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Katharina Klee Katharina Klee, Chefredakteurin

Standpunkt | Goldene Jugendzeit

Meinung

Wickie, Slime und Paiper prägten meine Kindheit - also gehörte ich in den Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts zur »Jugend von heute«. Und obwohl das so klingt, als wäre es verdammt lang her, kommt es mir manchmal vor, als wäre es gestern gewesen.

Damals in den Achtzigern
Popper, Mods und Punks feindeten sich sogar im ach so provinziellen Innsbruck an. Schulterpolster und Vokuhila-Frisuren waren modern, und ich trug am liebsten enge Jeans, weite Hemden, indische Tücher, Clarks und Papas alte Lederjacke. Statt Alkopops tranken wir Cola-Rot. Wer verliebt war, schrieb Briefe und Karten statt SMS und verbrachte Nachmittage neben dem Telefon, um da zu sein, wenn das Objekt der Begierde wieder nicht anrief. Das Handy gab es ja noch nicht. Internet auch nicht. Wir schrieben Tagebücher statt Blogs, und fand meine Mutter einmal den Namen eines meiner »Verehrer« - wie sie das nannte - heraus, dann wurde statt Google das Telefonbuch und das kollektive Gedächtnis der Verwandtschaft bemüht.

Österreich war eine Insel der Seligen damals, es war die Zeit von Kreisky und Sinowatz, aber auch die Zeit in der Jörg Haider in der politischen Landschaft auftauchte. Im Geschichtsunterricht schafften wir es gerade bis zum Zweiten Weltkrieg. Wir hatten kaum politische Bildung. Irgendwann besuchten wir Mauthausen. Ich hab damals einen Schulkollegen, der geschmacklose Witze machte, geohrfeigt. Das hat mir eine Rüge der begleitenden Lehrerin eingetragen. Ein Jugendschwarm spielte Lieder und Texte gegen den Krieg und engagierte sich für Zivildienst. Das hat mir imponiert. Meine politische Bildung habe ich mir selbst erlesen.
Es war die Zeit des kalten Kriegs. Die USA wurden vom Erdnussfarmer Jimmy Carter und dann vom Schauspieler Ronald Reagan regiert. Der eiserne Vorhang und die Berliner Mauer schirmten vor einem bedrohlichen Osten ab. Ein Afroamerikaner als US-Präsident war genauso wenig vorstellbar, wie russische Millionärinnen als Kitzbühler Ehrenbürgerinnen.

In den Hitparaden waren in den Achtzigern Madonna, Michael Jackson und U2 - die kommen immer wieder. Sie sind nur - wie ich - etwas älter geworden. Denk ich zurück, höre ich allerdings immer noch den im vorigen Jahr verstorbenen Hansi Lang mit »Keine Angst«. Denn es war auch eine Zeit, in der unsichtbare Gefahren in unsere heile Welt eindrangen. Nach dem GAU - dem größten anzunehmenden Unfall - von Tschernobyl wussten wir, warum wir gegen Atomkraft waren. Und Aids warf lange Schatten auf die erwachende Sexualität. Lese ich in alten Tagebüchern, stelle ich fest, die »goldene Jugendzeit« war nicht immer golden. Sie war durchsetzt von Verwirrung, Wut und Angst. Da war das Gefühl der Machtlosigkeit gegenüber all dem, was die Erwachsenen mit dieser Welt, die einmal die unsere sein sollte, anstellten. Und so stellten wir einiges an, um uns zu wehren. In Zürich rebellierte die Jugend, in Wien wurde die Gassergasse besetzt, in vielen Großstädten Häuser, wir demonstrierten und streikten gegen Drittmittelfinanzierung auf der Uni. Wir wollten eine gerechtere, eine bessere Welt.

Respekt vor der Jugend
Die Jugend von heute will das auch. Und diese Welt ist vielleicht durch die modernen Kommunikationstechnologien näher zusammengerückt, aber leichter ist es deswegen nicht geworden. Wir müssen Verständnis haben für ihre Verwirrung, Wut und Angst. Und wir müssen Respekt haben vor den jungen Menschen, die bereit sind diese ihre Welt mitzugestalten, indem sie sich z.B. bei der Gewerkschaftsjugend engagieren, indem sie als JugendvertrauensrätInnen für andere eintreten, indem sie gegen Rechts auftreten, indem sie gegen soziale Ungerechtigkeit auf die Straße gehen, indem sie von ihrem Wahlrecht ab 16 Gebrauch machen. Vertrauen wir ihr, der Jugend von heute.

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