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Was mir zusteht Die GPA-djp hat zuletzt zahlreiche Aktionen gesetzt und das mit Erfolg. Mit und auch ohne öffentlichen Druck sind Dialogplattformen in großen Handelsbetrieben entstanden.
Beschäftigte im Einzelhandel - persönliche Merkmale nach Geschlecht (2005-2008) Zum Vergrößern aufs Bild klicken!

Was mir zusteht

Schwerpunkt

Fairness für die Beschäftigten im Handel bedeutet mehr Chancen und bessere Bezahlung für Frauen.

Der Handel ist mit knapp 520.000 Angestellten der größte Arbeitgeber Österreichs. Die Branche gliedert sich in Einzelhandel, Großhandel und Kfz-Handel. Der Einzelhandel ist mit rund 271.000 Angestellten, davon 74 Prozent weibliche Angestellte, der größte Teilbereich.

Eine aktuelle Studie von IFES und WIFO nimmt unter anderem die Strukturmerkmale der Branche und die Einkommenssituation der Beschäftigten unter die Lupe. Es bietet sich daher an, die Situation der Frauen im Einzelhandel näher zu analysieren. Hier ein paar Facts:

  • Bezogen auf das Jahr 1995 registrieren wir den höchsten Anstieg an Teilzeitbeschäftigten im Einzelhandel, bis zu 93 Prozent der Teilzeitbeschäftigten sind weiblich. In Arbeitsverhältnissen mit einer vertraglichen Arbeitszeit zwischen 12 und 34 Stunden pro Woche entfallen fast alle Beschäftigungsverhältnisse auf Frauen.
  • Die Zufriedenheit mit dem Einkommen im Einzelhandel hat erheblich abgenommen. Nur noch elf Prozent der Beschäftigten sind mit ihrem Einkommen sehr zufrieden. Fast 34 Prozent der Beschäftigten im Einzelhandel fürchten, dass ihre Pension später nicht reichen wird.
  • 53 Prozent der weiblichen Angestellten im Einzelhandel sind gezwungen, mit ihrem Einkommen auch auszukommen. Sie geben an, keine weiteren Einkommensquellen zu haben. 38 Prozent der Frauen geben an, dass sie auf finanzielle Kompensation durch den Partner angewiesen sind.
  • Der Einzelhandel bietet den Beschäftigten unterdurchschnittliche Perspektiven. 23 Prozent der Frauen wollen die Firma bzw. den Beruf wechseln. 63 Prozent der Frauen geben keine Antwort auf die Frage »Wie sehen Sie Ihre berufliche Zukunft, was streben Sie auf längere Sicht an?«

Mit der Einführung des Mehrarbeitszuschlages von 25 Prozent für Teilzeitbeschäftigte im Jänner 2008 wurde eine wichtige Forderung der Arbeiterkammer und der Gewerkschaften erfüllt. Der Zuschlag bietet eine Chance auf mehr Gehalt und ist daher im Handel speziell für Frauen ein einkommenspolitischer Meilenstein. Diese gesetzliche Regelung trägt dazu bei, dass Mehrarbeit nicht mehr so einfach verlangt wird. Für etwa ein Fünftel der Teilzeitbeschäftigten gab es dadurch eine Erhöhung der Stundenzahl. Doch viele Handelsbeschäftigte klagen über unkorrekte Abrechnungen. Nicht wenige Unternehmen versuchen, sich am Mehrarbeitszuschlag »vorbeizumogeln« und bringen damit vor allem Frauen um Geld, das ihnen zusteht. Ein Beispiel: Eine Handelsangestellte mit 20 Stunden in der Beschäftigungsgruppe II im zehnten Berufsjahr verdient rund 750 Euro brutto ohne Zuschläge für die Lage der Arbeitszeit. Leistet sie fünf Stunden Mehrarbeit in der Woche bedeutet das am Ende des Monats knapp 51 Euro mehr Gehalt, das sind fast sieben Prozent. Die GPA-djp hat kein Verständnis dafür, dass den Teilzeitkräften im Handel, diese Summe vorenthalten wird. Was Recht ist, muss auch für die ArbeitnehmerInnen im Handel Wirklichkeit werden.

Aufgrund der Erfahrungen aus der täglichen Beratung entspricht die Anrechnung von Vordienstzeiten und bei der Einstufung in den KV nicht immer dem Recht. Die Studie zeigt auf, dass Frauen im Einzelhandel eine vergleichsweise schlechte Einkommensentwicklung aufweisen. Als Ursache dafür wird der Berufsverlauf der Frauen genannt. Dieser ist charakterisiert von Teilzeit, Unterbrechungen, langen Erwerbspausen mit vielfachem Wiedereinstieg auf einem schlechten Niveau und unterdurchschnittlichen Betriebszugehörigkeitsdauern. Frauen fallen langfristig in ihrer Einkommensentwicklung zurück.

»Fair handeln, fair teilen!«
»Fair handeln, fair teilen!« ist Gebot der Stunde. Das bedeutet nicht nur, dass die Unternehmen, die bereits geltenden Gesetze und per KV geregelten Mindeststandards einzuhalten haben. Handelskonzerne, die sehr gut verdienen, müssen ihren Beschäftigten über die Mindestverpflichtung im KV hinaus fair am Unternehmenserfolg beteiligen. Die Studie zeigt auch, dass vor allem große Handelsketten ihren MitarbeiterInnen mehr bieten sollten. Denn die Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten zeichnen sich durch die geringste Beschäftigungsstabilität aller Branchen in Österreich aus.
Die Bildungsanstrengungen der Branche fokussieren sich auf die Lehrlingsausbildung und selbst da mit unterschiedlicher Qualität. Wenn es um Weiterbildung geht, konzentrieren sich die Betriebe auf Produktschulungen und nur selten auf die Entwicklung persönlicher Kompetenzen. Die Studie zeigt, dass Männer im Einzelhandel deutlich leichter Karriere machen als Frauen, Vollzeitbeschäftigte eher als solche in Teilzeit. Lernen gehört zum heutigen Berufsleben dazu, auch für die Beschäftigten im Einzelhandel. Der materielle Beitrag der Handelsbetriebe ist daher überfällig.

Lösungsansatz Dialog
Umgehung von gesetzlichen und kollektivvertraglichen Mindestnormen ist ein arbeits- und sozialrechtlicher Skandal und schädigt nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Gesellschaft. Wirtschaftliche Vorteile, die durch unlauteren Wettbewerb entstehen bringen den Wirtschaftsstandort Österreich nicht weiter.
Behörden, wie das Arbeitsinspektorat und Abgaben einhebende Stellen wie die Gebietskrankenkassen, können und müssen einen aktiven Beitrag zur Rechtsdurchsetzung leisten. Es ist aber auch eine gewerkschaftliche Verpflichtung, für die Rechtsdurchsetzung zu kämpfen.

Die GPA-djp hat zuletzt zahlreiche Aktionen gesetzt und das mit Erfolg. Mit und auch ohne öffentlichen Druck sind Dialogplattformen in großen Handelsbetrieben entstanden.
In einem Handelskonzern wurden Schulungen des mittleren Managements auf arbeitsrechtliche Problemstellungen durch die ExpertInnen der ArbeitnehmerInnenvertretung durchgeführt. Das hatte zur Folge, dass einige Probleme auf kurzem Weg geklärt werden konnten und jetzt in einer für ArbeitnehmerInnen besseren Qualität gelöst werden. In einem anderen großen Unternehmen wurde eine Arbeitszeitbetriebsvereinbarung mit qualitativen Verbesserungen bei Arbeitszeitaufzeichnungen abgeschlossen. Weitere Plattformen prüfen die Einstufung im KV, und haben vielen Handelsbeschäftigten zu korrekten Einstufungen verholfen. Überwiegend Frauen beziehen dadurch jetzt höhere Gehälter. Auch eine Stärkung der Interessenvertretung durch neue Mitglieder ist damit einhergegangen.
Die Ergebnisse der Studie von IFES und WIFO unterstreichen den Handlungsbedarf in der Branche. Die GPA-djp hat mit ihren Aktivitäten erste Erfolge verzeichnen können und wird den eingeschlagenen Weg konsequent weiter verfolgen. Handeln ist im Geschäft erlaubt, aber feilschen um Rechte und Mindeststandards ist schäbig und inakzeptabel.

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