intensiv in Afrika: Die DR Kongo, ebenso wie Djibouti und Ghana bereiten derzeit eine große Kreditaufnahme bei China vor. Solche Kredite sind allerdings nicht im Interesse der europäischen und US-amerikanischen Geldgeber, weil diesen Ländern in der Vergangenheit Schulden erlassen wurden. Man versucht daher als »Abschreckungsmanöver« bestehende Kreditbedingungen zu verschärfen. Diese teilweise rigorosen Maßnahmen hindern die Länder jedoch nicht an der Kreditaufnahme, sondern zwingen sie erst recht dazu, sich auf Kreditgeschäfte mit China oder Indien einzulassen.

Zu wenig Geld für Armutsbekämpfung

Ein großes Problem der derzeitigen Methode des Schuldenerlasses ist, dass IWF und Weltbank so wenig wie möglich belastet werden wollen. Wem geholfen werden soll, das entscheiden nicht unabhängige internationale Gremien, sondern IWF und Weltbank selbst - sie sind also Gutachter in eigener Sache. Die Gelder, die den Ländern erlassen werden, reduzieren gleichzeitig die Entwicklungshilfe. Die Schuldner zahlen die Schulden also ohnehin wieder selbst und verfügen über keine zusätzlichen Geldmittel - ein Nullsummenspiel.
Als Ausweg schlägt erlassjahr.de ein faires und transparentes Schiedsverfahren vor. Dieses müsste, ebenso wie ein nationalstaatliches Insolvenzverfahren, allen Ländern offen stehen, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Sobald das Verfahren eingeleitete wäre, müsste es automatisch zu einem Zahlungsstopp kommen, sodass nicht einige Gläubiger auf Forderungen verzichten und andere sich an den frei werdenden Finanzmitteln bereichern.
Es würde dadurch auch den so genannten Geierfonds ein Riegel vorgeschoben, die sich dadurch auszeichnen, die Schulden von Entwicklungsländern zu »kaufen« und rigoros einzutreiben. Oftmals machen die Forderungen solcher Geierfonds nämlich große Teile - sogar bis zur Hälfte, wie das Beispiel Liberia zeigt - des BIP aus. Liberia ist derzeit mit mehr als zehn Verfahren mit Geierfonds konfrontiert. Die von Gerichten zugebilligte Entschädigungssumme beträgt 49 Prozent des BIP!
In jedem Fall müsste eine neutrale Instanz die Entscheidungen über den Schuldenerlass treffen. Bisher ist das nicht der Fall - eine Situation, die in jedem Rechtstaat untragbar wäre.

Verantwortungsvolle Kreditvergabe

Beim Beschluss darüber, welche Kredite erlassen werden, sollten Kredite, die sinnvollen Entwicklungsprojekten zugute kamen bevorzugt werden gegenüber Diktatorenschulden oder Krediten, die ohne Risikoprüfung vergeben und Mensch und Umwelt geschadet haben.
Dadurch würden vielleicht auch Kreditgeber in Zukunft im Sinne einer verantwortungsvollen Kreditvergabe diszipliniert.

Weblinks
Entwicklung braucht Entschuldung:
www.erlassjahr.de

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