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Verleihung des Großen Goldenen Ehrenzeichens der Stadt Wien an Robert Jungbluth Verleihung des Großen Goldenen Ehrenzeichens der Stadt Wien an Robert Jungbluth (2. von links) durch Bürgermeister Helmut Zilk (links) 1986. Rechts neben Jungbluth: Vizebürgermeister Erhard Busek und Kulturstadtrat Franz Mrkvicka.

Kulturpolitik für alle

Aus AK und Gewerkschaften

Eine Erinnerung an Robert Jungbluth, der am 3. Jänner dieses Jahres starb. Sein Ziel war stets den Zugang zur Kultur zu öffnen.

Robert Jungbluth sah seine Lebensaufgabe darin, Bildung und Kultur für möglichst viele Menschen zu organisieren und zu veranstalten. Sein Ziel war es, damit vor allem der Jugend und den ArbeitnehmerInnen neue Chancen zu eröffnen, am kulturellen Geschehen teilzuhaben. Es ging ihm aber ebenso darum, die Menschen außerhalb der »Kulturszene« zu bewegen, selbst künstlerisch aktiv zu werden.
Der Lehrer Jungbluth leitete zunächst im Wiener Stadtschulrat das Schulgemeindereferat der Berufsschulen und kam bei dieser Arbeit erstmals mit den Gewerkschaften und der Arbeiterkammer in Kontakt. Anschließend übernahm er die Leitung des Instituts für Jugendkunde. Ein Mitglied des Instituts war der ÖGB, vertreten durch die Gewerkschaftsjugend; die Beziehung zur Gewerkschaftsbewegung und ihren Anliegen vertiefte sich.

Leben fürs Theater
Die Tätigkeit im Kulturmanagement begann Robert Jungbluth als Mitarbeiter der Wiener Festwochen, wo er Hildegard
Waissenberger half, die Bezirksfestwochen zu starten. Dieses Projekt band die Bezirke mit Unterstützung der Bezirksvorstehungen in das Festwochenkonzept ein und förderte damit auch die kulturellen Initiativen im unmittelbaren Lebensraum der Bevölkerung. Ab 1964 übernahm Jungbluth zusammen mit Rolf Kutschera die Direktion im Theater an der Wien. Die Wiener Stadthalle leitete er von 1969 bis 1971 ebenfalls mit großem Erfolg. 1971 bestellte ihn Unterrichtsminister Leopold Gratz zum Generalsekretär des neu gegründeten Österreichischen Bundestheaterverbandes, ab 1988 war er mit Otto Schenk als Partner Direktor des Theaters in der Josefstadt.
In den 16 Jahren der Amtszeit Robert Jungbluths als Generalsekretär erlebten die Bundestheater eine künstlerisch und organisatorisch bedeutende Zeit. Er legte das Fundament für die auch international bewunderten Erfolge der Bundestheater in den vergangenen Jahrzehnten. Er versuchte gleichzeitig getreu seinem Lebensmotto, die Aufführungen »seiner Theater« - auf der ganzen Welt anerkannte künstlerische Spitzenleistungen - vor allem jenen, die nicht zu den traditionellen KulturkonsumentInnen zählten, näherzubringen. Umgekehrt sollten die Menschen, die Theater, Oper, Operette und Musical gestalten, die SchauspielerInnen, die SängerInnen, die TänzerInnen, die Kreativen in den Bereichen Regie, Kostüm und Bühnenbild, und auch die Technik, dem Publikum nah begegnen. So wurde Jungbluth zum Initiator der Aktion »Bundestheater in den Bundesländern«. Die Aktion machte unter dem Titel »Bundestheater unterwegs« in allen Bundesländern Station. In zahlreichen Gemeinden Österreichs konnte das Publikum erstmals live Aufführungen von Burg- und Akademietheater, Staats- und Volksoper erleben.

Partnerinnen Arbeiterkammern
Partnerinnen Robert Jungbluths bei der Planung und Durchführung der Tourneen waren die Bildungsabteilung der AK Wien
als Koordinationsstelle und die Arbeiterkammern in den einzelnen Bundesländern. Und sie waren gute Partnerinnen. Langjährige Kontakte und eine starke Vertrauensbasis ermöglichten die Realisierung des Projekts. Dazu kamen die AK-Erfahrungen im Bereich der Kulturvermittlung: Schon seit 1946 organisierten sie in den Bundesländern Kulturprogramme für die ArbeitnehmerInnen. Und die AK Wien zeichnete zudem seit den 1950er-Jahren für das Vorzeigeprojekt »Volkstheater in den Außenbezirken« (heute »Theater in den Bezirken«) verantwortlich. Wesentlich für das überaus erfolgreiche Gelingen der Bundestheater-Aktion waren die Zustimmung der BetriebsrätInnen und die vorbildliche Unterstützung Jungbluths durch die Direktoren Achim Benning (Burgtheater/ Akademietheater), Egon Seefehlner (Staatsoper) und Karl Dönch (Volksoper).

Basis für »Bundestheater unterwegs« war ein Übereinkommen zwischen dem Bundesministerium für Unterricht und Kunst und dem Österreichischen Arbeiterkammertag (ÖAKT - heute BAK = Bundesarbeitskammer). Es wurde am 30. Juni 1976 von Unterrichtsminister Dr. Fred Sinowatz, der die Aktion mit trug, ÖAKT-Präsident Adolf Czettel und Kammeramtsdirektor Dr. Otto Scheer als Leiter des ÖAKT-Büros unterzeichnet. Die Kosten wurden zwischen dem Bundestheaterverband und den Arbeiterkammern geteilt. Die Eintrittspreise waren niedrig, damit sich alle den Besuch der Aufführungen leisten konnten. Stücke und Spielstätten wurden vom Bundestheaterverband und den Arbeiterkammern gemeinsam ausgesucht.
Werbung, Kartenvertrieb und Kontakte zu den Städten und Gemeinden und vor allem zu örtlichen BetriebsrätInnen, über die auch ein Großteil des Vorverkaufes lief, wurde von den Arbeiterkammern und dem ÖGB übernommen. Das Konzept ging voll auf. Bereits am 21. April 1982 konnte ÖAKT-Präsident Czettel in Steyr in Oberösterreich den Hunderttausendsten Besucher begrüßen. Die Aktion fand so großen Anklang, dass sie bis 1988 verlängert wurde. Insgesamt sahen 170.000 BesucherInnen die Aufführungen an 56 Spielorten in ganz Österreich.

Kulturpolitiker im besten Sinn
Bei allen Managementanforderungen blieb Kultur für Robert Jungbluth immer ein soziales Anliegen. Er erhielt so gut
wie alle Titel und Auszeichnungen, die jemand für das Kulturschaffen, -vermitteln und -managen nur verliehen bekommen kann, einschließlich der Ehrenmitgliedschaft aller Bundestheater. Viel wichtiger scheint es mir aber, nicht zu vergessen, dass er ein Erneuerer, Reformer und Ermöglicher war, - ein »Kulturpolitiker« im besten Sinn. Nicht umsonst nannte ihn Bundespräsident Dr. Heinz Fischer einen »außerordentlichen Kulturmenschen«.

Zur Person
Franz Mrkvicka
1974 bis 1982 Abteilungsleiter und 1982 bis 2000 Bereichsleiter für Bildung und Kultur sowie stellvertretender Direktor der AK Wien, 1983 bis 1987 Wiener Kulturstadtrat.
Meine Erinnerungen an »Bundestheater unterwegs«
Im Rahmen der Bundestheater-Tourneen erlebten OrganisatorInnen, Mitwirkende und Publikum viele wunderbare Vorstellungen mit prominenten Mitwirkenden. Einige blieben besonders in Erinnerung:
In Vöcklabruck hatte Mozarts »Die Hochzeit des Figaro« einen solchen Zulauf, dass BesucherInnen auch auf den Stufen des Saales und zwischen den Sitzreihen eingeklemmt die Oper begeistert verfolgten.
Das Musical »My fair Lady«, mit Dagmar Koller, war eine hinreißende Aufführung.
Der »Nestroy-Abend« unter anderem mit Inge Konradi, Fritz Muliar, Helma Gautier und Otto Taussig wurde in Kapfenberg, weil es einen kurzen Stromausfall gab, von Marcel Prawy mit launigen Worten im finsteren Saal eingeleitet.
In Mistelbach musste Elisabeth Orth ihren großen Monolog als Goethes Iphigenie wegen Platzmangels direkt vor den Knien des Bürgermeisters sprechen.
Donizettis Oper »Don Pasquale« mit Edita Gruberova übertrug der ORF zum Nationalfeiertag 1977 aus dem steirischen Mürzzuschlag.
Das letzte Programm von »Bundestheater unterwegs« war ein Beitrag zum Gedenkjahr 1988 - eine berührende Lesung aus dem »Tagebuch der Anne Frank«, die vom Burgtheater arrangiert wurde.

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