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Die neue EBR-Richtlinie

Schwerpunkt

Die neue Richtlinie zum Europäischen Betriebsrat wird nicht vor 2011 in Kraft treten. Schon jetzt muss sie mit Leben erfüllt werden.

Was viele kaum mehr erwartet haben, ist Ende 2008 doch geschehen: Nach zähem Ringen zwischen den EU-Sozialpartnern und schwierigen Verhandlungen in den EU-Institutionen kam es zur Einigung über die Neufassung der Richtlinie 94/45/EG zum Europäischen Betriebsrat (EBR). Dabei wurden v. a. auf Druck des Europäischen Parlamentes wesentliche Nachbesserungen zum eher moderaten Vorschlag der Kommission durchgesetzt.

Anpassung nach 15 Jahren
Die neue EBR-Richtlinie wird den Text aus dem Jahr 1994 ersetzen, ist aber noch nicht rechtswirksam. Nun beginnt der Prozess der Umsetzung des europäischen Rahmenrechts in die Arbeitsrechtsordnungen der Mitgliedsstaaten. Die neue Rechtsgrundlage wird somit nicht vor Frühsommer 2011 wirksam. Ab dann gelten neue Verfahrensregeln für neu einzurichtende Euro-Betriebsräte ebenso wie neue Rechtsansprüche für EBR-Mitglieder und die Bestimmungen hinsichtlich der Anpassungsklausel für bestehende EBR.

Die Neuregelungen betreffen im Wesentlichen

  • einige neue Bestimmungen zum Verfahrensrecht bei der Einrichtung künftiger EBR (u. a. verschärfte Pflicht der Unternehmen zur Information über Unternehmensdaten sowie Neuregelungen zum Gremium bei Verhandlung mit der zentralen Unternehmensleitung);
  • einige Verbesserungen hinsichtlich der Stellung der Arbeitnehmervertretungen (u. a. frühzeitige Einbindung der Gewerkschaften beim EBR-Gründungsprozess);
  • mehrere neue Bestimmungen zur effektiveren Gestaltung der Arbeit im EBR (u. a. zusätzliche Vorgaben über zwingende Inhalte, die in EBR-Vereinbarungen enthalten sein müssen, ein Weiterbildungsanspruch für EBR-Mitglieder und Klarstellungen zur Beteiligung der Arbeitnehmervertretungen auf nationaler und europäischer Ebene);
  • Verbesserungen bei den Definitionen von Unterrichtung und Anhörung (v. a. die Klarstellung, dass die Meinung des EBR bereits vor der Entscheidung und nicht erst vor der Umsetzung einer Unternehmensentscheidung gegeben werden muss);
  • schließlich erhalten bestehende EBR das Recht zu Neuverhandlungen bei wesentlichen Strukturänderungen im Unternehmen, wenn eine praktikable Information und Anhörung aller ArbeitnehmerInnen nicht mehr gewährleistet ist).

Folgende gewerkschaftliche Forderungen blieben aufgrund des bis zuletzt spürbaren und weitergehende Änderungen boykottierenden Lobbyings der europäischen Arbeitgeberorganisationen im Zuge der EBR- Revision ganz oder teilweise unerfüllt: effektive Bestimmungen zu Sanktionen bei Verstößen gegen die Richtlinie; Aufhebung von Beschränkungen bei Anwendung der Richtlinie (Schwellenwerte, Tendenzschutz); Verkürzung der Verhandlungsfrist bei EBR-Gründungen; mehr ordentliche Sitzungen pro Jahr.

Stärkung der Beteiligungsrechte
Die Verabschiedung der neuen EBR-Richtlinie ist trotzdem als ein Erfolg jener Kräfte zu sehen, die für eine Stärkung der Beteiligungsrechte von Beschäftigten eintreten. Somit ist ein neuer Standard für Arbeitnehmermitwirkung in europäischen Konzernen gesetzt. Es liegt ein neuer Werkzeugkasten mit teilweise nachjustierten Geräten vor. Es bleibt zu hoffen, dass die neu gefasste Richtlinie auf beiden Feldern Fortschritte bringt: Bei der verbesserten Umsetzung, d. h. vermehrten EBR-Gründungen, ebenso wie bei der Weiterentwicklung in der EBR-Praxis selbst. Jetzt heißt es, mit neuen Möglichkeiten eine verbesserte praktische Umsetzung der Beteiligungsrechte anzugehen. In erster Linie heißt das, die Nachbesserungen in bestehende EBR-Vereinbarungen zu integrieren und somit zur konkreten rechtlich bindenden Pflicht für die Unternehmensleitungen zu machen.

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